Mit Sven Heuchert startet eine neue unregelmäßige Interviewreihe bei Vinyl-Keks: Musik trifft Literatur. Hier gibt es in Zukunft Interviews mit AutorInnen, die auch Musik machen, mit MusikerInnen, die auch Bücher schreiben, mit Menschen, für die Musik so wichtig ist, dass sie diese auch literarisch würdigen. Ob witzige Romane, romantische Poesie oder knallharte Thriller, ob Punkrock, Free Jazz oder Deathmetal – Grenzen gibt es keine.
Sven Heuchert fiel mir 2017 das Erste mal auf mit dem beim Ullstein Verlag erschienenen Buch “Dunkels Gesetz” ein ziemlich düsterer Roman, der das in Deutschland leider sehr schlecht besetzte Genre der Hardboiled-Krimis perfekt in Szene setzte. Auch sein letztes Jahr erschienener Roman “Alte Erde” konnte mich sehr überzeugen, weniger Krimi, aber trotzdem ein hartes, schonungsloses Stück Literatur.
Durch Zufall entdeckte ich, dass Sven auch ein guter Musiker ist, der bereits in Rockbands wie God’s Garage oder Stolex die Gitarre schwang. Ein Grund mehr, ihn auf ein Interview einzuladen, bei dem er sich als ein sehr sympathischer Gesprächspartner zeigte. Aber lest selbst.
Hallo Sven,
Schön, dass Du Dich direkt bereit erklärt hast bei diesem Interview mitzumachen. Ehrlich gesagt hätte ich nicht damit gerechnet, dass ein in den letzten Jahren vom Feuilleton hoch gelobter Autor so unkompliziert zu erreichen ist, ohne Zwischenstation von Verlag oder Agentur. Hatte ich Glück oder organisiert du den ganzen Kram abseits vom Schreiben selbst?
Ich freue mich immer sehr, unabhängige Projekte zu unterstützen, weil dort das meiste Herzblut fließt und es nicht um merkantile Aspekte geht, sondern um Leidenschaft. Von wegen vom Feuilleton hoch gelobt – vor ein paar Jahren wurde mein erster Roman „Dunkels Gesetz“ vielleicht mal kurz und bündig in der Zeit besprochen, als reiner Beitrag zum Genre, aber von einer Rezeption als Teil der Gegenwartsliteratur ist mein Schaffen doch noch weit entfernt. Ich beschwere mich aber gar nicht, der Literaturbetrieb ist eben vor allen Dingen eins – ein Betrieb, mit ganz eigener Agenda, internen Seilschaften, gatekeeping etc. Und auch wenn das vollkommen anders wäre (ich also einen Bestseller geschrieben hätte und in meinem Blockhaus irgendwo in Kanada sitze) sähe ich keinen Grund, einen Filter vor meine Kommunikation zu schalten. Augenhöhe ist wichtig, ich kenne es nicht anders. Wenn man sich zu sehr auf seine Blase verlässt, glaubt man nachher noch, was die Leute über einen sagen, verliert die Bodenhaftung und wird zum „Großautoren“. Du hattest also kein Glück, denn von diesem Status bin ich, glücklicherweise, weit entfernt. Ansonsten organisiere ich das meiste selbst, wenn was ansteht, also Lesungen und Gigs, und bei Interviews, Anfragen wegen Texten oder sonstigen Projekten schreiben mich die entsprechenden Leute einfach an, warum sollte es auch anders sein?
Neben deiner Tätigkeit als Autor machst du ja auch schon lange Musik. Wenn du an deine frühe Kindheit zurück denkst: Was war zuerst da? Die Literatur (Kinderbücher) oder Musik? Was hat dich zuerst geprägt und ab wann wurde der andere Teil auch bedeutsam?
Um ehrlich zu sein – ich weiß es nicht mehr. Für mich existierte beides schon immer, und noch nicht einmal getrennt oder nebeneinander, sondern eher als ein großes Ganzes, Gemeinsames, Ineinanderfließendes. Die Musik war vielleicht eher allgegenwärtig, Literatur eine persönliche Entscheidung, weil ich aus einem Haushalt komme, in dem nicht oder nur wenig gelesen wurde, jedenfalls nicht das, was man unter „Literatur“ versteht. Ohne Frage war aber die Musik ganz grundlegend für mein Weltverständnis, das wurde die Literatur erst wesentlich später. Ich habe mit neun Jahren angefangen, Gitarre zu lernen, klassisch auf einem Konservatorium, aber habe es dann nach ein paar Monaten drangeben (müssen), weil es so einfach keinen Sinn machte; ich wollte klingen wie Hendrix, die Lehrer dort wollten mir erstmal Volkslieder beibringen … aber so weit geht der Wunsch, ein Instrument erlernen zu wollen, um Musik machen zu können, schon zurück. Die Literatur kam erst später, oder präziser: die Idee, eigene Texte zu verfassen, sich diese zu eigen machen. Ich erinnere mich an ein Buch, „In den Wäldern am kalten Fluss“, im Grunde ein Survivalthriller für ein junges Zielpublikum, heute würde man vermutlich young adult sagen, dass mich schwer begeistert und auch sehr lange begleitet hat, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, selbst zu schreiben, das war einfach eine Möglichkeit, die mir unmöglich erschien (zu viele Hindernisse, Habitus, etc.) Bei der Gitarre war das anders, der Zugang war niederschwelliger. Bedeutsam wurde die Literatur in meiner Jugend, als ich die Lyrik entdeckt habe, weil ein gutes Gedicht in mir ein ähnliches Gefühl evoziert wie ein guter Song; ein Nachhallen, ein Innehalten, ein Bestaunen, ein Ergriffen sein, und das alles aus erstmal unerklärlichen Gründen, eine nahezu mythische Erfahrung.
An die vorherige Frage anschließend: Gib mir doch bitte einen kurzen Überblick über deine Musik-Sozialisation. Welche Musik war/ist dir wichtig, gibt es eine Szene mit der du dich verbunden fühlst?
Ich wurde in einen Stones-Haushalt geboren. Stones oder Beatles, eine wichtige Frage. Beatles-Menschen können in den meisten Fällen auch etwas mit Pink Floyd, Queen oder auch Prog anfangen, das sieht bei Stones-Menschen anders aus, auch wenn das nach Klischee klingt, es ist meine eigene Empirie! Ich wuchs also auf mit Musik der Stones (Schaffensphase nur bis Brian Jones Tod!), Kinks, Faces, Creedence Clearwater Revival, Steve Mariott, Frankie Miller, Free, und dann mit Soul, Sam Cooke, Wilson Pickett, Temptations, Four Tops. Mein erste eigenständige musikalische Liebe war klassischer Rock `n` Roll – Eddie Cochran, Gene Vincent, Johnny Burnette, Carl Perkins, später auch Neo-Rockabilly, Stray Cats, Restless. Später, in meinen Teenagerjahren, wenn man so will, härterer Rock, angefangen bei Guns `n Roses, die damals omnipräsent waren, The Cult, Black Crowes, Quireboys, bis zu den unbekannteren, teilweise auch obskuren Acts, Sea Hags, Dangerous Toys, Junkyard, Circle of Power – sehr laute Gitarren, löchrige Jeans, lange Haare, ein bißchen Lidschatten, you get the idea! Ich habe mich allerdings nie einer Szene zugehörig gefühlt, ich war, glaube ich, schon immer eher ein Einzelgänger, der abseits vom Trubel unterwegs war.
Du erwähntest gerade die Bedeutung der Lyrik für dein eigenes Schreiben. Das hätte ich deinen Romanen jetzt so nicht direkt angemerkt, ich sah deine Einflüsse eher bei amerikanischen Hard-boiled Romanen und Krimis im Stile eines Joe R. Lansdale oder eines Donald Ray Pollock. Liege ich da komplett falsch? Bitte beschreibe mir doch mal deine Lesesozialisation ähnlich ausführlich, wie du es eben bei der Musik getan hast.
Der erste Poet, dessen Schaffen mich wirklich begeistert hat, war Garcia Lorca, mich hat diese Sprache einfach angezogen. Danach kamen die üblichen Verdächtigen, Rimbaud, Baudelaire, Neruda, etc. Ich glaube, Lyrik war für mich naheliegend, weil Gedichte aus meiner damaligen Sicht wahrscheinlich am ehesten Songtexten geglichen haben, aber es ist schwer zu beschreiben, es ist nicht nur das rein Formale, sondern auch die Verdichtung auf den Moment, das eine, eingefangene Bild, wie es ein guter Song eben auch schafft, bestimmte Emotionen zu transportieren. Ein Mentor, der persönliche Beziehungen zu Musik und Literaturszenen in die Staaten hatte und hat, gab mir schließlich zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Impulse, und so bin ich schlussendlich auf die Amerikaner gestoßen: Beat-Generation natürlich, Herbert Huncke, Clellon Holmes, Kerouac, aber auch Gary Snyder, Walker Percy, Erskine Caldwell, Phillip Levine, die Black Mountain Poets, Jesse Bernstein, Bukowski unvermeidbar – von der ganz kurzen Form war es nur ein logischer Schritt zur Short story, der ich im Grunde immer noch verfallen bin und es bleiben werde. Ich muss zugeben, noch nie ein Buch von Lansdale gelesen zu haben, deswegen kann ich dazu nichts sagen, dafür mehrere von Pollock (Knockemstiff ist mein Favorit). Mein Haupteinfluss, wenn man das so nennen kann, sehe ich eher im Minimalismus der späten Siebziger, frühen Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, im Dirty realism, wie ihn Bill Buford begrifflich begründet hat: Autoren wie Robert Olmstead, Jayne Anne Phillips, Frederick Barthelme, Tobias Wolff, Mark Richard, Breece DJ Pancake, Raymond Carver und der frühe Richard Ford hier sicher die bekanntesten Namen, sowie die Generation danach, Beth Nugent, Thom Jones (ich werde hier gleich des namedroppings bezichtigt, und fast nur alte, weiße Männer, Höchststrafe!) – verknappte, verdichtete Texte meistens, mit einer scheinbar einfachen, präzisen Sprache, kein Geschwurbel, keine überbordende Metaphorik, keine gewollte Poesie, die Sujets realistisch, naturalistisch, das Personal echt und nahbar, keine alternden Literaturprofessoren, die ihre Studentinnen vernaschen.
Oh, das ist wirklich ausführlich, vielen Dank. Da ist viel zum Entdecken dabei.
Dieser angesprochene Minimalismus, diese klare Sprache, ist schon etwas, das man in deinen Romanen wiederfindet und was mich auch sehr begeistert hat. Du hast die Schauplätze in beiden Romanen in eine recht menschenarme Gegend platziert, die durch diese klare Sprache nochmal direkter wirkt. Würde diese Sprache auch in einer Stadt funktionieren, oder ist da einfach zu viel “los”?
Und wie wichtig ist das Setting für dich, wenn du die Geschichte schreibst?
Ich glaube nicht, dass die angesprochenen Gegenden wirklich menschenarm sind – vielleicht für deutsche Verhältnisse. Sie sind abgelegener, weiter draußen, nicht so sehr an die Infrastruktur angebunden wie in einer Metropolregion, nicht so schnell. Wichtiger ist viel mehr, welche Menschen dort leben, bewusst leben. Das ist ja auch eine Entscheidung, an einem Ort zu bleiben, nicht fortzugehen, man ist verwurzelt, trotz aller Widersprüche, die es dort vielleicht gibt. Minimalismus ist für mich erstmal eine bestimmte Technik des Erzählens; ich versuche, die Autoreninstanz so zu minimieren, dass die Charaktere die Führung der Narrative übernehmen. Kurz gesagt, weniger Autor, mehr Figurenentwicklung. Wenn eine Figur und ihr Handeln vom Autor eingehend beschrieben und bewertet werden muss, damit der Leser sie verstehen und nachvollziehen kann, sie nach Anleitung erfühlen kann und soll, dann kann die Figur meiner Meinung nach nicht viel taugen. Durch die Reduktion, die Verdichtung, auch die Auslassung, das Erzählen zwischen den Zeilen, erreicht ein Autor, wenn es ihm gut gelingt, dass der Text oszilliert, er bleibt also offen, ist nie eindeutig, und der Leser muss selbst investieren, muss etwas geben, solche Texte verlangen nach einer Transferleistung. Das erhöht die Intensität des Textes, die Identifikation des Lesers – jedenfalls nach meiner bescheidenen Meinung. Viele meiner Stories sind in Kleinstädten angesiedelt – ich komme selbst aus einer kleinen Stadt in der rheinischen Provinz (und lebe und arbeite immer noch hier) das ist also eine meiner Erfahrungswelten, und dieses Setting ist genau deshalb wichtig für mich, weil es ein Terrain ist, in dem ich mich auskenne. Ich kenne die Menschen, ich kenne ihre Stärken und Schwächen, die Rituale, ich erfahre Geschichten aus ihrem Leben, höre zu, versuche zu verstehen, ich bin einer von ihnen, teile also vieles, entdecke aber auch Widersprüche, Abgründe, Lügen, das Ungesagte und die Wahrheiten, die manchmal nur schwer zu ertragen sind. Und natürlich kenne ich auch die Gegend, die Natur, ihre Legenden und Mythen – ich gehe hier jagen, angeln, wandern, sammele Pilze, trinke Bier. Setting ist demnach für mich keine theoretische Ziffer, sondern entspringt meiner Biografie, meiner direkten Lebenswelt. Insofern sind meine Stories vielleicht wahrer als die Romane, weil die Romane an fiktiven Orten spielen, die sozusagen eher einer idealisierte Form, einem Amalgam entsprechen, einem imaginierten Tal im Rheinland. Dennoch gibt es diese Orte auch alle in der Realität, sie sind nur in meiner Vorstellung zu einem großen Ganzen verschmolzen, zu einem Konzentrat, wenn man so will, in dem ich nun meine Geschichten angesiedelt habe.
Kommen wir auf deine Musik zu sprechen. Deine Band Stolex hört sich so an, wie deine Musikhistorie vermuten lässt : 70er und 80er Hardrock, Rock n Roll mit modernem Sound. Auch die Texte scheinen eher die klassischen Rock-Themen zu behandeln. Bist du bei den Texten auch eingebunden gewesen?
Wie sieht es im Moment aus mit Musikmachen? Sind Stolex noch aktiv oder machst du mittlerweile was neues?
Stolex ist seit 2014 Geschichte. Für das zweite Album ni mas, ni menos waren wir in Verhandlung mit einem belgischen Label, was jedoch zu keinem Ergebnis mehr führte, da der Sänger wieder in sein Heimatland Peru zurückgekehrt ist, eine aus meiner Sicht absolut nachvollziehbare Sache, da es auch um seine persönliche Zukunft ging. Danach wurde klar, Stolex funktionierte nur so, mit diesem einen Sänger. Es hatte einfach keinen Sinn mehr. Klassische Rockthemen ist natürlich ein Euphemismus – sagen wir so, wir haben uns nicht immer bierernst genommen. Du kannst einfach nicht diese Art von Musik ohne Augenzwinkern spielen, also ich jedenfalls nicht. Ob ich bei den Texten eingebunden gewesen bin, weiß ich gar nicht mehr so genau, das ist meine Ausrede! Nein, vielleicht habe ich mal einen Titelvorschlag gemacht oder so, aber den Löwenanteil der Texte hat Sebastian „Baz“ Mahle verfasst. Aktuell bin ich Teil einer ganz neuen Combo, die sich „All the sea will tell“ nennt, und die sich teilweise aus alten Bekannten rekrutiert – Leo Kuhnen, mit dem ich schon bei God’s Garage gemeinsam aktiv war, und Lukas Fiebig, einem neuen Mitglied, ein begnadeter Musiker, der Piano und Bass spielt. Für Rockmusik bin ich mittlerweile zu alt und zu fett, und deswegen spielen wir jetzt Americana im weitesten Sinne – unplugged, akustische Gitarren, ohne Drums, eingängige, melancholische Songs, die Geschichten erzählen. Leo’s Englisch ist einfach so viel besser als meins, deswegen schreibt er die Texte, aber wir spielen uns die Bälle natürlich schon zu, wenn ich an einem Riff bastele und eine bestimmte Atmosphäre, ein Bild vor Augen habe oder mir eine Textzeile in den Sinn kommt. Wir haben im letzten Jahr Demos aufgenommen und werden im Laufe dieses Jahres unser erstes Album aufnehmen, und dann sehen wir, wo die Reise hingeht.
Vinyl-keks.eu ist ja eine Seite, die dem analogen Musikgenuss huldigt. Wie hörst du Musik, hast du ein Lieblingsmedium? Und wie sieht es beim Lesen aus, sind E-Books eine Alternative für dich, oder ziehst du ein gedrucktes Buch vor?
Ich bin mit Vinyl aufgewachsen. Vinyl ist natürlich die Königsdisziplin. Dahinter steht ja eine ganze Kultur – auch für Bands, das beginnt schon bei der Auswahl der Songs, wie sie auf das Album kommen, es soll ein großes, zusammenhängendes Ganzes ergeben: Opener, kleines Finale, Opener zweite Seite, Grande Finale. Spielt bei der CD alles keine Rolle, da wird sofort geskippt. Für Vinyl muss man sich Zeit nehmen, das muss man wollen – Platte auflegen, Pfeife an, guten Kaffee oder Tee, und dann richtig hinhören, alles in sich aufnehmen, Cover in der Hand, Texte und Liner Notes lesen. Mache ich leider viel zu selten. Bei Büchern favorisiere ich nach wie vor Papier. Neunzig Prozent der Bücher, die ich kaufe, sind nicht neu, sondern gebraucht, so hält sich mein schlechtes Gewissen in Grenzen. Außerdem mag ich die Überraschungen: Oft enthalten gebrauchte Bücher allerlei kuriose Widmungen, markierte Stellen, kurze, notierte Gedanken zu einem Absatz, das macht die Lektüre noch einmal intensiver, interessanter, lebendiger.
Das mit dem Vinyl hast du schön formuliert. Zum Abschluss verrate uns doch das Buch und die Platte, die dich im letzten Jahr total begeistert haben und warum.
Ich habe keine echten Favoriten, weil es immer mehrere Titel gibt, die mich aus verschiedenen Gründen angesprochen und berührt haben. Dort jetzt einen auszuwählen, wäre ungerecht und unfair. Zwei Titel, die herausstechen: Michael Martone – Alive and dead in Indiana. Seit geraumer Zeit sammele ich Werke, die von dem berüchtigten Lektor Gordon Lish betreut wurden, so auch dieser schmale Band, der bereits in den 1980ern im altbekannten New Yorker Verlag Knopf erschienen ist. Es handelt sich um mehrere Monologe von Personen, die allesamt mit dem Staat Indiana verknüpft sind, sei es Herkunft oder auf eine andere Art und Weise – es erzählt die Theaterlehrerin von James Dean, die ihm angeblich sein ganzes Können beigebracht hat, oder Colonel Sanders von einem bizarren Roadtrip mit einer jungen Ausreißerin … Wow! Nummer Zwei ist Tom Franklins „Wilderer“, sein Erstlingswerk, endlich in deutscher Sprache erschienen beim großartigen PULPMASTER-Verlag, den man für das Heben solcher Perlen nicht genug loben und unterstützen kann. Sinnlich gesättigte Stories, rau und verwegen, gritty, dabei messerscharfe Sprache; im Grunde Balladen über Sonderlinge, echte Charaktere, einsame Existenzen, Niederlagen, Jagd, nie gelebte Träume, das Weitermachen, der letzte Stolz – man sollte jedoch nicht den Fehler begehen, diese Stories als White trash freakshow zu lesen, damit wird man ihnen auf keinen Fall gerecht. Franklin ist zwar eine Stimme des amerikanischen Südens, und natürlich ist es eine lange Linie der Tradition, in die er sich einreiht – manchmal erinnert sein Sound an Larry Brown, Harry Crews, James Dickey – aber er bleibt immer bei sich selbst, entwickelt eine originäre Stimme, findet neue Variationen in bekannt scheinenden Motiven, ein großer Erzähler eben.
Musik: John Morelands LP5.
Moreland ist einfach immer großartig. Ein klassisch anmutender Singer/Songwriter aus Tulsa, dabei mit einer vollkommen eigenen Note, man spürt auch seine Punk-Vergangenheit, das hat alles eine eigenständige Attitüde, eine Einzigartigkeit. Unfassbar intensive Stimme, oft herzzerreißende, poetische Texte, melancholische, eingängige Songs. Bis jetzt funktionierte das vor allem stripped down, auf das Minimalste reduziert, doch Moreland scheut sich nicht vor Risiken – Matt Pence hat das neue Album produziert, und es ist natürlich immer noch Moreland, aber mit ein paar sonic twists, die für die Songs dezent und dienlich eingesetzt werden.
Vielen Dank für die ausführlichen Antworten.
Falls ihr neugierig auf Sven Heucherts Romane und/oder auf seine Musik geworden seid checkt ihn mal hier aus.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |