Für das heute Interview dürfte ich Florian Weber ein paar Fragen stellen. In erster Linie natürlich zu seinem neuen Buch “Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken”. Es ist sein dritter Roman, nach “You’ll never Walk Alone” (2006) und “Grimms Erben” (2012). Außerdem trommelt er ja bei den Sportfreunden Stiller und hat 2020 mit seinem HipHop-Soloprojekt MS Flinte das (leider nur digital erschienen) Album “Tiere kommen!” veröffentlicht. Um jetzt nur mal ein paar Stationen zu nennen. Alles in allem ziemlich umtriebig.
Das aktuelle Buch “Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken” durfte ich vorab lesen und die Review findet ihr hier. Ein bisweilen skurriler Roadtrip und eine Abschlussfahrt, die Lebensfragen (“Wer bin ich?2) aufwirft.
Die erste Frage, die mir beim Lesen in den Sinn kommt – “Wie kommt man nur auf so eine Story?” – ist wahrscheinlich nicht zu beantworten. Deswegen fangen wir anders an. Im ersten Teil des Buches, man lernt gerade die Charaktere besser kennen, schreibst du bzw. sagt die Figur Onkel Wendelin: “…Denken erlaubt, Handeln unbedingt erwünscht.” Wie viel Flo Weber steckt in dieser Aussage? Oder anders gesagt: Stehen wir uns selbst, vielleicht auch bei der Frage “Wer bin ich?” immer wieder durch zu viel Denken und zu wenig Experimentieren selbst im Weg?
Vorweg: Man kommt auf solche Storys, wenn man mit den Gedanken experimentiert und folglich aber auch diese niederschreibt. Ich will nicht für andere sprechen, kann aber von mir behaupten, dass ich ein reges Interesse verspüre, Dinge auszuprobieren, zum ersten Mal zu machen und zu forschen, ob dies mir Freude bereitet. Ich bin in meiner Geschichte Onkel Wendelin, mit seiner steten Neugier und seinem souveränen Tatendrang, sehr viel näher als dem vorsichtigen Neffen Heinrich. Ich bin oft in und von meinem Umfeld überrascht, wie wenig gute und kreative Ideen nicht umgesetzt werden, weil das mögliche Scheitern dies blockiert.
Ich denke ich spoiler nicht zu viel, wenn ich verrate, dass das Thema Tod im Buch stattfindet. Auch aufgrund meiner Biografie schätze ich Bücher, die sich mit dem Tod auf warme, menschliche und empathischer Weise beschäftigen. Jede*r von uns kommt mit dem Thema früher oder später in Berührung. Warum du das Thema ansprichst interessiert vielleicht unsere Leserschaft, aber mich interessiert viel mehr, wie du unseren gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema Tod empfindest.
Den Umgang mit Tod in unserer Gesellschaft finde ich ambivalent. Ist aber auch nicht schlimm. Mir persönlich wäre recht, würde man mich im Holzkasten liegend singend und jubelnd durch die Straßen tragen. Laut feiernd „Super, dass er da war!“ schreien, statt weinend „So schlimm, dass er ging.“ Aber als ich als junger Mensch einen schweren Verlust hinnehmen musste, war mir ehrlich gesagt auch nicht zum Feiern zumute. So erträgt nun mal jede Kultur ihr eigenes Todesritual.
Eine große Rolle in dem Buch spielen ein Klavier und das H-Moll. Dieser Tonart wird ja grundsäztlich eine Ernsthaftigkeit und Düsternis zugeschrieben. Begleitet dich diese Tonart auch persönlich?
Da bin ich mir sehr sicher. Es gilt aber, diese zu tragen und im besten Falle zu transponieren und ins Fröhliche zu verkehren. Klappt nicht immer, wäre auch naiv dies anzunehmen. Aber, siehe Frage Eins: Versuchen sollte man es unbedingt.
Was den oben schon genannten Onkel Wendelin ausmacht, ist ja sein Antiquariat und seine Sammelleidenschaft. Etwas was wir vom Vinyl-Keks nur allzu gut kennen, natürlich hinsichtlich Vinyl. Wie ist es bei dir? Bist du auch ein Sammler? Und vielleicht auch ein Vinylsammler? Oder wie konsumierst du Musik? Oder nutzt du da vornehmlich Streamingdienste?
Ich will mich stolzer Sammler von ???-Kassetten nennen. Bis Folge 100 habe ich alle Tonbänder. Dann kam die unsägliche „Die Drei“-Phase. Danach gings wieder gut weiter, allerdings habe ich da keinen Sammelwahn mehr aufbringen können. Hinzu gesellen sich einige Vintage-Drumsets. Echte Leckerbissen. Und meine erstes eigenes Musikmedium war eine Doppelschallplatte von The Who. Das find ich schon nicht schlecht. Leider habe ich den Bezug zu Vinyl verloren, besitze echt viele CDs, höre aber mittlerweile auch Musik online. Allerdings genieße ich tatsächlich zur Zeit mehr Hörbücher als Musik.
Letzte Frage, die nichts mit dem Buch zu tun hat. Wann gibts musikalisch was Neues zu hören? Ist da mit den Sportfreunden was in Arbeit?
Ende April kommt die neue Single, die ersten Konzerte im Mai, das Album im September. Und das wird’s definitiv auch auf Vinyl geben. Weil Vinyl hat noch mit liebevoller Kunst zu tun, hurra!!!! Endlich geht’s weiter, wurde aber auch Zeit!!!!
Vielen Dank Florian, dass du dir die Zeit genommen hast. Und viel Spaß auf der (Lese)tour.