Vergangenes Jahr die Überflutung in großen Teilen des Ahrtals, und nicht nur dort. Jetzt brennt es im viel zu trockenen Brandenburg und zwar noch vor Beginn des kalendarischen Sommeranfangs. Wir ahnen es, nein wissen es alle, dies ist auf die fortschreitenden Klimakrise zurückzuführen. Bei uns schon ordentlich zu spüren, scheuen wir den Blick in den Globalen Süden. Und dann hört mensch auf der einen Seite radikale Maximalforderungen gepaart mit Horrorszenarien und auf der anderen Seite Beschwichtigungen a la die Digitalisierung wird uns schon vor dem schlimmsten verschonen. Viele Menschen fühlen sich wahrscheinlich in keiner der beiden Erzählungen zu hause.
Auch Nick Mulvey beschäftigt sich mit der Klimakrise und den Auswirkungen und den Ängsten, der Hilflosigkeit die sie mit sich zieht. Auf „New Mythologie“ schafft er jedoch ein neues Narrativ. Weniger erdrückend, ohne zu beschönigen, mit dem Fokus auf dem Einklang und Zusammenspiel von sich Selbst mit der Natur, sich selbst und der Gesellschaft mit einer guten Prise Demut und Dankbarkeit ob der eigenen privilegierten Lebenssituation.
Das klingt jetzt, wo ich die Zeilen nochmals lese wahnsinnig hippieesk, oder noch mehr als würde gleich in die tiefsten Spähren Rudolf Steiners eingetaucht und noch der eigenen Name getanzt. So ist es aber garnicht. Viel mehr ist entweder mein Wortschatz und meine Beschreibungsfähigkeit beschränkt, oder wir werfen uns nur allzu gern in ironisierte Stereotypen, der Vereinfachung halber. Aber zurück zum Album. Die genannte Narrativ wirkt auch oder vor allem durch die leichten, reduzierten, wohlwollenden Melodien. Wo sich sonst Handlungsunfähigkeit und Lähmung breit macht hüllen die Melodien einen ein Zuversicht und verschaffen ein Gefühl der Selbstwirklsamkeit. Schon im Opener „A Player Of My Own“ schafft Nick Mulvey einen Song voller Ehrlichkeit, Offenheit und Gänsehaut. Zumindest für die Hörerschaft, die auch gewillt ist auf den Text zu achten. Zur Gitarre gesellt sich ein Beat der auch tauglich wäre für einen Sommerhit wie wir sie vor Jahren mal von Jack Johnson zu hören bekamen. Und dennoch konterkariert die Musik nicht die Thematik, sondern schafft einen neuen Blickwinkel, schafft so eben ein neues Narrativ.
Ihr merkt schon, das es wahrlich nicht leicht ist Nick Mulveys Album zu beschreiben. Zumindest nicht, wenn man nicht nur an der Oberfläche kratzt. Dann wäre es mit wenigen Sätzen schnell beschrieben: Musik, wie ein lauer Sommerabend auf Balkon, oder Terrasse, oder gar am Strand, Musik wie ein dazu passender Aperol Spritz. Alles drei zusammen lässt einen im Moment verweilen, ihn genießen und die Welt ein bisschen besser erscheinen. Und es ist schon etwas wahres an diesen Sätzen und dennoch ist diese Beschreibung natürlich völlig unzulänglich. „New Mythology“ schafft eine Vereinbarkeit und verlangt sie uns ab, wenn man es zulässt ins Hören zu kommen und sich nicht nur berieseln lässt. Dennoch ist dies hier kein politisches Album und auch kein Konzeptalbum.
Andere Lieder wie „Brother To You“, ein sehr persönlicher Song, widmen sich dem zwischenmenschlichen, Beziehungen. Sowieso ist das Miteinander auch immer wieder wichtiges Motiv. Verbundene werden beide Thematiken unter anderem in „The Gift“, aber auch „Another Way To Be“.
„New Mythology“ ist am 10.06. auf Virgin Music erschienen und ist das dritte Album des Briten, zwischenzeitlich hat er außerdem zahlreiche EP’s veröffentlicht. Die Platte ist ganz klassischen als schwarzes Vinyl erschienen und steckt in einer bedruckten Innenhülle auf der auch Texte wie Credits zu finden sind. Man hätte natürlich, vor dem Hintergrund der im Album thematisierten Album auf recyceltes Vinyl setzten können, ob das der Fall ist kann ich nicht sagen. Ich vermute jedoch, dass dem nicht so ist, weil häufig die Platten dann eine dunke-grün-schlammfarbende ist. Auch was Papier/ Pappe des Covers und der Innenhülle angeht ließ sich nicht recherchieren, ob hier der Fokus auf Nachhaltigkeit gelegt wurde. Kaufen könnt ihr das Album unter anderem hier.