Die neue Ausgabe der Provinzpostille ist gar nicht mehr so neu. Herbst ’21 steht vorne drauf, da war Macher Felix Frantic aber ein bisschen zu optimistisch gewesen, denn wie immer kommt das Leben dazwischen. Januar ’22 ist es letztendlich geworden, aber auch diese Besprechung war in meiner ganz persönlichen Agenda weitaus früher geplant gewesen. Aber so ist es halt meistens: Shit happens und dann auch gerne geballt am Stück und plötzlich ist schon April. Also deshalb jetzt nicht lang quatschen, sondern direkt in media res.
Das Besondere an der Provinzpostille ist wahrscheinlich der Tagebuchstil in dem sie verfasst ist. Das erinnert mich erstens stark an die Egozines der 1990er Jahre, die Zeit in der die Fanzine Kultur in mein Leben trat, und zweitens offenbart diese Herangehensweise die große Stärke der Postille. Diese ist nämlich die große Bandbreite von Themen und Gedanken, die manchmal zwar nur kurz angerissen, angedacht und wieder verworfen werden, manchmal aber tiefergehend behandelt werden. Felix’ Schreibe wirkt oft sehr intuitiv, die Gedanken müssen aufs Papier. Musik, Persönliches, Corona, Gesellschaft, Punkrocklifestyle. Felix hat zu vielem eine Meinung, aber nie hat man das Gefühl, dass er sich zu einer Thematik vielleicht besser nicht geäußert hätte. Er vertritt zwar seine Meinung, aber er scheint immer offen für Neues, für Kritik, er wirkt nie bestimmend oder herablassend. Das gefällt mir sehr gut und macht dieses Heft so sympathisch.
So intuitiv und spontan wie Felix schreibt, genauso blättere ich mich durch das Machwerk, das natürlich -“Alte D.I.Y. Schule” lässt grüßen- komplett in Eigenregie am heimischen Computer gebastelt wird.
Ich schaffe es gerade mal bis zur zweiten Seite, dort wird ein Interview mit den Machern vom “Und dann kam Punk“ Podcast angekündigt und -ZACK- schnell bis zu besagtem Interview am Ende des Heftes geblättert. Jobst und Christopher machen den im Moment wohl besten Podcast mit Punkkontext, da will ich natürlich mehr drüber lesen. Und ja, das Interview ist toll, ich freue mich. Wobei ich die beiden doch auch mal kritisieren will: Ich erfahre oft zu viel von den Gesprächspartner*innen, da bleiben ja manchmal kaum noch Fragen offen! Zwei mögliche Interviewpartner*innen für den Vinyl-Keks habe ich in letzter Zeit verschoben, weil ich dachte, ich weiß nicht mehr was ich noch fragen soll…. Ups, ist doch keine Kritik, eher ein großes Lob. Wer den Podcast noch nicht gehört hat, dann bitte jetzt auschecken.
Weiter geht’s in der Postille, eben doch noch was gelesen von einem Interview mit dem Plattenladenbesitzer Mo. Den Typ hab ich doch schon mal im Internetz gesehen, also schnell zurück geblättert und ja, auch dieses Interview ist super informativ. Mo hat nämlich nicht nur ‘nen Plattenladen in Karlsruhe, er veröffentlicht auch noch selbst Platten u.a. bei seinem Label Backbite Records. Auch bei diesem Interview wird deutlich: Interviews kann der Felix richtig gut führen, es ist als ob wir bei einem Gespräch unter Freunden dabei sind. Randgeschehnisse treten auch mal in den Vordergrund. Fragen werden nicht bloß abgelesen, das Gespräch findet in beide Richtungen statt. Ich habe schon in den vorherigen Ausgaben der Postille besonders die Interviews geschätzt und freue mich dementsprechend sehr über den große Interview Anteil dieser Nummer 8.
Davon gibt es nämlich noch ein richtig Langes und auch das gefällt, obwohl ich zu dem Label Entes Anomicos und seinem Macher Carlos bisher gar keinen Bezug hatte. Aber was man hier über den Punk und Hardcore in Peru und Lateinamerika erfährt, ist richtig interessant und öffnet Blickwinkel. Geil.
Neben diesen drei großen Interviews hat das Heft natürlich auch so Standard Zeug wie Platten und Hefte Reviews, da lese ich immer wieder mal rein.
Auch dieses Mal gibt es das Heft in einer Variante mit einem Tape, voll mit Bands, die Felix uns gerne mal hören lassen möchte. (Aaah, Tape Variante ist bereits ausverkauft!) Sind paar ganz gute Sachen dabei, nicht alles kickt, aber findet das selbst raus. Bandnamen könnt ihr den Fotos entnehmen.
Sehr schöne Ausgabe hat Herr Frantic da abgeliefert und deshalb jetzt aber zackich ne Ausgabe bestellt, denn wenn weg, dann weg.