Da habe ich nun also ein paar Tage gebraucht, um euch diesen Konzertreview noch zu texten. An dem Abend, nicht zu kalt, noch umarmt und draußen gestanden während des Umbaus. War wohl eines der letzten Konzerte für eine ganze Weile.
Wie kommt ihr klar, momentan nicht nur nicht weggehen zu dürfen, sondern auch überhaupt keine Live-Musik genießen zu können. Die
Dezibel, die einem entgegen donnern.
Apropos: der Sound im Juha ist immer laut aber auch immer gut. So auch an diesem Abend.
Die ersten: RYLOTH, aus Hamburg, brachten einen brachialen Mix aus Screamo und Deathmetal auf die Bretter. Ziemlich schnell, viele Breaks, Blast-Beats, dazu ein kreischender Gesang. Die Musik hat mich neugierig gemacht und ich nahm mir eins der letzten Tapes vom „archipelago“-Release mit.
Als zweite spielten KNIFE EYES aus Stuttgart auf. Die Band und ihre Songs scheinen bekannt zu sein, der erste Release kam auf Tape und Floppy Disk (ja, 8-bit) raus. Ist ausverkauft. Die vier Herren wohl auch aus anderen Bands der Stadt bekannt, hörte ich im Publikum flüstern. Mir fiel besonders ins Gehör, daß sie wirklich homogen miteinander gespielt haben. Die Strukturen dem Screamo entrissen und Post-Punk draus gemacht, oder so ähnlich. Ein Hauch Punk und Wahnsinn. Leider fand ich den Bass brutal verzerrt, was mir so gar nicht ins Konzept passen wollte. Viel Spaß hat mir gemacht nach dem Konzert nochmal bei Bandcamp reinzuhören.
Dann kamen rauchen. Ich muss ne kurze Schleife drehen: Gerade jetzt habe ich mir mal die Platte aufgelegt, damit ich die Texte verstehen kann. Die Platte heißt ‚Gartenzwerge unter die Erde‘ und es sind zehn sehr kurze Lieder drauf. Was mir sofort wieder auffällt und auch schon auf dem Konzert aufgefallen ist ist, daß die Band weit entfernt von Punk ist. Sie haben viel Screamo, viel träschige Gitarren, zersägende Riffs, Blast-Beats, Songstrukturen zerstörend und mit der Frau am Gesang einen ganz ordentlichen Kreisch-Faktor.
Ich muss ganz ehrlich sagen das mich sehr beeindruckt hat, dass die Band innerhalb von 20 Minuten 20 Songs reinknallt, einen Höllenlärm dabei veranstaltet und dann ohne Zugabe von der Bühne verschwindet. Der Sound im Juha West war auch hier wie immer ziemlich gut. Man konnte alles hören, leider bei dem kreischendem Gesang nichts verstehen. Die Ansagen dazwischen wesentlich klarer. Sie sammelten beispielsweise für ein Hamburger Frauenhaus.
Im Nachhinein, wo nun die Platte läuft, finde ich die Musik um einiges besser als am Abend. Noch dazu kommt das wenn man nur die Musik hört, die Leute ja nicht sieht. Und da ist bei mir, wie man im schwäbischen sagt dieses Gschmäckle, was nach dem Konzert geblieben ist. Denn gesehen habe ich fünf Menschen auf der Bühne, die echt n seltsamen Look: Karottenhosen, Oberlippenbärte, Turnschuhe von Scheiß kapitalistischen Sport-Unternehmen und seltsame Frisuren. Keine Ahnung, was sie ir damit sagen wollen. Was mir total gefehlt hat war Für diese Art Musik das wütende Gefühl, das Expressive, das Alles Zerstörende.
Eventuell hätte ich aber auch an diesem Mittwochabend dekonstruierender sein können. Mehr Bierdusche. Mehr rauchen 😉
Vielleicht versteht man es aber auch, wenn man das Video zu „Jobcentermassnahme“ anschaut. Ein Problem auf nur sechs Worte herunter gebrochen: „Hirn aus, Helm drauf, Knüppel raus.“
Du regst dich über Turnschuhe von großen Unternehmen auf und machst gleichzeitig Werbung für das größte Versandhaus für Grauzonebands? Nice bruder!