Rocket Freudental haben also nach vielen Jahren (9 um genau zu sein) ein neues Album raus gebracht – via Treibender Teppich Records munkelt man. Mal sehen was sich in der langen Zeit so getan oder verändert hat oder was eben auch gleich geblieben ist.
Beim ersten Ton, fällt mir direkt auf, dass das ganze was Rocket Freudental hier auf Platte gedrückt hat deutlich „besser“ bzw. professioneller klingt was die Produktion angeht. Also zumindest als das letzte Album, das ich bewusst gehört habe – „Wir leben wie Gespenster“. Dazwischen kam ja noch „Die Meisten Irren“, das habe ich allerdings verpasst und bisher auch nicht nachgeholt.
Gewohnt schräg oder gekonnt seltsam startet das vierte Album seine Runden auf dem Plattenteller. Innerhalb der Songs findet sich musikalisch (auch wie eigentlich gewohnt) nicht wahnsinnig viel Abwechslung, diese findet man dafür aber über die Gesamtspieldauer der Platte wieder. Hier wird Punk zu Elektro, Bluegrass und Blues zu Garage-Rock und „fast schon Trap“ zu Post-Punk. Insgesamt sehr abwechslungsreich. Aber das Sie was Besonderes sind, haben Sie ja gewusst und haben ja auch Mut zur Hässlichkeit und sind trotzdem wunderschön – um mal einige Textfetzen aus dem eigentlichen und in einen neuen für mich passenden Zusammenhang zu bringen.
Von stimmlichem Pathos zu dahin gerotzter Punkattitüde, eigehüllt in Elektronische Klänge decken die zwei Stuttgarter mit „Erdenmenschen weggetreten“ eigentlich alles ab. Und auch inhaltlich geht es bei Rocket Freudental weiterhin von Sozialkritik im Kleinbürgertum (Kehrwoche, weisch?) bis zu Themen die die Welt bewegen und von sarkastischem Flappsigmus hin zu intellektuellem Poetismus (Ja, ich erfinde hier worte. Glaube ich). Alles kommt in den Musiksack, feste drauf gekloppt, wie auf die Bullenwanne in der Stuttgarter Innenstadt. Eins ist sicher: Irgendwas „richtiges“ trifft man immer. Es geht jedenfalls viel um Menschen. Ist ja auch sinnvoll, diese sind es ja die sich das Produkt anhören und entscheiden ob sie es gut oder weniger gut finden. Manche denken dann sogar darüber nach warum sie es gut oder eben nicht gut finden und dabei könnte ja möglicherweise sogar was passieren.
Da ich selbst in Stuttgart lebe, bin ich auch der Meinung, dass man, wenn man solche Texte singt auch immer etwas selbst ironisches dabei haben muss, denn immerhin scheint man sich ja die Miete hier leisten zu können und kann daher maximal ein Mittelklassepunk sein. Mittelklasse sind Rocket Freudental aber sicher nicht, zumindest nicht, was die Musik angeht. „Erdenmensch weggetreten“ von Rocket Freudental machen eine Musik zum nebenher hören. Da muss man sich schon Zeit nehmen – und zuhören. Das sind schon zwei Dinge die viele Menschen deutlich öfter tun sollten.
Ist das Musik? Oder ist das Kunst? Oder ist das, wie wir hier sagen „von Ellem Äbbes“? Jedenfalls ist es irgendwie Kultur, intellektuell herausfordernd und ab und an auch ordentlich groovig. Auch die Aufmachung der Platte selbst ist künstlerisch wertvoll, Inlay mit texten und kleinen Zeichnungen oder aber kleine Montagen aus Tierkörpern mit den Köpfen „großer“ Menschen drauf. Alles schön in sandigen Farbtönen gehalten. Für Menschen, die auf Abwechslung und interessante Texte stehen – und die, die sich gerne mal Zeit nehmen ist das auf alle Fälle ein kleines kleine Großstadt Kleinod. Mehr möchte ich auch gar nicht verraten – selber hören, selber denken, selber entscheiden.
Kaufen kann man die Platte übrigens z.B. HIER (Vorsicht, nicht auf digitales Album klicken, das könnte unangenehm werden.)
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