Okay: Wenn in sagen wir mal 20 Jahren jemand auf die Idee käme, nachvollziehen zu wollen, wie das so war mit Punk und den aktuellen gesellschaftlichen Debatten im Corona-Zeitalter, dann bleibt zu hoffen, dass er diese EP kennt. In den beiden neuen Songs “Alphatier” und “German Hengst” (feiner Titel, Folks!) benennen Señor Karōshi nämlich die ganze Scheiße von misogynem Feminismus-und-Gender-Hass bis zur Globuli-getränkten neubraunen Volkstümelei. Und das zum Glück nicht platt im alten Wir-gegen-die-Duktus, sondern mit feiner Ironie und beißendem Sarkasmus.
Die Geschichte hinter der Platte ist dabei eine traurige: Hier gibt es die letzten Aufnahmen mit Karōshi-Drummer Jan zu hören, der schon schwer krank den Wunsch hatte, noch einmal Songs mit seiner Band aufzunehmen. Leider verstarb er kurz nach den Sessions. Sein Gesundheitszustand war es auch, der die Band dazu brachte, am Sound zu schrauben und Bass und Schlagzeug weitgehend gegen elektronische Gerätschaften auszutauschen. Bei der Gelegenheit wurden dann gleich auch noch die vom 2019er-Album “…oder deswegen” bekannten Songs “Stein Schere Schießgewehr” und “Wasted on the young” neu verhackstückt. Sie finden sich auf der B-Seite dieser auch visuell auf ganzer Linie überzeugenden Single.
Señor Karōshi gehen 2021 also den Egotronic-Weg, nur rückwärts. Der Sound-Makeover steht den Señors auf jeden Fall gut zu Gesicht. Gerne mehr davon. Und Zeilen wie “Klar kannst du sagen was du willst. Keine Frage. Aber dann musst du dir auch anhören können, dass du Kacke laberst” würden sich in einer schöneren Welt ganz viele Menschen auf den Rücken tätowieren.
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