In Zeiten des Krieges in der Ukraine wird es schwer neutral eine russische Band zu besprechen. Zudem ist eine tiefe Recherche bezüglich deren politischer Aussage nicht journalistisch abgesichert. Doch beim Blick auf die Facebook-Seite von Siberian Meat Grinder wird klar, dass diese Band gegen den Krieg ist. In einem Land wie Russland eine solche klare Stellung zu beziehen, verdient Respekt.
Siberian Meat Grinder kommen aus Moskau und spielen ein Crossover mit vielen Freiheitsgeraden und unbändigem Spaß am Ausprobieren der Genres. So gesehen ist der Ansatz eigentlich über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Der Tellerrand besteht aus guter Laune, guter Laune und guter Laune sowie diversen Metalspielarten. Ein Plattenkritiker hat sogar Ska rausgehört!!!
Der Party-Mix scheint zu funktionieren, denn Siberian Meat Grinder haben eine große Resonanz in Europa – wovon Bärenfratzen-Graffities erzählen – und eine steigende Fangemeinde. So kommen bereits eine Menge Menschen dem Aufruf “Join the Bear Cult” nach. Was das soll? Keine Ahnung, aber ‘Bären-Tsar’ prangt nicht nur auf dem Cover des aktuellen Longplayers, er ist für die Russen genauso Maskottchen wie Eddie für Iron Maiden. Einer meiner Lieblingsautoren H.P. Lovecraft beschreibt glaube ich in einem Roman oder Novelle einen Bärenkult. Wer weiß, vielleicht war das der Anlass. Der Bär trägt Fledermausflügel und eine Kapuze, während seine rechte Pfote eine Flamme hält, und die linke ein paar … nun ja, Planeten (echt jetzt?!).
Aber treiben wir die Nadel mal in die Rille …”Into the Grinder”, der Opener kommt zu Gehör mit geshreddeten Hochgeschwindigkeits-Soli . Wirklich Geil und voll auf die Zwölf. “Not Today” ist ein einwandfreier Powermetal-Track mit – in der Tat – leichten Anklängen an Ska. Ich glaube es ja nicht! Metal und Ska und es funktioniert. Allein für das Erlebnis, lohnt es der Platte zu lauschen. “One more step” wird mit russischen Shouts versehen, was das Ganze noch ein wenig exotischer und interessanter für unsere Ohren macht.
In Summe kredenzen Siberian Meat Grinder elf Songs auf ziemlich genau 40:00 Minuten Spiellänge. Das meiste davon in halsbrecherischer Geschwindigkeit, aber es gibt auch aurale Oasen wie das akustische “Flame in the Heart”, was nach Kelly-Family am Lagerfeuer nach drei Tagen Wodka-Druckbetankung anhört.
Aber Siberian Meat Grinder haben auch Humor. In „Metal Bear Stomp“ gibt es eine Portion davon zu hören. Mit „Hammer Of The Tsar“ werden ihre russischen Vorfahren durch den Kakao gezogen. „Arise“ oder „One United Family“ sind auf ihre ganz eigene komische, völlig überzogene Art Wohlgesänge auf den selbst erschaffenen Kult. Ohne, dass man es merkt, wird man so in die Bären-Welt der Band gezogen und man ergibt sich aufgrund von Geschwindigkeit und Druck fast widerstandslos.
Die Songtexte kann man nachlesen – sie machen wirklich Spaß. Dazu kommt, dass Siberian Meat Grinder ihre Instrumente beherrschen und damit auf vollen Körperkontakt gehen – geshredderte Gitarrensolei, wuchtige Off-Beats und der verrückte Sänger, der seine Lyrik ins Mikro mit maximaler Verachtung rotzt.
Im Grunde ist “Join the Bear Cult” ein Party-Album einer Band, die Spaß am Überschreiten von Grenzen hat und das mit High Speed tut. Wer wahnsinnig genug ist, sich zwischen H.P. Lovecraft und der das stetige Tempo von handgemessenen 210 bpm mitzugehen, sollte sich das Album besorgen. Das Album “Join the Bear Cult” kauft ihr am besten hier. Am Ende muss ich zugeben, dass mich Siberian Meat Grinder mit ihrem Bären-Kult ein wenig erwischt haben.