Die Band Sounds of New Soma hat in diesem Jahr ein wunderschönes Album „Trip“ abgeliefert. Es wurde im Rahmen des Vinyl-Keks besprochen und unser Redakteur Thomas (aka Lagartija Nick) hatte die Chance, nach dem Review noch ein Interview mit dem Duo: Dirk Raupach (u.a. Besitzer des Labels Tonzonen Records) und Alexander Djelassi zu führen und auch mal hinter die Kulissen zu schauen. Mal sehen, ob bei den Sounds of New Soma alles so geheimnisvoll ist, wie es auf dem Album klingt?
Wie habt ihr euch als Band / Projekt kennengelernt?
Dirk: Wir kennen uns schon aus der Schulzeit und haben eine gemeinsame musikalische Sozialisation. Das Projekt Sounds of New Soma entstand 2012 aus der Lust heraus, gemeinsam Musik zu kreieren.
Das eine ist der Wunsch, das andere die handwerkliche Umsetzung? Habt ihr beiden Instrumenten-Unterricht gehabt oder einfach mal losgelegt?
Dirk: Nein. Alex ist schon seit seiner Jugend als Gitarrist aktiv. Alles andere ist rein autodidaktisch erlernt worden.
Wow, da ziehe ich den Hut vor. Wenn man sich so lange kennt und zusammen arbeitet, ist das im Grunde wie in einer Beziehung. Wie funktioniert SonS als Duo? Gibt es klar geregelte Aufgaben oder ist es bei euch eher situativ?
Alex: In der Regel ist es so, dass ich die musikalischen Ideen sammle und Basis-Tracks vorbereite, die wir dann gemeinsam ausarbeiten und verfeinern. Es kommt auch vor, dass wir zusammen quasi live im Studio neue Stücke einspielen, mit denen ich dann weiter arbeite. Für das visuelle Element ist hauptamtlich Dirk verantwortlich.
Dirk: Ja, genau. Es hat sich mit den Jahren herauskristallisiert, dass Alex quasi der musikalische Kopf von SonS ist und ich die subtile Ergänzung. Es ist so, wie Alex sagt. Er erarbeitet viele Sachen im Vorfeld in unserem Studio und wir bearbeiten die Tracks dann gemeinsam bis zum Finale. Die Labelarbeit mit Tonzonen Records ist sehr zeitintensiv, da ist es nicht immer möglich gemeinsam im Studio anwesend zu sein.
Wie soll ich mir das vorstellen? Arbeitet ihr getrennt, zeitversetzt? Geht euch da nicht das Gefühl des gemeinsamen kreativen Vorgangs verloren oder macht euch das im Gegenteil sogar flexibler?
Dirk: Wenn es unsere Zeit zulässt, treffen wir uns im Studio. Die Tracks, die Alex vorgearbeitet hat, schickt er mit für gewöhnlich zum Gegenhören vorab zu. Aber es entstehen auch Tracks spontan im Studio, so wie zum Beispiel ein Großteil von „Trip“.
Habt ihr noch Side-Kicks neben SonS?
Alex: Eine kleine, feine Coverband mit sehr guten Freunden namens „Remington Steal“, sowie ab und zu Sessions mit unserem Haus und Hof Saxophonisten Andreas Lessenich.
Dirk: Die Labelarbeit mit Tonzonen Records und mein Halbtagsjob in der Gesundheits- und Krankenpflege, lässt das nicht zu. Hätte ich auch ehrlich gesagt gar kein Interesse dran. SonS füllt mein musikalisches Dasein völlig aus.
Die Frage liegt mir wirklich am Herzen, woher stammt der wunderschöne Name der Band SonS?
Alex: Das ursprünglich aus dem Hinduismus stammende „Soma“ galt als „Rauschtrank der Götter“. In Huxleys Dystopie „Brave New World“ wurde es Volksdroge eingesetzt, um größere Gefühlsschwankungen zu vermeiden und die Menschen in einem unkritischen, zufriedenen und ruhigen Zustand zu halten.
Dirk: …und wir produzieren den Sound dazu.
Das ist ja eine tolle Erläuterung. Hat der Name und seine Bedeutung irgendwelche Auswirkungen auf eure musikalischen Ambitionen? Was ist die Idee von SonS?
Alex: Die „Sounds Of New Soma“ stehen für mich in erster Linie dafür, dass wir versuchen, einen Klangkosmos zu kreieren, den man je nach Stimmung immer wieder unterschiedlich wahrnehmen kann.
Das Szenario kann unentspannt und kritisch sein, oder ein entspannter Trip, der nicht zwangsläufig durch Substanzen verstärkt werden muss, um im Kopfkino eine Reise durch Raum und Zeit zu starten.
Ich glaube, das trifft es ganz gut und ich kann das, was du beschreibst, bestätigen. Welche Musik, welche Aussage ist euch wichtig?
Alex: Da es bei unserer Musik hauptsächlich um Stimmungen und Schwingungen geht, die uns gerade umgeben oder beschäftigen, ist es schwierig, eine bestimmte Aussage festzulegen. Es geht eher darum, was durch die eigene Wahrnehmung im Kopf des Hörers daraus wird.
Für uns kann ein Stück also eine völlig andere Aussage haben, als für den „Konsumenten“. Eine Vorgabe für Interpretationen sollte es da meiner Ansicht nach nicht geben. Manchmal verstecken wir im Sound oder im Titel eine Andeutung oder einen Hinweis, aber das fertige Bild entsteht erst bei demjenigen, der sich mit der Musik auseinandersetzt.
Das ist dann wohl auch die Aussage, die mir wichtig ist – frei zu sein, in der Gestaltung, der Wahrnehmung und der Interpretation.
Ich denke, das habe ich beim Hören von “Trip” erlebt. Ich habe mich wirklich in das Album hinein gearbeitet und oft gehört. Mir ging es genauso wie beschrieben, die Musik hat durchaus unterschiedliche Bilder im Kopf assoziiert und Gefühle erzeugt. Dann schließt sich für mich die Frage an, warum macht SonS diese Art von Musik?
Alex: Bei der Gründung von SonS war völlig offen, welche musikalische Richtung entstehen soll – und so ist es auch bis heute geblieben. Dirk wollte mit Tonzonen den nächsten Schritt wagen und aus dem damaligen WebShop ein richtiges Label machen. Er kam mit der Idee, dass die erste Veröffentlichung „etwas eigenes“ sein soll, zu mir. Der Sound von „Beyond The Acid Dream“ ergab sich dann völlig natürlich bei den ersten Sessions.
Dirk: Wir machen das, was uns Spaß macht. Der Sound hat sich so entwickelt. Wir können uns darin frei entfalten und kreativ sein.
Gefällt mir, wie ihr Musik lebt und umsetzt. Was hat euch früher musikalisch beeinflusst? Was beeinflusst euch heute?
Alex: Die Liebe zur Musik und sich damit zu beschäftigen gab es bei mir schon recht früh. Da ging es quer durch alle möglichen Genres, bei der in jungen Jahren ja meist die Epigonen gefeiert wurden, immer auch verbunden mit der Entdeckung der wirklich stilbildenden Künstler.
Einen bleibenden und sicher auch prägenden Eindruck hat die Entdeckung der Werke von Pionieren wie Frank Zappa, Steve Reich oder auch Miles Davis und John Coltrane hinterlassen.
Dirk: Ich bin von der Jugend bis heute durch viele musikalische Genres gewandert. Was definitiv hängen geblieben ist, ist der Krautrock. Den Sound habe ich früher schon gehört, und höre ich unverändert heute noch. Krautrock in all seinen Facetten, von elektronischen, experimentellen Sounds über puren Rock jener Zeit bis hin zu krautigen Jazz Rock. Mittlerweile kann ich auch eine spannende Krautrock-Sammlung an LPs mein eigen nennen. Aber es haben mich genauso Bands wie Spacemen 3, Motorpsycho, Kyuss oder diverse Metalbands nachhaltig beeinflusst.
Da seid ihr ja breit aufgestellt, was das Spektrum der Genres angeht. Diese unterschiedlichen Einflüsse finde ich ich, hört man dem Album “Trip” an an vielen Stellen an. Ich würde sogar sagen, dass es dem ganzen Konzept die entsprechende Würze und Spannung. Trotzdem mal die spekulaltive Frage: was würdet ihr heute anders an eurer Karriere machen oder seid ihr zufrieden? Könnt ihr von der Musik leben?
Alex: Ich für meinen Teil würde da nichts anders machen. Die maximale Freiheit in dem was wir machen ist es, was für mich das Ganze besonders macht. Wenn es bei den Leuten auch noch ankommt, und sich damit auseinandergesetzt wird, finde ich das umso schöner.
Und nein, leben können wir davon leider nicht.
Dirk: Wir müssen noch unsere „Wolkenreise“ schreiben. Ja nee…alles super wie es bislang gelaufen ist. Man darf nicht vergessen, SONS ist eine Underground Band, da verdient man kein Geld mit. Das was rein kommt, fliesst in neue Produktionen.
Dann muss man umso mehr bewundern, das ihr die Sache mit so viel Herzblut angeht. Vielleicht kann das Interview ein klein wenig helfen, SonS und die Musik ein wenig bekannter zu machen. Wie seht ihr die Szene für eure Musik? Hättet ihr gerne mehr Aufmerksamkeit?
Dirk: Schwer zu beurteilen. Als reines Bandprojekt bekommen wir eine gute Resonanz von den Medien und auch von den Fans. Generell muss man sehen, dass der Markt ziemlich gesättigt ist und das auch im Underground Bereich. Es gibt viele spannende Bands und jeder möchte ein Stück Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit. Ich denke, wir sind sehr zufrieden.
Mir gefällt wie bodenständig ihr geblieben seid und wie real und pragmatisch ihr die Band beurteilt. Mal etwas ganz anderes. Wie war es bei den Arbeiten zum Album “Trip”? Erst die Musikidee oder erst der Name als Konzept?
Dirk: Weiß ich gar nicht mehr genau. Das hatte sich so entwickelt. Doch…ich denke, erst die Idee. Ich wollte nämlich einen extra langen Track verwirklichen. So hatte es sich ergeben, ass wir uns einen Tag im Studio gegönnt und dass Grundkonzept eingespielt haben.
Was unterscheidet “Trip” von den bisherigen Alben? Was war die Idee zum Album? Hat “Trip” eine Message?
Alex: Die Grundidee für den Sound war das Gefühl, dass erzeugt werden soll.
Eine stimmige Atmosphäre, entspannt aber nicht langweilig. Immer wieder eine Art Spannung aufbauen und wieder lösen, unterstützt durch Highlights, wie z.B. das scheinbar aus dem Zusammenhang gerissene Saxophon. Im besten Fall so, dass der fertige „Trip“ gleich wieder von vorne starten kann, aber auch jeweils als eigenständige Seite eines Vinyls funktioniert.
Genauso habe ich das Album erlebt. Und ja, das Gefühl ist die Message. Wie geht man handwerklich bei der Umsetzung eines solchen dichten Albums vor?
Alex: Zunächst habe ich einige Field Recordings gemacht und Synthie-Sounds für die Basis des Stückes gesucht. Gemeinsam haben wir die Grundflächen erstellt und dann phasenweise übereinander geschichtet.
Dirk: Diverse Ideen kommen uns für gewöhnlich mit der Zeit des Bearbeiten. Da kommt dann schon mal einiges Skurriles bei raus.
Das hört sich so einfach an, aber ich denke es ist nicht so einfach wie ihr es gerade beschreibt. Das eine ist die akustische Seite eines Albums, die anderen Seiten sind die Haptik und das Visuelle. Gerade beim dem Visuellen seid ihr mir positive aufgefallen. Wie wichtig ist euch das Visuelle, Albumcover-Gestaltung neben der Musik?
Alex: Das Visuelle spielt eine ebenso wichtige Rolle, wie die Musik. Nur wenn beides zusammen passt, geht das Gesamtkonzept auch wirklich auf.
Dirk: Ja, absolut. Da achten wir drauf. So ein Album ist ja stets ein Gesamtkunstwerk. Das sehe ich generell auch für Tonzonen Records so. Der Käufer soll nicht nur musikalisch überzeugt werden, sondern auch vom Artwork und von der gesamten Haptik des Produkts überzeugt sein.
Es freut mich, das ihr das so seht wie ich. Ich empfinde so ein Album tatsächlich als Gesamtkonzept mit Aussage. Viele Künstler machen sich da keine Gedanken und verlieren dadurch beim Gesamterlebnis. Gegen so ein Erlebnis kann keine CD oder ein Download der Welt, Ähnliches dem Hörer vermitteln. Zum Label Tonzonen Records. Nach welchem Konzept werden neue Bands und Künstler für das fantastische Label ausgewählt?
Dirk: Das ist relativ einfach. Das was mir persönlich gefällt, wo ich sagen kann, ich bin Fan von der Band, dass veröffentliche ich auch gerne auf dem Label. Es bewerben sich jede Woche einige Bands beim Label und ich achte darauf, auch jeder Band zu antworten.
Wir sind im Moment ziemlich ausgebucht und können derzeit leider keinen neuen Bands annehmen, aber wenn die Bewerbung eine ganze Zeit im Vorfeld einer möglichen Album-Veröffentlichung liegt, gibt es immer eine Chance.
Toll wenn man so frei in seinen Entscheidungen sein darf. Wie schwer ist es so ein Label am Leben zu halten?
Dirk: Naja….das ist durchaus ein Thema, welches ein paar Seiten füllen mag. Ich glaube, da ins Detail zu gehen, sprengt den Rahmen. Aber eines ist sicher, wenn man erfolgreich sein möchte als Independent Label, mit der Absicht auch zu wachsen bei gleichbleibend hoher Qualität, und nicht nur klein für einen speziellen Kreis bleiben möchte, dann lautet die knappe Antwort ganz klar: Schwer.
“Schwer” ist ein gutes Stichwort. Die aktuelle Lage ist gerade wirklich schwer. Wie schätzt ihr die politische Lage im Land ein und wie fühlt ihr euch da als Künstler in der Pandemie?
Dirk: Deutschland ist ein Bürokratiemonster. Das erlebe ich mit der Labelarbeit tagtäglich. Die Pandemie hat viele Kulturschaffende ausgebremst und leider geht da auch ein Riss durch die Kulturlandschaft. Clubs können nicht arbeiten, Bands keine Konzerte geben und so weiter. Das ist schon sehr dramatisch. Wir sind in der guten Lage, dass wir nicht von unserer Musik Leben müssen. Wir haben beide Jobs. Aber es gibt genug Kulturschaffende, die seit Monaten nichts verdienen. Es wird Zeit, dass wir hoffentlich bald einigermaßen zur Normalität zurückkehren können. Ich persönlich rechne fest damit im kommenden Jahr.
Was macht ihr, wenn ihr mal keine Musik macht?
Dirk: Musik hören.
Das hört sich nach dem perfekten Leben an. Wie weit schaut ihr aktuell nach vorne? Was habt ihr für neue Ideen?
Alex: Das nächste Album ist bereits in der Vorproduktion. Es ist wieder mal ein etwas anderer Ansatz mit vor allem produktionstechnisch, aber auch musikalisch neuen Herausforderungen.
Dirk: Ja, wir haben einige Labelmusiker mit unseren Ideen konfrontiert und es wird zu gewissen Kooperationen kommen. „Musique Bizarre“ soviel darf verraten werden.
Das macht mich als neue SonS-Fan sehr neugierig. Was können wir von SonS noch erwarten?
Alex: Bislang hatte ich – auch auf Grund der kreativen Freiheit – noch nicht das Gefühl, dass uns die Ideen ausgehen könnten. Es ist immer wieder spannend, wenn wir uns zusammensetzen und Ideen austauschen.
Dirk: Womöglich das erste instrumentale A Cappella Album mit anschliessender One Day Stadion Worldtour On The Rocks exklusiv präsentiert vom Whiskeyhersteller unserer Wahl.
Das klingt nach einem Plan. Ich wünsche euch, dass ihr da bald daran arbeiten könnt. Wie geht ihr mit der aktuellen Situation um beziehungsweise was habt ihr während des Lockdowns gemacht? Was vermisst ihr?
Alex: Schön wäre es, die SonS auch einmal Live präsentieren zu können. Im ganz kleinen Rahmen haben wir das ja in der ersten Lockdown-Phase im letzten Jahr via YouTube bereits getan.
Dirk: Es gab und gibt viel zu tun rund ums Label. Alle Bands waren fleißig, da Konzerte wegfielen. Gottseidank werden wir mit Tonzonen Records gut unterstützt von unseren Kunden und Fans. Was ich vermisse – quasi alles, auf das wir leider verzichten müssen. Regelmäßig Freunde treffen, Kultur geniessen, mit der Familie ausgehen und so weiter. Kommt aber wieder, bald..
Danke euch beiden für das sehr offene und interessante Interview. Ich habe eine Menge Neues erfahren, manche Magie wurde entzaubert, aber mein Gesamteindruck bleibt, dass die Sounds of New Soma eine feine Band sind mit hohem kreativen Anspruch und Output. Ich freue mich schon jetzt, wenn es das nächste Werk aus dem Tonzonen Record Label zu mir auf den Plattenteller schafft. Egal, ob zum Rezensieren oder zum privaten Vergnügen.
Habt vielen Dank, Alex und Dirk.