In dem farbenfrohen Cover steckt eine leicht gelb-marmorierte Platte, die wie ein Kanarienvogel aus seiner Heimat Madeira einen Hauch von Frühling mitbringt – zu mindestens, was Farben- und Spielfreude und Ideen des Albums angeht. Ich sage es gleich Leute, das Album „Trip“ der Sounds of new Soma hat mich ziemlich gepackt. Unser gelber Freund besteht aus einem Song, der passender weise auch „Trip“ heißt. Und es hört und fühlt sich wie ein Trip an. Vor meinem Augen entstehen Flugbilder über unterschiedlichste Landschaften. So was berührt mich total, wenn es Musik schafft, derartige Dinge im Kopf zu erzeugen.
Diese Art der Musik ist nicht zum Tanzen gedacht, sondern eher ein meditatives Werk, was durchaus bei geschlossenen Augen und euch frei gelassenen zusätzlichen Bewusstseins verändernden Hilfsmitteln fantastisch funktioniert. Und aus jeder Rille kommt dieser wohlige Klang, der Raum lässt für einzelne Instrumente, Improvisationen und Akzente. Durchweg ist „Trip“ von einem Synthie-Teppich unterlegt und durch entsprechende Wechsel und Einspielungen, mal eher technisch, spacig klingt, dann aber wieder wie eine Blumenwiese im Frühling auf Madeira. Herrlich.
Mein Highlight der ersten Seite ist eine Sequenz, wo ein baritoner Chor zu vereinzelten Space-Gewittern und metallenen Geräuschen aus der Neubauten-Ecke nur wenige Töne rauf und runter brummt und eine intensive, mystische Atmosphäre erzeugt. Na klar, wir fliegen gerade über die rumänischen Gebirgszüge der Karpaten im Licht einer blutroten untergehenden Sonne. Diese Stimmung wird zum Ende hin durch herrliche Space-Geräusche abgelöst, welche an vorbeifliegende Raumschiffe erinnern. Ein wenig erinnert es mich auch an die Vertonung der „Autobahn” bei Kraftwerk.
Es gibt aufgrund der Länge kein YouTube Video von „Trip”, aber ein Snippet, das ich euch nicht vorenthalten möchte.
Voller Erwartung geht es auf der zweiten Seite weiter. Wow, die fängt mit einem dunklen Slow-Beat an, der sich dann komplexer und weiter beschleunigt in eine feine, simple Elektromelodie auflöst. Das erinnert mich stark an Tangerine Dream, Neu! oder LaDüsseldorf. Natürlich steckt in jeder Elektronischen Musik mit Hang zum Experiment auch mal mehr, mal weniger Kraftwerk. Aber speziell hier überwiegt für mich der Berliner Anteil. Ein Klaus Schulze (ein Godfather of German Elektronik Musik) dürfte sich hier in Anklängen wiederfinden.
Wunderschön leicht und transparent lässt uns diese Melodie treiben und träumen, bis ein Saxofon die Szenarien auflöst und deutlich eigene Ideen äußert. Am Ende gewinnt die Melodie wieder mit dem mantrischen Grundbeat und spacigen Collagen aus dem Synthie. Danach nimmt uns erneut das Saxofon mit und nutzt den freien Raum für eine schöne Improvisation, bevor uns die Synthies klanglich in einen Elbenwald führen bis dort wieder die Raumschiffe vom Ende der A-Seite auftauchen. Es folgen elektronische Klangcollagen und -strukturen, die sich auflösen, wieder neu finden und zu neuen Strukturen zusammensetzen. Das macht wirklich Spaß dieser musikalischen Lava-Lampe zu zuhören. Und in der Tat hört man von Mal zu Mal immer wieder neue Details, gleich einem Wimmelbild, was sich erst durch mehrmalige Blicke und konzentriertes Hinschauen erschließt.
Sollte ich das Werk mit einem Satz beschreiben, würde ich sagen, dass es Sounds of new Soma schaffen das angestaubte Krautrock-Erbe in die heutige Zeit zu transformieren und, ohne Angst vor klanglichen Experimenten, einen neuen frischen Sound erzeugen.
Noch ein paar Fakten für den musikalischen Smalltalk. „Trip“ ist das bereits zehnte Album des 2013 Bandobjektes. Immerhin ein Output von mehr als einem Album pro Jahr. Auch die Tonzonen-Records existieren seit 2012 und schaffen es immer wieder sehr stilsicher Akzente neben dem Mainstream zu setzen. Die Sounds of Soma stammen aus Krefeld; Gründer Dirk Raupach – gleichzeitig Labelchef – und Alexander Djelassi sind die Bandmitglieder.
Mit „Trip“ habe ich das bereits dritte Werk des fantastischen Tonzonen Records Label auf dem Plattenteller und was soll ich lange drum herumreden – alle drei Produkte waren auf ihre eigene spezielle Art faszinierend, aber hier kocht der Chef eben selbst. Sounds of new Soma haben mich in puncto aurales und visuelles Konzept, der Umsetzung und der Layout- und Verpackungsgestaltung, zu hundert Prozent überzeugt.
Absolute Kaufempfehlung für Freunde der deutschen Krautmusik oder der sogenannten Berliner Schule. Da das Album zum Zeitpunkt des Reviews noch nicht erschienen war, gibt es hier keinen Link, aber ich gehe davon aus, dass ihr es beim Label bestellen könnt.