Die Zeit scheint keine Macht zu haben
Auch posthum erklingt die legendäre Indie-Rock-Institution, als ob sie nie wirklich fortgegangen wäre. Sparklehorse oder besser Mark Linkous brachte zwischen 1995 und 2006 vier wunderschöne und weltfremde Sparklehorse-Alben sowie zwei Projekt-Alben heraus, die ihm den Ruf als einer der markantesten und einflussreichsten Songwriter des Alternative Rock eingebracht haben.
Somit ist “Bird Machine” das fünfte Sparklehorse Album und das zweite Album, welches posthum erscheint. Bereits 2010 erschien das fantastische “Dark Night of the Soul” mit Produzent Danger Mouse und Songwriterkollegen Vic Chesnutt. Da war Mark Linkous schon tot, hatte aber am Album mitgearbeitet.
Der Kampf gegen die Krankheit
Die Entstehungsgeschichte von “Bird Machine” ist dramatisch. Während der Arbeiten am Album zwischen Ende 2009 und Anfang 2010, als Mark Linkous mit Steve Albini in Chicago hinter seinem geliebten 1968er Flickinger-Mischpult im Static King Studio stand, vertiefte sich seine Depression, die ihn schon länger in den Fängen hatte derart, dass er sich am 6. März mit 47 Jahren das Leben nahm.
Was die Songs von Sparklehorse so unwiderstehlich macht, sind die Offenheit und Ehrlichkeit. Sie legen schonungslos die Probleme offen, die Mark Linkous mit sich herumtrug und die schließlich zu seinem Tod führten. Unter anderem die Depression, die sich bereits seit Jahren wie ein Schatten auf sein Dasein und Schaffen legte.
Trotzdem erscheinen viele Songs so, als wolle der Sänger und Gitarrist der Dunkelheit etwas entgegen setzen. Wohl waren diese Songs aus einer anderen Welt. Zerrissen, ja fast zerstört wirken sie phasenweise. Aber immer bilden die wunderschönen Melodien einen Halt im Sog der Krankheit. Einem Himmel gleich, findet man für kurze Zeit den Lichtstrahl, die Hoffnung und den Frieden, den es für Mark Linkous immer seltener gab.
Frieden und Licht in der Schattenwelt
Das gilt auch für die Songs von “Bird Machine”. Hört man “Evening Star Supercharger” ist es pure, wohlig warme Harmonie, während der Text das Herz zerreißt: “Peace without Pill, Gun, Needle or Prayer appear”. Später folgen Zeilen über den Abendstern, der bereits im Sterben ist und trotzdem scheinbar wachsend noch strahlend scheint.
“Everybody’s gone to Sleep” ist ein Wiegenlied und das todtraurige “The Skull of Lucia” gehören zu den absoluten Höhepunkte von “Bird Machine”. Und dann gibt es noch “Falling Down”. Ein Song, der mit Pianobegleitung was Lennonneskes hat. Mit “Stay” hat “Bird Machine” den perfekten Abgang. Ein Stück, aus dem die traurigen Moll-Akkorde triefen und das wie ein Hauch in der Dunkelheit verschwindet.
“Bird Machine” musste einige Hindernisse überwinden…
Der Bruder Matt Linkous war die treibende Kraft beim Release des Albums und der dazu notwendigen Vorarbeiten. Ohne sein Zutun und sein Verständnis für die Klangwelt des Bruders, wäre “Bird Machine” nie erschienen. Es hat insgesamt 14 Jahre gedauert, die Songs auszuwählen und am Album weiterzuarbeiten. Zum einen das Chaos der alten Bänder und die Liebe und Sorgfalt von Marks Familie und Musikfreunden, die jedem noch so kleinen Detail entgegengebracht wurde, machen “Bird Machine” zu einem wahren Sparklehorse-Album.
Sparklehorse wird weiter leben
Die Klangwelt von Sparklehorse war von Anfang an gefestigt, als Linkous seine musikalische Reise begann. Es ist ein Klang, der sich irgendwo zwischen rauer Kakophonie und sanfter Ballade bewegt, eigenartig und doch faszinierend in seiner Höhenlastigkeit, dargeboten mit einer Stimme, die niemals makellos war, immer leicht angehaucht von Verzerrung oder Manipulation.
Die Texte sind von tiefer Traurigkeit, fragiler Zerbrechlichkeit und schwerer Dunkelheit geprägt. Aber sie sprechen auch von Wundern und sind von echt empfundener Wertschätzung für die Welt. “In seiner Musik gibt es den Schmerz, aber auch Hoffnung und Schönheit”, sagt Marks Schwägerin Melissa. Es ist diese Mischung, welche die Musik so zeitlos schön und anziehend macht.
Wer einen Blick in das Universum von Sparklehorse werfen oder seine Sammlung vervollständigen möchte, kann das hier erledigen. Das schlicht gehaltene Outfit bildet den perfekten Rahmen für das Vinyl, welche in Black Vinyl und in Clear Vinyl als Limited Edition erhältlich und auf dem Label Anti Records erschienen ist.
Vinyl ist für mich nicht nur Musik, sondern ein Erlebnis. Die von mir beschriebenen Alben, habe ich alle ausgepackt, angeschaut und angehört. Gerne auch mehr als ein Mal. Bei den Reviews mache ich mir immer ein eigenes Bild durch entsprechende Recherche und das konzentrierte Anhören. Das ist meine Art den Künstlern entsprechende Wertschätzung für ihre Kreativität und Kunst entgegenzubringen.
So kann es vorkommen, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens, die Platten in seltenen Fällen vergriffen sind.
Dazu gibt es für mich keine Alternative: über Platten schreiben, in dem man die Pressetexte abschreibt ohne die Platte in den eigenen Händen gehalten zu haben, macht für mich keinen Sinn. Danke für euer Verständnis. Lagartija Nick.