Schade, dass die meisten Jahreslisten und Reviews für 2020 schon geschlossen haben, denn hier kommt ein Album, welches einen Platz in den Jahreslobeshymnen verdient hat. Das Münchener Quartett Stand up Stacy besteht seit 2016 und legt nun ihr Debütalbum „The Magificient you“ vor. 37 Minuten, 12 Tracks voll praller Energie und Vorwärtsdrang. Da bleibt kein Fuß ruhig. Stand up Stacy holen dich mit einem Echolot im „Intro“ ab, sondieren die Lage und hauen mit „Something to believe“ das erste Torpedo ins Ziel. Punkrock wie er sein sollte: ohne Rücksicht auf Verluste, ein wenig rau und dreckig und nie das Segel aus dem Wind.
Egal wo die Nadel aufsetzt, immer findet sie einen Song, der auf seine eigene Art und Weise in das Universum der Stand up Stacy passt. Beispiele gefällig? „A Freak like me“ mit marschlastigen Drums durchfährt die Band hier in eher ruhigem Gewässer, den Dorfweiher. „Open Your Eyes“, ein Song, der eine rockige Facette der Band zeigt, aber mit starkem Refrain punktet. Hier wird definitiv auch mal stürmische See durchfahren – „Open your Eyes“ ist für mich schon fast Metal. Aber auch textlich ist die Band mit einigen Wassern gewaschen, „Supussy“ verspricht und hält Spaß; die eindeutig sexuellen Lyrics („my Django is unchained”) lassen den Hörer schmunzeln. „Sir, You Have A Problem“ zeigt den Mut der Band, auch mal verspielt, experimentell zu sein. Der Refrain wird auf immer andere Weise gesungen und gibt dem Song so seinen ganz eigenen Charme. „Homecoming“ am Ende des Album kann man sich sehr gut als Stadio-Rock-Ballade vorstellen und ist die würdige Einfahrt in den eigenen Hafen nach erfolgreicher Fahrt über die Meere. Ich bin überzeugt, fast jeder steigt wieder ein und lässt das Echolot ertönen.
Mein persönlicher Ohrwurm vom Album, “Something to Believe”, zeige ich euch in einer Live Version. Hier sieht und hört man, was Stand up Stacy ausmachen: stilsichere Bühnenoptik, Melodien, die ins Ohr gehen, Tempo mit Vorwärtsdrang, mehrstimmiger Gesang, der zum mitsingen einlädt und Tempo-Wechsel, die den Song spannend machen.
Die Songs konzentrieren sich nicht mehr nur auf die aus dem Punk gewohnten drei Akkorde. “Wir haben uns jetzt mehr auf ausgefallenere Harmonien fokussiert”, sagt Simon. Das ist für mich Punk-Rock moderner Spielart, der auch mal an den Rändern anderer Genres schnuppert darf, um immer wieder in sein eigenes Zentrum zurückzufallen – Herrlich.
Der Bandname Stand Up Stacy geht übrigens auf eine Kampagne der U-Bahnen Singapurs zurück. Ein animiertes Mädchen namens Stacey beispielsweise darauf hin, für Schwangere oder alte Menschen den Platz zu räumen. Das klingt sehr nett und konterkariert ein wenig das Punk-Image. Ebenso wie das Bühnenoutfit: weiße Hemden und schwarze Fliegen. Aber das gehört bei Stand up Stacy zum Konzept und Gesamtbild; die Band hat sich ihre DNA zurechtgelegt. Wer Stand up Stacy weiter begleiten will, kann das am besten auf der Homepage der Band tun.
Lagartija Nick
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