The Go Set sind keine Unbekannten, im Gegenteil, in ihrer Heimat Australien sind die Folkpunker schwer angesagt. In Deutschland sind sie noch nicht so bekannt und ihre Platten erscheinen beim kleinen Herner Independent Label Mad Drunken Monkey.
Folkpunk aus Australien könnte wirklich schlimm klingen, wenn sich die Musiker auf die Wurzeln der Ureinwohner des Inselkontinents berufen würden. Stellen Sie sich das mal vor: Punkrock gemischt mit dem grässlichsten Instrument der Welt, dem Didgeridoo. Das würde wahrscheinlich noch schlimmer klingen als Soulfly. Ich krieg schon Ekelpickel vom Gedanken daran. Ganz dunkel erinnere ich mich daran, dass Die Ärzte eine Zeit lang ihre Platten mit dem Vermerk kennzeichneten, dass die Scheibe ohne Einsatz eines Didgeridoo aufgenommen wurden. Das war zu der Zeit als man diesem Soundmonster in jeder Fußgängerzone und jedem Stadtpark begegnete. Gespielt wurde das Phallusphon immer(!) von Typen mit Wursthaaren und bunten Plusterhosen, die dabei ihre dreckigen nackten Füße präsentierten. Gerne umringt von Frauen mit den gleichen Hosen, welche entweder locker die Bongos dazu spielten oder sich in einem meditativen Ausdruckstanz versuchten. Bewunderung für die tolle Atemtechnik war dem Wurstmann aber immer sicher.
The Go Set lassen sich aber lieber von ihren kriminellen Vorfahren aus dem Britischen Königreich inspirieren und mischen ihren Punkrock normalerweise mit dem Besten aus Dudelsack, Tin Whistle und Mandoline. Ich mag den Sound sehr gerne, das Vorgängeralbum “One Fine Day” wurde erst neulich von mir erworben und dreht sich immer wieder gerne auf dem Plattenspieler und wird oft sogar den großen Namen des Genres Dropkick Murphys und Flogging Molly vorgezogen
Das neue Machwerk “Of bright futures…and broken pasts” lässt mich aber etwas ratlos zurück, was auch an fehlenden Informationen seitens der Band liegt. Ist das überhaupt ein reguläres Album? Die weitere Entwicklung und ein Rückblick, so wie es der Albumtitel andeutet? Oder was soll das? Die zwei Seiten sind nämlich total verschieden. Sowohl vom Stil, als auch von der Qualität. Die A-Seite ist relativ enttäuschend, geboten wird Midtempo Punk, durchaus gefällig, aber mehr auch nicht. So gut wie keine Folkelemente.
Die B-Seite dagegen kommt viel folkiger daher, oben genannte Instrumente werden wieder ausgepackt, dafür bleibt die E-Gitarre im Koffer und alle Titel werden akustisch dargeboten. Und das klingt richtig gut. Ich muss an Chuck Ragan denken, aber auch die Heroen von The Pogues kommen mir in den Sinn. Wie Sie merken, fallen hier große Namen. Und das zurecht.
Dieses Album zeigt die Vorteile der Schallplatte gegenüber allen anderen Musik-Medien. Man legt einfach die B-Seite auf und wird glücklich, was auf der A-Seite passiert, interessiert in dem Moment einfach nicht. Beim Streamingdienst Spotify ist merkwürdigerweise nur die A-Seite zu hören, was doch gegen ein “reguläres” neues Album spricht. Ich tippe eher auf zwei EPs, die auf einer 12inch zusammengefasst wurden. Aber wie gesagt, die Informationen sind dürftig.
Wer die Band kennt, kann hier zuschlagen, da das Niveau der B-Seite wirklich sehr hoch ist. Wem The Go Set bisher nichts gesagt hat, sollte sich lieber den Vorgänger zulegen, da er den typischen Sound der Australier besser repräsentiert.
Hier könnt ihr die LP bestellen: JPC
no images were found