Hach, diese Sticker immer vorne auf dem Plastikmüll, mit dem so manche Platten eingeschweißt sind. Meistens wird ja nur ein Digital Download angekündigt. Da frage ich mich dann schon, was dieser Hinweis auf die nichtssagende Digitalisierung von Musik, speziell bei Vinylliebhabern, werbewirksam bringen soll, unterstelle ich dieser Spezies doch durchaus genau deshalb eine Liebe zum großformatigen physischen Datenträger, weil sie eben was haptisches haben will. Musik nicht nur zum bloßen Audiokonsum, sondern zum anfassen, anschauen, lesen, vielleicht sogar riechen. Oder bin ich da etwa zu altmodisch, oder gar naiv? Egal, die Marktschreier der Plattenindustrie werden ihre Gründe haben und damit vermutlich auch gut fahren. Und ich habe auch schon von Leuten gehört, die Platten nur aus Coolnessgründen kaufen, letztlich aber nichts weiter damit tun, als den beiliegenden kleinen Fresszettel mit dem Zeichenwirrwar in eine MP3 umzuwandeln. Was soll man da noch sagen? Könnte ich zwar viel, würde dann aber doch weit weg vom eigentlichen Inhalt dieses Textes kommen. Deshalb an dieser Stelle mal ‘nen harten Cut und die Frage, was das Ganze nun mit The Kills zu tun hat?
Ganz einfach, auf deren aktuellem Release “Little Bastards”, erschienen via Domino Records, prangt ebenfalls ein Sticker vorne drauf. Optisch nicht ansprechend und ich stelle mir abermals die Frage, wegschmeißen oder abpopeln und draufkleben, weil er halt irgendwie doch zum Produkt gehört. Ich muss zugeben, da verstehe ich meine eigene Ambivalenz selbst nicht so ganz. Letztlich entscheide ich mich für den Erhalt des Klebers. Weshalb, das weiß ich auch nicht. Allerdings bringt dieser Sticker im Vergleich zu vieler seiner überflüssigen Pendants eine wesentliche Message rüber, was die Verschandelung der durchaus anschaulichen Fotocollage (ich liebe Fotocollagen!), sprich des Covers, irgendwie rechtfertigt, um auch noch in 20 Jahren zu wissen, was Sache ist. Da steht nämlich geschrieben, dass es sich um “a remastered collection of b-sides and rarities from 2002 – 2009” handle.
Das ist eine durchaus wesentliche und nicht zu unterschätzende Information. Denn zum einen muss man beim Hören der Songs ehrfürchtig davor den Hut ziehen, dass The Kills eine dieser raren Bands zu sein scheinen, bei denen auch die B-Ware die Qualität von A-Ware hat. Zum anderen liefert die Info aber auch von vornherein eine plausible Erklärung für den einzigen Kritikpunkt an der Platte, bzw. den Platten. Es fehlt der rote Faden, der die grandiosen Songs miteinander verbindet.
Jeder Einzelne der sage und schreibe 20 Tracks ist für sich ein kleines Kunstwerk (passenderweise oder nicht von ungefähr wohl deshalb der Song “Call It Art”, ist aber reine Spekulation), steht eben aber auch autark für sich. Ist aber auch jammern auf hohem Niveau, denn selbstredend ist es schwer, eine Anreihung von Songs aus immerhin sieben Jahren, aus verschiedenen Denkens- und Schaffensphasen der Band so wirken zu lassen, als wären sie aus einem Guss und einer Session entstanden. Und wer The Kills kennt, der weiß, dass sie unter “normalen Umständen” durchaus in der Lage sind, ein Album zu einem homogenen Gesamt(kunst)werk zu machen.
Hier jedenfalls eine Compilation mit der kleinen Schwäche, die Compilations mitunter so haben, die aber super dafür geeignet ist, um sich mit der Band bekannt zu machen, oder falls man schon bekannt ist, das gesamte Sound- und Kreativspektrum der The Kills kompakt auf einer Veröffentlichung zu haben. Um den Neulingen noch ein bisschen näher zu bringen, was The Kills so besonders macht: sie schaffen es, mit musikalisch minimalem und teilweise fast atonalem Aufwand, über und über eingängige Songs zu schreiben, die sich irgendwo zwischen Bloc Party, The Dead 60s, The Gossip und Sonic Youth bewegen. Oder auch: hätten die Jungs von Velvet Underground und die Nico sich rund ein halbes Jahrhundert später getroffen, dann wäre da vielleicht auch so was wie The Kills bei rausgekommen.
Der Begriff “Indie” ist mir eigentlich zu lax, lässt er doch irgendwie alles und nichts zu, aber schließe ich die Augen und höre ich The Kills, so bin ich nachts um 4 und angesoffen auf einem bierpfützigen Dancefloor in, jawoll, irgendeiner Indiedisse. Alle Sorgen dahin und es lebe der Moment. Und dass ist in diesen trüben Zeiten doch durchaus ein erhellender Gedanke! The Kills liefern mit “Little Bastards” den Soundtrack dafür.
Für den heimischen Gebrauch und die Party mit sich selbst kommt “Little Bastards” auf zwei Scheiben, in schönen schwarzen Innenhüllen verpackt und im Gatefold. Darin die Texte abgedruckt. Fotocollagen sagte ich schon. I love it! Und die tolle Optik, die kann digital ja auch nicht, die kann nur Platte! Ach ja, und dann noch der Sticker. Der verrät uns oben drein noch was total Verrücktes. Der Download – Code ist nämlich auch noch inklusive! Wohl denen, die diesen Hinweis unbedingt für ihren Kaufentscheid brauchen. Aus Coolnessgründen muss man die Compilation jedenfalls nicht haben, sondern einfach nur, weil sie gut ist. Mit allem drum und dran!
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |
no images were found
no images were found