Meine Damen und Herren, darf ich vorstellen: The Rolling Stones! Wie, was? Die kennen Sie schon?! Na umso besser, dann können wir uns das lästige Vorstellungsgeplänkel ja sparen und direkt zum Kernthema des heutigen Meetings übergehen.
Auch wenn 2021 aufgrund des Todes von Drummer Charlie Watts im August neben 1969 (damals starb Gitarrist Brian Jones) das wohl traurigste Jahr in der fast 60 Jahre andauernden Karriere der Stones sein mag, so gibt es dennoch einen kleinen Lichtblick am Horizont. “Tattoo You” wird heuer anlässlich seines 40sten Geburtstags in Form einer remasterten 180g – Version nebst neun bisher unveröffentlichten und jüngst wieder aufgetauchten Songs rereleast. Ist zwar nur ein schwacher Trost. Und dennoch wollen wir dies ein bisschen feiern, sowie ein bisschen darüber sprechen.
Es ist ein Phänomen, welches ich bis heute nicht so recht verstehen kann und welches nur den ganz Großen dieses Planeten vorbehalten zu sein scheint: keine Platte ohne Hit. Gibt’s einfach nicht. Ist ausgeschlossen. Na gut, irgendwas muss die ganz Großen ja auch als solche auszeichnen. Im Falle von “Tattoo You” mimt direkt der Opener “Start Me Up” den Evergreen, ohne den kaum ein Tag auf SWR1 vergeht. Ist aber auch ein schmissiges Teil, mal ehrlich! Der Rest ist – und das ist eine absolut subjektive Meinung – eher Durchschnittsware im Stones – Universum. Allerdings ist Durchschnittsware der Marke The Rolling Stones mitunter besser, als der geilste Stuff von anderen Bands. Ist aber genau so klar, wie subjektiv.
Also: Was wir bisher wissen, ist, dass wir es mit einem durchschnittlichen Album einer überdurchschnittlich guten Band zu tun haben. Ob dieses nun remastert ist oder nicht, halte ich, der ich mit grob geschnitzten Ohren, dafür aber mit mittelmäßig gutem Soundsystem ausgestattet bin, für reine Makulatur. Vielmehr halte ich derlei Sperenzchen seit jeher für eine Marketingstrategie der Musikindustrie, um dem Publikum das Geld aus der Tasche zu ziehen. Für Soundpuristen mag solch ein Gedöns trotzdem einen Anreiz bieten.
Einen wirklichen Anreiz bietet der Jubiläumsrelease aus meiner Sicht eher wegen seiner zweiten LP, auf welcher sich oben genannte, neun unveröffentlichte, Tracks tummeln. Warum uns The Rolling Stones einen Smasher wie “Living In The Heart Of Love” bis heute vorenthalten haben, ist und bleibt mir ein Rätsel. Der Song bietet alles, was die Stones seit jeher auszeichnet. Und zwar in richtig gut. Ein schmissiger und mitreißender Refrain, diesen kernigen Gitarrensound, das groovende Drumming Watts’. Alles unverkennbar The Rolling Stones. Die frühe Version von “Start Me Up” lädt dank seines Gitarren – Off – Beats und dem sich daraus ergebenden Reggae – Feeling zu einem kräftigen Schmunzeln ein. Auf jeden Fall interessant, auch wenn der Song in dieser Version vermutlich nicht unbedingt das Hitpotenzial der späteren Version erreicht hätte. Auch die anderen sieben Bonussongs brauchen sich nicht zu verstecken. Achtung, es wird noch einmal subjektiv! Die Bonus – LP ist besser als “Tattoo You”. Doch hört am besten selbst…
Nun noch zu einem anderen Thema. Es ist ein schwieriges Thema und sowieso viel komplexer, als ich es hier in wenigen Sätzen darzustellen vermag. Und doch muss ich es los werden. Zur Ausgangssituation, ganz grob: der weiterhin anhaltende Vinylboom führt mittlerweile dazu, dass die Kapazitäten der verhältnismäßig wenigen Presswerke weltweit überstrapaziert werden. Dies hat zur Folge, dass es für kleinere Labels und Bands zunehmend schwieriger wird, ihre Platten pressen, im worst case auch gar nicht pressen zu können. Denn wie das dann halt so ist, bekommt der-/diejenige den Zuschlag, der/die auch das Budget dafür hat. Wie immer die Großen also. Deshalb nun meine leise, aber wie ich finde, berechtigte Kritik: ist es fair, die spärlichen Presswerkkapazitäten mit einer Platte, die laut discogs schon in 90 verschiedenen Vinylversionen weltweit erschienen ist, weiter zu belasten und dadurch – etwas überspitzt formuliert – womöglich zu verhindern, dass andere Releases gar nicht erst das Licht der Welt erblicken können? Im Falle von “Tattoo You” haben wir es außerdem auch nicht mit einer unerschwinglichen Rarität zu tun, derer es zwingend einer zusätzlichen Version bedarf, damit sich jede*r sein Exemplar sichern kann. Die Platte gibt’s mit großer Wahrscheinlichkeit auf jedem halbwegs gut sortierten Flohmarkt für’n Appel und ein Ei.
Dies ist keine Kritik an The Rolling Stones persönlich und wie beschrieben, lohnt sich der Erwerb von “Tattoo You – 40th Anniversary” aufgrund des Bonusmaterials. Und dennoch war es mir wichtig, hier und heute ein Statement abzugeben. Das ist alles. Punkt.
Das Original – Artwork wurde beibehalten. Die Doppel – LP “Tattoo You – 40th Anniversary” erscheint allerdings im Gegensatz zu meinem Original von 1981 im Gatefold. Universal bietet uns das Teil seit dem 22.10. an. Zu haben z.B. hier:
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |