Die Niederlande ist ein kleines Land. Klein, aber oho. Und es gibt wenig Bands, die mir sofort in den ersten Sekunden einfallen, die aus den Niederlanden stammen. Ich denke da an Künstler wie Dotan, Blaudzun, DeWolff. Dann gibt es aber auch De Staat (eine meiner Lieblingsbands), die gerade mit Biffy Clyro große Hallen füllen. Und dann gibt da noch so kleine Bands. Klein ist die Band Two and a Half Girl zwar auch noch, aber schon jetzt mit ihren jungen Lenzen mächtig oho. Sie selbst kommen aus der schönen Stadt Utrecht, die übrigens eine der fahrradfreundlichsten Infrastrukturen aufweist. Sie haben beispielsweise Fahrradparkhäuser. F-A-H-R-R-A-D-P-A-R-K-H-Ä-U-S-E-R. Jaja, genau. Nachdem ich nun vor ein paar Wochen das erste Mal Utrecht besuchte, ist mir durch Zufall das neue Album „Evidence of A Broken Mind“ von Two and a Half Girl in den Briefkasten (oder eher davor) und auf den Plattenspieler gefallen. Zum Glück, muss ich sagen. Denn damit ist die Niederlande und meine Plattensammlung um eine unfassbar gute Band reicher und ich irgendwann um ein paar Euro ärmer, weil ich diese Band mal live sehen muss und dann natürlich auch ggf. Vinyl der EP und T-Shirt haben will. Den Bogen zur Musik kriege ich irgendwie nicht mehr hin. Herausgekommen ist es jedenfalls bereits am 16. September 2022 auf Suburban Records und will gehört werden!
Was ich aber direkt mal sagen kann ist, das der Opener „Eighteen Months“ direkt in die Fresse die Richtung zeigt, in die es gehen soll. Vorwärts. „Fire“ erinnert mich direkt an die singende Drummerin Stefanie Mennaerts der großartigen belgischen Band BRUTUS. Apropos Drummerin: bei Two and a Half Girl sitzt Anne am Schlagzeug. Warum Two and a Half Girl? Was eigentlich mal als Trio und eigentlich auch eher als Spaß und mit zwei Frauen und einem Mann begann, wurde relativ schnell purer Ernst und erweiterte sich auf fünf Bandmitglieder*Innen.
Weiter im Text: Der Song „70“ handelt davon, dass es immer noch 70 Länder gibt, in denen Homophobie immer noch möglich ist und LGBTI – (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle) Personen ihre Sexualität nicht offen zeigen können und immer in Angst leben müssen. Two and a Half Girl haben mit „70“ eine Art Protestsong geschrieben und eine klare Meinung, die sie in dem Song klar vertreten.
„Searching for Relief“ kann ich mir live gut vorstellen. Leicht mitzusingende Strophe, catchy Melodie. Wohingegen „Colourblind“ wieder ruhig ist. Zu ruhig, dachte ich. Zumindest so ruhig, das man denkt, man hört eine andere Band. Schnell wird aber klar, dass das einfach nur der Beginn dessen war, was man dann wieder in altbekannter Two and a Half Girl – Manier gewohnt ist: Harte Musik und Texte, die on point sind. Über darauffolgende Songs „Looking for“ und „Problems That Do Not Exist“ braucht man eigentlich keine großen Worte verlieren. Punkrock, gepaart mit etwas Emo-Sound und noch ein Schuss Hardcore. Fertig ist das Rezept für den nächsten Mosh- und Headbang-Part.
Mit dem knapp viereinhalb Minuten längsten Song „Practice What You Preach“, der von Anfang bis Ende voller Wut und Protest ist, aber auch textlich sehr weise und erwachsen wirkt, mit „Black Sheep“, bei dem die Sängerin und auch die Band das Tempo zwar etwas rausnimmt, aber dennoch nichts von der Energie verliert, die sie zuvor aufgebaut haben und als Abschluss mit guter alter Punk-Attitüde der Song „Life in Overdrive“ schickt die Band einen also mit einem Hoffnungsschimmer in die Welt hinaus, in der noch viele Dinge in Ordnung gebracht werden müssen, was auch besonders der Satz „everybody has to fall down before they ever grow strong“ zeigt.
Erwerben könnt ihr das Knalleralbum hier auf der bandeigenen Homepage und bei JPC. Natürlich auch in jedem gut sortierten Schallplattenhandel.
Anfang November geht die Band auch auf kleine Deutschland-Tour
01.11.2022 in der Astra-Stube in Hamburg
02.11.2022 im Wild At Heart in Berlin
04.11.2022 im Waldeslust in Regenstauf
07.11.2022 im Caveau in Mainz
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Viel Spaß beim Hören und Entdecken!