Mit Donald aka Benedikt Rietzel startet eine neue unregelmässige Interviewreihe bei Vinyl-Keks, denn nicht nur das Vinyl an sich sollte Platz bei uns finden, sondern auch die Menschen die sich Gedanken über die Gestaltung der Cover machen und dafür sorgen, dass das Vinyl in einer schön gestalteten Hülle zu euch kommt. Donald kenne ich schon sehr lange und habe ihn nicht nur als Künstler lieben gelernt. Er ist nicht nur für diverse Cover Gestaltungen und Flyer Designs bekannt sondern macht auch andere tolle Arbeiten über welche ich mich im Folgenden ein wenig mit ihm unterhalten möchte.
Hallo Donald, du bist ja in der Punk Szene durch und durch bekannt. Deine Arbeiten sieht man immer wieder und so freue ich mich, dich nun hier zu begrüßen. Erzähl doch zu Anfang mal ein wenig, wie du zu deinem Job als Zeichner und Gestalter gekommen bist und was du bisher so getrieben hast? Was läuft aktuell bei dir?
Haha, keine Ahnung, ob ich oder nur meine Arbeit bekannt ist? Meine Arbeit wäre für mich dann aber wichtiger.
Comics, Illustrationen, Fotografie, bis hin zu Webdesign hat mich schon immer sehr interessiert und so habe ich 2006 Mediendesign studiert. Man braucht ja meist einen Abschluss auf Papier, damit man in der normalen Gesellschaft einen gewissen Wert hat. Eine Festanstellung in Agenturen hat mich aber sehr schnell genervt und so versuchte ich ab 2010 selbstständig zu werden.
Im Punkbereich kennt man ja meistens die Bandmitglieder irgendwie persönlich und so kam ich schnell dazu für diverse Punkbands CD- und Vinyl-Cover, Logos und T-Shirts zu gestalten. Meine Hauptaufgaben sind aber trotzdem eher „brave“ Designs, meist im Webbereich, für mittelständische Unternehmen – hier konnte ich ebenfalls einen festen Kundenstamm aufbauen, viele sind da auch aus meinem Bekanntenkreis, habe aber auch größere Unternehmen durch Agenturen mit denen ich als Freelancer zusammenarbeite.
Ansonsten habe ich in den letzten Jahren als Keytarist in einer Band mit Punkwurzeln gespielt. Dort war ich auch der „Bandgrafiker“ und erstellte einige Szene-bekannte Motive. Nachdem 2019 dann aber ich mit 3 weiteren Bandmitgliedern gegangen bin, haben wir zu dritt ein neues Musikprojekt gestartet.
Von dir übernommen habe ich ja vor ein paar Jahren den Onlineshop punkrock-shop.com, den ich auch bis dahin fast fertig designt und programmiert hatte. Hier hatte ich mir dann noch eine kleine Änderung im Konzept überlegt und die Möglichkeit eingebaut, Subshops für Künstler und Bands zu registrieren und ging letztes Jahr damit online.
Beruflich wichtiger ist mir aber die Arbeit an meinem Comic Punks’n’Banters, bei dem ich versuche, mehr und mehr Zeit zu investieren und trotzdem am Ende des Monats meine Rechnungen zahlen zu können.
Wie ist das denn mit deinen Comics, kannst du davon leben und wie bringst du diese unter´s Volk?
Ne, noch nicht wirklich. Aber ich hab jetzt begonnen, dass man mich auf https://steadyhq.com/donaldpunk für meine Arbeit am Comic monatlich abonnieren kann. Als Gegenleistung zeichne ich für meine Abonnenten kurze Comicstrips und sie bekommen Motive als Aufkleber, Postkarten und beim großen Supporterpaket gibt es Tassen, T-Shirts und andere Gimmicks dafür. Das hilft mir, dass ich monatlich weniger Arbeiten für Kunden erledigen muss und mehr Zeit am Comic verbringen kann.
Ansonsten kann man meine Comics aber auch über meinen Onlineshop auf https://punksandbanters.de kaufen oder im schon erwähnten Punkrock-Shop.
Sind ausser der Punks n´Banters Comics auch noch weitere Reihen geplant?
Ideen hätte ich… Denke aber durch meine begrenzte Zeit, versuch ich das eher in die Punks’n’Banters Story zu integrieren. Außer, ich bin wirklich eines Tages so unabhängig von Arbeit, dass ich den ganzen Tag an diversen Comics zeichnen kann.
Für wen durftest du schon Cover und Logos aus der Musikszene entwerfen?
Meine erste Band für die ich jetzt keine Werbung machen will, kannte ich selbst von den alten Schlachtrufe-Samplern, haben allerdings heutzutage einen eher zwiespältigen Ruf. Da entstanden T-Shirt Motive und ein Animationsvideo. Grauzone war damals noch nicht so ein Begriff, da es zu der Zeit noch keinen Deutschrock-Hype gab.
Mein erster Beitrag für ein CD-Cover dürfte für eine österreichische Rockabillyband namen „The Burning Aces“ gewesen sein. Relativ zeitgleich war dann auch „Wärters schlEchte“ mit „No Time For No Future“. Nuggele hat zwar selbst noch ein paar Farbanpassungen gemacht und aus dem Orange ein Grau gemacht, aber ich denke, das geht trotzdem im Großen und Ganzen auf meine Kappe.
Danach kamen 2012 gleich die Dorks, für die ich dann von Tyrannoplauzus Fett bis zu „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ (ist übrigens mein Arsch) alle Designs für die Alben, T-Shirt und den größten Teil der Videos machte.
Viele CD-Designs machte ich auch für die Band „Five to Twelve“. Dann waren da noch Volldrops, Designs für den Gratis-Sampler „Pogo in der Lerderhos’n“, „Schluss mit Lustik“, „Oier Problem“, „Kontra Re“ und noch diverse Arbeiten für „Absolut Lächerlich“, „Daran Schaitertz“, „Volker Putt“, „Umluft 180“, „Tampones“, „BFK Crew“. Nein, ich hab mir die Bandnamen nicht gerade einfallen lassen!! Dann gabs noch Arbeiten für ganz kleine, lokale Bands und auch einige Flyer und Plakate für Veranstaltungen.
Respekt. Dann bist du ja doch schon für so einige unter anderem auch bekannte Bands aktiv gewesen. Wie oder wo holst du deinen kreativen Input her?
Puh, das ist schwer zu sagen… Bei Covers haben Bands natürlich oft schon eine gewisse Vorstellung, was abgebildet werden soll und wenn sie es mir erklären, bekomme ich mein eigenes Bild sehr schnell. Bei vielen meiner Arbeiten kommen Details als spontane Eingebung dazu. Wenn mir mal nichts einfallen sollte zu einer Sache, dann habe ich das im Hinterkopf und beschäftige mich gedanklich immer wieder damit. Manchmal setz ich mich auch einfach hin und beginne irgendwie und schau, wo das hinführt? Ich denke natürlich, dass mich auch immer wieder aktuelle Themen beschäftigen, die ich anschließend versuche, kreativ zu verarbeiten.
Wie sieht es mit deiner Einstellung zu Homophobie und Sexismus aus? Da warst du doch auch künstlerisch aktiv, oder? Gibt es hier ein Umdenken bei dir zur Szene vor 10-15 Jahren?
Es war mir eigentlich schon immer egal, wer wen liebt und ich denke, dass sollte auch so sein. Aber wenn ich irgendwo in der Öffentlichkeit bemerke, dass jemand homophob ist, dann mach ich mir gern den Spaß und nehme den Platz eines Homosexuellen ein. Also die meisten in Kneipen oder so äußern sich ja nur dann homophob, wenn keine schwule Person da ist. Die sind dann auch oft peinlich berührt, wenn ich mich „oute“ oder haben plötzlich Angst vor mir, weil sie es bei mir nicht „erwartet“ hätten. Natürlich werden direkt angegriffene Homosexuelle von mir verteidigt und da mach ich mein „Outingspiel“ nicht. Aber so richtig verteidigen musste ich wegen Homophobie eh noch niemand bis jetzt.
Sexismus ist für mich dann schon komplizierter. Ich habe schon eine Beziehung mit einer strengen Feministin hinter mir, in deren Nähe ich nichtmal andere Frauen ansehen durfte und ich machte mir Gedanken, wie ich meinen Kopf drehe, dass es ja nicht so aussieht als würd ich eine andere Frau anschauen. Aus dieser Zeit kenne ich aber auch viele Riot Grrrl Bands (ich bin großer Fan von Bikini Kill, L7, Sleater Kinney) und es gab oft interessante Diskussionen über das Bild der Frau in Medien und Kunst oder wie triebgesteuert Männer wirklich sind? Ich setzte mich mit der Attentäterin auf Andy Warhol – Valerie Solanas – auseinander und wir hatten auch ein Abo der EMMA, welche ich auch als junger Punk las. Diese Richtung fand ich aber irgendwann für mich auch nicht mehr ganz so gesund.
Auf der anderen Seite ist dann aber dieses derbe Prollgehabe in der Punkszene, welches mich ebenfalls sehr nervt. Ich kann verstehen, warum sich Frauen auf manchen Konzerten oder Lokalen nicht wohl fühlen und verstehe warum bei manchen Riot Grrrl Konzerten Männer nicht erwünscht/erlaubt waren: Damit auch Frauen mal ungehindert pogen können und nicht mit dem Mackertum der Männer mithalten müssen.
Trotzdem finde ich muss man da eine gewisse Balance hinbekommen und man darf auch nicht zu dogmatisch an die Sache rangehen. Vielleicht darf man mal über einen sexistischen Witz lachen. Ich lache auch über gute Witze die sich gegen Männer richten. Oder ich finde, man kann das auch akzeptieren, auf der Bühne nicht sein Shirt auszuziehen (auch wenn das manchmal verdammt heiß und stickig werden kann unter den Scheinwerfern). Und auch ich habe als Single schon versucht auf Konzerten zu flirten. Das sollte hoffentlich okay sein, ich kann es aber verstehen, dass das nervt, wenn man schon der Fünfte an dem Abend war. Ich denk aber auch, da kommt es stark auf die Art des Flirtversuchs an. Und wo sollte man denn sonst jemand kennenlernen? Auf Facebook oder Tinder?
Andererseits habe ich auf Konzerten zu späterer Stunde oft ein wenig schlafende Menschen im Blick, speziell die Leute die sich bei denen in der Nähe aufhalten und unerlaubt grabschen könnten. In der Szene sollte man halt auf sich untereinander aufpassen.
Ich sehe aber auch, dass Frauen auf Veranstaltungen wirklich eine größere Rolle spielen müssen! Leider sind das oft die Zuverlässigeren und sitzen deshalb an der Kasse oder kochen für die Bands oder machen sonst irgendwas Organisatorisches, damit sich die Typen aus der Location ungehindert besaufen können. Das muss sich ändern und die Geschlechterrollen müssen gleichberechtigt die Aufgaben übernehmen… Da fühl ich mich aber jetzt auch selbst angesprochen.
Selten sieht man Frauen auf der Bühne und da zählt dann leider meistens auch nur, ob sie gut aussehen? Da können sie noch so gut ihr Instrument spielen oder singen.
Somit frag ich mich oft, ob Frauen einfach wirklich keinen Bock mehr drauf haben, sich mit der Szene auseinanderzusetzen?
Wie kommst du mit deiner Einstellung im tiefsten Bayern zurecht? Ist da eine Akzeptanz inzwischen vorhanden oder musst du dich da noch immer durchkämpfen?
Also ich werd schon mal schief angeschaut, weil ich Irrer kein Fleisch esse und am Sonntag geh ich auch nicht in die Kirche. Solche Themen kommen am Land schon noch auf in Gesprächen. Komische Blicke, weil ich Punk bin, ist eher selten geworden, aber auch weil ich nicht mehr mit zerrissenen Klamotten, benieteter Lederjacke und gefärbtem Iro rumlaufe. Mit meinem „Kein Bock auf Nazis“ Shirt fall ich da noch manchmal auf. Es kann aber auch sein, dass ich das einfach nicht mehr bemerke, weil es mir schon immer egal war, was fremde Leute von mir halten.
Früher gabs noch mehr Ärger mit Polizei und Faschos. Die Polizisten hielten mich mindestens einmal im Monat auf für eine Personalienkontrolle oder durchsuchten mich nach Drogen und wenn man am Stadtbrunnen rumhängte kam auch sicher irgendwann der ein oder andere Nazi vorbei.
Aber heutzutage erkennt man ja die Nazis nicht mehr zwischen den ganzen AfD-Wählern und besorgten Bürgern heraus… Diese Akzeptanz ist ein größeres Problem.
Du erwähntest oben, dass du irgendwann von deiner Kunst bzw. deinen Comics leben möchtest. Kann man in der heutigen Zeit überhaupt noch von Kunst leben und wenn wie?
Ich glaube, es kommt darauf an, für wen und welche Art von Kunst man macht. Mit meinem Punkcomic werd ich nicht so leicht im Mainstream erfolgreich werden und Punks haben oft nicht viel Geld um Kunst zu unterstützen. Somit habe ich eine wenig zahlungsfreudige Nische mit meinem Comic. Jetzt bin ich noch dazu keine Band, die am Wochenende Gigs spielt, sondern sitze zu Hause in meinem Kämmerlein – da hab ich nur die Möglichkeit, mich beim Zeichnen zu streamen.
Aber die Möglichkeiten Kunst zu unterstützen ist heute durch Internetplattformen wie Steady, Patreon, Paypal oder durch einen eigenen Onlineshop einfacher denn je. Leider muss man aber dafür auch aufdringlicher sein und die Leute ständig dazu animieren, einen zu unterstützen.
An dieser Stelle aber schon einmal einen recht lieben Dank an meine Steady-Supporter. Durch deren monatlichen Support ist es mir schon möglich fast 3 Tage im Monat nur für meine Kunst zu benutzen.
Wenn du die Möglichkeit hättest, mit einer Künstlerin / einem Künstler ein gemeinsames Werk zu erstellen, wer wäre das und warum?
Mal überlegen… Im Comicbereich wäre es ganz sicher Jamie Hewlett. Der Zeichner u.a. von Tank Girl und Gorillaz. Ich denke, dass das ein sehr kreativer Mensch ist mit einem interessanten Charakter.
Aber im Bereich Musik tu ich mir gerade schwer, weil es viel zu viele Musiker gäbe, für die ich gern mal was machen würde. Gern darf sich jede Punkband bei mir melden. Sehr schätze ich auch die Werke von Amanda Palmer, the Cure, Conor Oberst, Tim Kasher und denk mir sogar, dass eine Zusammenarbeit mit Billie Eilish oder Machine Gun Kelly Spaß machen würde.
Dennoch glaube ich, dass diese Zusammenarbeiten eher unspektakulär ablaufen würden: Jemand würde mich beauftragen und warten, bis ich mit dem Design fertig bin. Vielleicht gebe ich mal 1-2 Zwischenschritte durch, ob das Design eh in die richtige Richtung verläuft? Am Ende vielleicht ne fette Releaseparty, wo ich mich abschießen kann und es am nächsten Tag heftig verkatert bereu…
So, zum Ende des Interviews willst du doch sicher noch ein paar Worte deinerseits los werden. Dann mal los:
Puh… Ich komm mir vor als hätt ich eh schon meine Lebensgeschichte erzählt…
Supportet meine Arbeit auf https://steadyhq.com/donaldpunk
Und danke für’s Lesen!