Wenn der Postbote klingelt und mich nicht fragt, ob ich ein Paket für die Nachbar*innen annehmen würde, dann kann das nur heißen, dass neue Musik eingetroffen ist. Also nehme ich, in freudiger Erwartung, “Mechanisms of Maximalism” von Vincent von Flieger entgegen. Sogleich stellt sich mir die elementare Frage: Zuerst Kaffee kaufen, oder erst ins Album reinhören? Wer mich kennt wird sich wundern, aber ich entschied mich tatsächlich für letzteres. Und schon die ersten beiden Songs “Lava” & “Glow” sagte mir, dass meine Entscheidung genau richtig war.
the glow in the morning gives us room to grow in
Die Musik strahlt über das gesamte Album eine Leichtigkeit aus, die einen durch den Tag trägt und zugleich ist der Sound wahnsinnig intensiv und durchdringend. Kurz gesagt: einfach und hervorragend komponiert.
Zugleich beweist Vincent von Flieger, dass auch Popmusik politisch sein kann. Inhaltlich bildet er aktuelle Themen, wie die Überforderung durch stetigen medialen Konsum und Digitalisierung ab, aber auch ein absurdes Streben nach mehr und die Klimakrise. Letzteres freut mich besonders, da ich persönlich der Meinung bin, dass Kunst und Kultur relevant sind um die Thematik zu transportieren. Vielen Dank Vincent von Flieger dafür.
Zu hören und zu sehen ist das unter anderem im Song “Alien”. Das Video, welches in Kooperation mit Greenpeace entstand, zeigt durch eindrückliche Aufnahmen die schon heutigen Auswirkungen der Klimakrise.
Textlich ist allen Songs gemein, dass sie den Struggle unserer Zeit nicht moralisch überhöht darstellen, sondern zutiefst menschlich. Hadern, Zweifel, Zuversicht ganz persönlich und doch das gesamte und gesellschaftliche einbeziehend. Nie einfach plakativ, sondern emotional adaptiert, in den Zeilen mitschwingend, zuhörend fordernd. Das dies gelingt liegt auch an der musikalischen Inszenierung, die mal simpel und reduzierter ist, mal ist eine breite Klanginstallation aufgebaut, wie in “Salt” oder dem intensiv berührenden “Statue”.
Erschienen ist “Mechanisms of Maximalism” als schwarzes Vinyl, am 23.06. auf Ghost Palace. Kaufen könnt ihr es unter anderem hier, oder im gut sortierten Plattenladen! Und ich finde, dass sollte mensch auf jeden Fall machen.