In unserer Reihe Vinylkeks4Nepal lassen wir die Bands und Unterstützer:innen der beiden Benefiz Vinyl Sampler “Help4Nepal Vol.1“ und “Help4Nepal Vol.2 – United We Stand” zu Wort kommen. (Können hier käuflich erworben werden) Die Sampler waren zunächst als Nebenprojekt des The Madness Pogo Festivals entstanden. Zwischenzeitlich wurde daraus ein eigenständiges Projekt: Das Child8Project. In Kooperation mit STELP e.V. Stuttgart wird mit dem Erlös der Sampler Geld für den Bau einer Schule und eines Wassersystem in Kathmandu / Nepal gesammelt. Detailliertere Informationen zu dem Projekt findet ihr außerdem hier im Interview mit Sascha, einem der Hauptinitiatoren.
In der heutigen Ausgabe haben wir mit Micha Benjamin gesprochen, der uns unter anderem etwas über die Open Mic Sessions erzählt, die er wöchentlich in der Kneipe Tankstelle in Köln veranstaltet, über die Entstehung seiner Songs und natürlich über die Teilnahme am Help4Nepal Benefiz Sampler. Am Ende des Interviews findet ihr außerdem zwei kreative Spotify Playlists mit Songs der,äh, anspruchsvolleren Art, also Augen und Ohren auf, jetzt geht’s los:
Hi Micha, erzähl uns doch erstmal ein bisschen etwas über Dich, für die Leser, die Dich noch nicht kennen: Woher kommst Du, wie lange machst Du schon Musik, was machst Du aktuell – bist Du ausschließlich solo und akustisch unterwegs oder gibt es Dich auch mit Band?
Hi Nathalie, ich komme aus Pulheim bei Köln und habe mit 18 angefangen Gitarre zu spielen und Songs zu schreiben, das meiste in Richtung Punk und Ska. Bis vor ein paar Jahren hatte ich immer eine feste Band, bin aber mittlerweile meistens Solo unterwegs. Wobei ich dann auch oft in Band-Besetzung spiele, die allerdings meistens recht zusammengewürfelt ist. 😀 Wenn ein Konzert ansteht, frag ich bei meinen Kumpels nach, wer Zeit und Bock hat, und dann proben wir ‘n bisschen, damit’s beim Konzert nicht zu viel Verwirrung gibt. Mit einigen Leuten spiele ich auch fast jede Woche beim “Open Mic”, das ich in der Kneipe Tankstelle in Köln seit 9 Jahren jeden Donnerstag organisiere. Das kann man auch schon fast als Probe bezeichnen. Meine Songs habe ich fast alle extra für so was geschrieben, so dass die ziemlich einfach zu lernen sind. Beim Schreiben denke ich mir oft: Selbst ein totaler Anfänger sollte meine Songs nach einem Jahr üben spielen können. 😀
Na dann setz’ ich mich jetzt mal hin, haha…Was hat es genau mit der “Musik – Tankstelle” auf sich? Mit welchen Kraftstoffen können wir uns dort betanken lassen?
Die “Musik-Tankstelle” habe ich während dem ersten Corona-Lockdown ins Leben gerufen. Da das Open Mic, das ich jede Woche veranstalte ja nicht mehr stattfinden konnte, habe ich das Ganze einfach online umgesetzt, weil ich schon nach ein paar Tagen die Musik und die Leute vermisst habe. So konnten wir jeden Donnerstag weiter gemütlich zusammen Musik machen, Musik hören, quatschen und trinken. Das waren echt lustige Abende. Und weil alle eh zuhaus’ rumhängen mussten, war’s echt immer eine bunte Mischung an Musikern. Die Folgen gibt’s glaub ich auch noch alle hier bei Youtube, soweit sie nicht wegen Copyright-Beschwerden gelöscht wurden.
Als die Kneipen dann endlich wieder aufgemacht haben, ging es dann aber auch sofort wieder weiter mit dem Open Mic in der Kneipe Tankstelle in Köln, und die Online-Version war nicht mehr nötig.
Ach ja, und in der Kneipe Tankstelle in Köln (Kyffhäuser Straße) gibt’s neben Gaffel-Kölsch und den üblichen anderen Biersorten auch ‘ne Menge belgische Biere und einen sehr leckeren hausgemachten Mexikaner.
Das klingt, als sollte man da mal vorbeischauen 😉 Du hast, wie viele Deiner Musikerkolleg:innen mitten in der Pandemie Dein Album “Endwarnung” veröffentlicht. Gibt es das Album auf einem Tonträger oder ausschließlich in digitaler Form und worum geht es in dem Album inhaltlich? Wie war es für Dich, das Album dann nicht gleich Live unter die Leute bringen zu können?
Bisher gibt’s das Album nur online. Aber ich hab schon Bock das ganze auch noch mal als Tonträger und mit ein paar Merch-Sachen rauszubringen. Wann ich das tatsächlich mache, weiß ich aber noch nicht. Spätestens, wenn genug Leute danach fragen. 😀
Und wegen Live spielen: Da ich nicht so viel live spiele, und wenn, dann immer mit einer etwas zusammen gewürfelten Band, schleichen sich neue Songs meistens bei meinen Auftritten beim Open Mic ein. Und ehrlich gesagt muss ich jedes mal erst heftig überlegen, wie ich die Songs von meinen Alben überhaupt spiele. Ganz viele Songs entstehen bei mir im Studio, wo ich dann alles auch direkt aufnehme – meistens alles an einem Tag und danach fass’ ich den Song meistens nicht mehr an. Und wenn ich ein Lied dann irgendwann live spielen will, muss ich erst wieder heraus finden, was ich da aufgenommen habe und wie ich das live umsetzen kann. 😀
Auf diese Weise lernst Du Deine Songs also immer neu kennen…Im Sommer konntest Du ja schon ein paar Konzerte spielen. Wie hat sich das angefühlt? Warst Du aufgeregter als sonst und wie war die Stimmung im Publikum?
Im Sommer hab’ ich unter anderem wieder im Sonic Ballroom in Köln ein Akustik-Set im Biergarten gespielt, und das war natürlich wie immer ein enormes Fest! Einfach weil ich den Laden und die Leute da liebe und super viele Freunde und Bekannte da waren. Vom Soundcheck bis zum Ladenschluss einfach ein großartiger Abend! Ich glaub’ die Leute fanden’s auch gut 😀 😀 Enorm nervös bin ich eigentlich sehr selten. Ich würd eher sagen, ich bin gespannt, was passiert.
Da wäre ich auch gern dabei gewesen…Du hast zum aktuellen Help4Nepal Sampler Deinen Song “Galgenhumor” beigesteuert. Gibt es einen Grund, warum genau diesen Song?
Der Bela hat mich glaub ich nach zwei oder drei Vorschlägen gefragt, und “Galgenhumor” war einer davon. Den hat dann Bela ausgesucht. Und Galgenhumor passt eigentlich fast immer, damit man die Energie hat, um trotz allem möglichen Scheiß weiterzumachen.
Oh ja, da stimme ich Dir voll und ganz zu. Hast Du Dich vor Deiner Teilnahme am Projekt schon mal mit der Lage in Nepal befasst? Corona hat Nepal stark zugesetzt und die Lage dort noch zusätzlich verschärft. Uns geht es hier vergleichsweise wirklich sehr gut. Siehst Du es als gesellschaftliche Verpflichtung, solche Projekte zu unterstützen und unsere Privilegien zu nutzen?
Klar hab ich von den Problemen in Nepal gehört. Meine Verlobte kennt sich da aber besser aus und war auch schon in der Gegend. Und natürlich besteht eine gesellschaftliche Verpflichtung da, und auch an vielen anderen Stellen, zu helfen. Ich wünschte ich hätte einen Plan, wie das am besten geht, außer mit so kleinen Dingen, die jeder macht, wie spenden oder das Problem ansprechen. Deshalb bin ich auch so beeindruckt, wenn Leute sowas wie den Sampler so großartig durchziehen! Großes Kompliment dafür nochmal ganz ausdrücklich!!
Das gebe ich gerne so weiter! Aus meiner Interviewreihe “MusInclusion” habe ich eine Frage von Lisa & David von Sit’n’Skate mitgenommen, die ich in dieser Interviewreihe als “Kernfrage” allen Bands oder Künstler:innen stelle, da ich denke, dass diesem wichtigen Thema bisher viel zu wenig Platz in der Szene eingeräumt wurde: Weißt Du darüber, dass es Venues in Deutschland gibt, in denen Menschen mit Behinderung (in diesem Fall Rollstuhlfahrer:innen) kein Einlass gewährt wird (Begründung z.B. Brandschutz), d.h., dass sie vielleicht auch Deine Konzerte nicht besuchen können? Hast Du Dich schon mal mit dem Thema Ableismus (=Diskriminierung von Menschen mit Behinderung) in der Musikszene auseinandergesetzt?
Mir war bisher nicht bewusst, dass da echt noch so viel ausgegrenzt wird. Wir haben bisher Rollis selbst in den kleinsten Keller-Laden mit Wendeltreppe runtergebracht und auf Festivals durch den Schlamm geschoben. Ich habe kurz überlegt, ob das Argument “Brandschutz” zählt, aber würde sagen: Nein. Denn wenn z. B. jemand ohnmächtig wird, muss die Person ja auch irgendwie geborgen werden können, was nicht aufwändiger ist, als Rollifahrer rauszubringen. Bisher hatte ich höchstens das Problem, wie bekommen wir den Rolli da rein, aber noch nicht das Problem, dass der Rolli nicht darf.
Ja, Deine Argumentation klingt total schlüssig, wie ich finde. Ich liebe Tapes – und deswegen wünsche ich mir von jeder Band, ganz uneigennützig, eine Mixtape Playlist (5-10 Songs). Von Dir hätte ich gerne eine Playlist mit dem Titel “Einmal Volltanken Bitte!”
Hihi, da musste ich mich jetzt aber echt zusammenreißen, dass ich dir nicht einfach nur eine Playlist mit lauter Ballermann-Sauf-Songs, die ich geschrieben habe, rüberschicke. 😀 😀
Einmal volltanken Bitte – für Nathalie (2)
Aber hier mal ein mit besseren Songs: 😉
Einmal volltanken Bitte – für Nathalie (1)
- The Cloverhearts – Drinking Songs
- Die Lokalmatadore – El Lokalmatador
- Hildegard Knef – Nichts haut mich um
- Element of crime – Kaffee und Karin
- Bugatti Boi$*innen – Durst auf Wurst
- Micha Benjamin – Hey sag mal du
- Die Kassierer – Habe Brille
Großartig, vielen lieben Dank für die Playlist und das Interview, Alles Gute Dir für die nächste Zeit!