Musik und Literatur. Literatur und Musik. Beides sind meine Leidenschaften. Wenn ich nicht Musik höre, dann lese ich. Kann ich nicht lesen, höre ich Musik. Lesen und Musik hören geht aber auch zeitgleich.
Ein wundervoller Verlag, der diese beiden Leidenschaften oft zusammenbringt ist der Heyne Hardcore Verlag mit Sitz in München. Lemmy, Billy Bragg, Beastie Boys, die Ramones, Bela B. -eine kleine Auswahl an Künstlern, deren literarisches Schaffen bei Heyne Hardcore ein Zuhause fand. Verantwortlich für diese famose Auswahl ist Verlagsleiter Markus Naegele, der nicht nur bei Literatur anderer den richtigen Riecher hat, sondern auch durch selbstgemachte Musik Aufmerksamkeit erregt: Fuck Yeah sind eine Indie-Rock Band, die man schlecht googeln kann, aber richtig gut sind. Mit Don Marco und die die kleine Freiheit hat er ein neues Projekt am Start, die erste Single macht Lust auf mehr(check it out here!)
Ich freue mich sehr, dass er sich sofort bereit erklärt hat seine kleine Sünde hier vorzustellen. Here we go:
Hallo Markus,
Schön, dass du bei Vinylsünde dabei bist.
Dann lass mal die Katze aus dem Sack. Welche Platte in deiner Sammlung ist eine Sünde und warum? Wie bist du in ihren Besitz gekommen und warum hast du sie immer noch in deiner Sammlung? Hängen da doch noch Emotionen dran? Ich bin gespannt…
Der 30.4.1977. Als 10-Jähriger sitze ich vor dem Fernseher, als mich die Bay City Rollers in Ilja Richters Disco in ihren Bann ziehen wie Jahrzehnte zuvor Millionen Kids auf der Welt Elvis Presley und die Beatles. „Rock’n’Roll Love Letter“ heißt der Song, der für mich eine neue Welt eröffnet, die Welt der Popmusik. Die elterliche Plattensammlung beschränkt sich zu dem Zeitpunkt auf die Les Humphrey Singers, James Last und Neil Diamond, da sind die fünf jungen Schotten in den schicken Tartan-Klamotten eine andere Nummer. Und der Song „fetzt“. Jahre später erst erfahre ich, dass er von dem Gitarristen und Songwriter Tim Moore komponiert wurde, der tatsächlich wegen genau dieser Nummer sogar bei den Rolling Stones als Gitarrist im Gespräch war. Keith Richards mochte die Nummer und lud Moore zu einigen Sessions ein. Aber zurück zu den Rollers. Inmitten der Glamrock-Welle der mittleren Siebziger waren sie so etwas wie die erste echte Boyband-Sensation. Die Mädchen schwärmten von Les, Woody, Eric, Ian und Derek und kreischten wie zehn Jahre zuvor bei den Beatles. Die Jungs in der Klasse standen auf Sweet und Slade, ich wurde ob meiner Zuneigung für BCR gehänselt. Mir war das egal.
In Bravo und Pop/Rocky, die ich mir heimlich kaufte, gab es Fotos, bloß die Musik konnte ich nicht weiter hören, wir reden von der Zeit vor Walkman, Internet, Spotify und YouTube. Als ich die elterliche Kompaktanlage erbe, sehe ich meine Chance. Meine erste Platte muss her. Ich schnappe mir all mein mühsam erspartes Taschengeld und gehe mit der Mutter beim örtlichen Toom-Markt in Dietzenbach zum einzigen Plattenladen der Gegend. Im Schaufenster hängt ein Album der Bay City Rollers. Für stolze 19,90 Mark wechselt es den Besitzer. Zuhause dann der große Moment. Die erste Platte wird aufgelegt. Und der Moment der großen Enttäuschung. Kein „Rock’n’Roll Love Letter“, keiner der anderen großen Hits, die zu der Zeit regelmäßig bei Ilja Richter laufen. Ich hatte eine eilig zusammengestellte Compilation eher unbekannter Songs erwischt. Bitter! Mein Freund Uwe hingegen besaß die Scheibe mit all den Hits – „Dedication“. Einige Jahre später sollte auch sie endlich in meinen Besitz übergehen. Platten kamen und gingen, „Dedication“ steht weiter treu vor den Beach Boys und den Beatles im Regal. Jahrzehnte später sollte ich in meinem Job als Buchverleger dann tatsächlich die Autobiografie von Les McKeown, dem Sänger der Bay City Rollers, veröffentlichen und Les auch treffen. Aus der geplanten gemeinsamen Lesereise wurde leider nichts, immerhin signierte er mir das Album. Und für das im Januar 2021 erscheinende Album meines neuen Musikprojekts Don Marco & die kleine Freiheit nahm ich eine akustische Coverversion von „Rock’n’Roll Love Letter“ auf. So schließt sich der Kreis.
Markus „Don Marco“ Naegele