2001. Strung Out spielen im restlos ausverkauften Club Vaudeville in Lindau. Das dürften dann so rund 800 Nasen sein. Volles Programm. Bier, Stage diving, kurz dem Gitarristen ins Ohr geschrien wie geil die sind und wieder ab. Am nächsten Tag dann Schule, aber egal. Heute ist Punk Rock. Rund zehn Jahre später. Strung Out spielen bei uns im Juha West in Stuttgart. Circa 70 zahlende Gäste an der Abendkasse, die VVKs nicht der Rede wert. Die Band gibt aber trotzdem (noch) alles und zeigt sich auch als über und über dankbar für das gute Catering und all das Drumherum. Sehr sympathisch. Und am nächsten Tag ist diesmal ausschlafen angesagt. Warum erzähl’ ich euch das? Nun, spätestens ab dem zweiten Song auf “Diffuse”, dem neuesten Werk des Trios Waterweed aus Osaka, ist der Vergleich zur obig angeführten FatWreck-Institution nicht mehr zu leugnen, ja drängt sich geradezu auf. Und dann wünscht man Waterweed auch direkt, dass sie doch lieber Konzerte der Marke Lindau spielen mögen, obwohl man doch schon weiß, dass es dann wohl eher die Marke Stuttgart werden, bzw. bleiben wird. Auch wenn das derzeit wohl für jede Band schon mehr als genug wäre und auch wenn der Melodycore wieder im Kommen zu sein scheint, so werden vermutlich nicht mehr die Massen bewegt wie früher.
Trends wiederholen sich zwar, doch für wie viele? Umso schöner, dass Waterweed hier so tun, als ob es nie was anderes gegeben hätte. In einer unglaublichen Leichtigkeit und Authentizität prügeln sie sich auf “Diffuse” durch 13 Kracher. Dabei werden Melodien gestreut, mit der Gitarre, mit dem Gesang,… das reicht anderswo für ‘ne ganze Bandkarriere. Spitzenmäßig, ich sag’s euch! Aber warum eigentlich der Vergleich ausgerechnet mit Strung Out? Nun, diese nahmen neben mitunter dann doch ganz viel Einheitsbrei im FatWreck-Kosmos für mich immer so ein bisschen eine Sonderstellung ein, mischten sie ihrer CaliPunk-Variante doch gerne eine gesunde Brise Metal bei. Musste mich zwischendurch auch wundern, warum Fat Mike sie als bekennender Metalhasser sie wieder und wieder releaste, während er Propagandhi ab “Supporting Caste” genau deshalb nicht mehr machen wollte. Egal. Waterweed hauchen ihren Melodycore jedenfalls auch gerne etwas metallisch an. Das gefällt durchaus. Zudem macht es Sinn, dass sie mit dem englischen Label Lockjaw Records ihre Labelheimat gefunden haben. Hatte erst kürzlich die Drones (ebenfalls auf Lockjaw Records zuhause) auf dem Plattenspieler. Mit denen verbindet Waterweed neben dem Hang zur Melodie auch der Hang zur Melancholie. Und somit haben wir gar alle Elemente des Waterweed‘schen Soundkosmos benannt. Hätte ich nun noch drei Wünsche frei, so würde ich gerne Strung Out nochmal im Vaudeville erleben, mir wünschen, dass meine müden Knochen das auch unbeschadet überstehen und drittens, dass Waterweed im Vorprogramm spielen und somit mindestens dieses eine mal vor der Crowd spielen würden, die ihnen sowieso zustehen sollte.
Gaaaanz kurz noch zum Artwork: Blumenkopf in Schlips und Kragen. Nicht unbedingt szenetypisch, aber deswegen noch lange nicht doof. Sämtliche Texte gibt’s auf Japanisch und Englisch auf der bedruckten Innenhülle. Leider nur spärliche Linernotes, aber die Musik spricht eh für sich. Obertipp für alle, die damals die Punk-o-Rama Samplerreihe gesammelt haben! Schaut mal hier.