Egal wie oft ich an einer U-Bahnstation schon ausgestiegen bin, jedes mal, wenn ich die U-Bahn Station verlasse nehme ich den falschen Ausgang. Auch wenn ich mir noch so sicher bin, dass ich DIESESMAL den richtigen gewählt habe, oder wenn ich versuche mich selber auszutricksen – wenn ich mir so sicher bin das dieser Ausgang der richtige ist, dann nehm ich mal besser den anderen – klappt das auf jeden Fall nicht. Also wenn ihr an irgendeiner U-Bahn Station oberirdisch einen herauskommenden Menschen seht, der fluchend über sich selbst den Kopf schüttelt, dann bin das vermutlich ich.
So jetzt aber zur Review, ich lege also mit diesem an irgendeiner U-Bahnstation verlorenen Hirn diese Platte auf, die die oberste in einem Stapel neuem Materials war und ich achte so gar nicht darauf was, oder wen ich da auf dem Teller platzierte, aber ich war mir total sicher das ordentlich lautstarker Alternativ-Rock aus den Boxen kommen würde. Tja, was soll ich sagen – falscher Ausgang. Zu hören war etwas, was mich im ersten Moment total an Beatles-Blues erinnert. Vor schreck hat’s mich fast vom Küchenstuhl gehauen, sehr zum Vergnügen der minderjährigen Mithörer*innen. Bei denen kommt das Album leider nicht so gut an, liegt aber sicher an altersbedingten Abgrenzungsmechanismen, weil ich find’s toll, trotz oder auf Grund des denkwürdigen Beziehungsbeginn.
Natürlich passt Wired Ways zu obiger Geschichte wie _______(was auch immer, denkt euch was aus) und auch der Opener, dass hab ich aber erst gerade im Schreiben gemerkt. Hirn – U-Bahn-Lost, ich sollte das KVB-Fundbüro aufsuchen.
So, was euch mit dem Opener “Ticket Tally Man” erwartet, da habt ihr jetzt schon mal eine Ahnung. Im weiteren Verlauf bleibt der 60er/70er Sound prägendes Element und wird angereichert mit Elementen aus Prog-Rock, wie besonders im Zwischenspiel bei “Peacock On The Highway” zu hören ist, Psychodelic, Weltmusik und poppigen Melodien. Alle Songs sind breit orchestriert ohne überladen zu klingen. Die Songlänge zwischen rund 3:30 und 6.30 bietet ja ausreichend platz. Songs wie “Mosquitoes” starten intimer und ruhiger eh er im Refrain wieder an Tempo aufnimmt und die Melodie poppiger wird, wodurch ein angenehmes Spannungsfeld entsteht. Psychodelic ist ausgiebig in “Another Sad Man” zu hören.
Dieses zeitlose, ungewöhnliche(?!) und vielseitige Selftitled Album Wired Ways entstand im Kollektiv von rund 40 Musiker*innen, die ihren unterschiedlichen Background in dieses Projekt einbrachten. Alles unter Federführung von Richard Schaeffer, der auch für die Texte verantwortlich ist, und Dennis Rux, den Gesang hat Jean-Michael Brinksmeier beigesteuert.
Inhaltlich werden Geschichten erzählt, intimes transportiert und ins gesellschaftliche transferiert. Die Songtexte findet ihr auf der Innenhülle, nebst den Namen aller Mitwirkenden. Was als Studioprojekt angemacht ist wird aber auch live erlebbar sein, u.a. auf der “Night of the Prog”.
Erschienen ist die Platte bereits am 9.September 2022 via Waterfall Records und zu erwerben dort wie hier.