Schon seit einer ganzen Weile versuche ich Bimmi, Sängerin der Power Runkpock Band The Melmacs aus Leipzig für eine Vinylsünde zu kontaktieren. Und wie das so ist in den unendlichen Weiten von Social Media, verpasst man sich mal hier und mal da. Doch jetzt hat es geklappt und bevor ihr von Bimmi vielleicht auch mal bei Frauen im Musikbusiness lesen werdet, stellt sie uns hier ihre Vinylsünde vor. Los geht’s:
Bei mir tummeln sich viele neue Kracher von Überfliegern wie Amyl & The Sniffers, Giuda, The Baboon Show, Steve Adamyk Band, Wyldlife, The Briefs und Co. Aber auch alte Scheibchen von Rudi, den Buzzcocks, Kinks, Bay City Rollers oder The Boys, die ich immer mal in UK gesucht, irgendwann gefunden und adoptiert habe. Ja, ok, ok. Das war bevor ich auf Discogs hängen geblieben bin. Eine Platte im echten Leben durch Wühlen, Zufall und krimimäßiges Ermittlungsgeschick zu finden ist aber generell sweeter. Man lernt in den Plattenläden der Welt super liebe Leute kennen, die meistens gleich noch Konzert-Dates rüberschieben und Tipps für starke, lokale Bands haben. Manchmal gibt es sogar Espresso. Und Kuchen. Das sind mir die liebsten Läden übrigens. Jedenfalls habe ich so zum Beispiel Tipex, Mad Rollers, Gorilla Angreb, Lie Detectors oder The Speedways kennengelernt. Ein Mal war es auch ganz schlimm: Da musste ich bei 35 Grad als Zwiebel eingeschält ins Flugzeug steigen, um im Rucksack mehr Platz für meine neuen Platten zu haben. Danach habe ich mich entschieden, mehr Vinyl von lokalen Bands zu kaufen. So haben es die Pissed Ones, The Spartanics, FCKR, The Tikes oder Piefke in mein Pressholz-Expedit geschafft. Ok, ok, und weil sie gute Musik machen.
Vinylsündenpotenzial haben bei mir mehrere Platten. Wobei Sünde bei mir ein zweischneidiges Schwert ist: Das ist ganz oft peinliche Quatschmusik, die aber eigentlich auch ganz geil ist. Dazu solltet ihr vielleicht wissen, dass ich 18 Jahre lang Zwangshörerin von MDR 1 Radio Sachsen, dem Heimat- und Schlagersender schlechthin, war. Meine Eltern hören ihn jeden Morgen, weil dort die Perlen von früher gespielt werden. Mit 15 fand ich France Gall, Wencke Myhre, Peter Alexander und Co. natürlich super blöd. Doch irgendwann wendete sich das Blatt. Ich denke, Flori Silbereisen hat mir neulich in der Sauna einen Chip eingepflanzt. Anders kann ich mir die Kehrtwende nicht erklären. Jedenfalls: Mit „Zwei Apfelsinen im Haar“, „Beiß nicht gleich in jeden Apfel“ und „Die kleine Kneipe in unserer Straße“ stürme ich mittlerweile mal ganz gerne und ziemlich obstlastig mein Wohnzimmer oder diverse Feten. Manchmal ist mir das auch peinlich. Weil ich meistens auch als einzige laut und schief mitsinge. Und einmal fast mit einer Orange beworfen wurde. Aber manchmal – in den ganz hellen Momenten des Lebens – ertönt von irgendwo eine zweite Stimme, die mit einsetzt, wenn der gute Peter nachts halb 4 den Refrain schmettert.
Meine auserkorene Vinylsünde ist vom gleichen Schlager-Schlag. Und das beste: Ich habe sie gleich doppelt. Auf Bennys Smasher „Skateboard“ hat mich Henry vom Nikola Tesla nach unserem Gig in Karl-Marx-Stadt wieder gebracht. Danach habe ich einigen Leuten von der Single erzählt. Immer gut, wenn man auf Vinylsuche ist. Das Ende vom Lied: Ich habe nicht nur die gleiche Frisur wie Benny, sondern außerdem noch die Single als kostenfreie und zufällige Zugabe bei einer Discogs-Bestellung bekommen. Daran merkt man, wie heiß begehrt diese Scheibe ist. Ich habe mich gefreut und Max von den Melmacs davon erzählt als wir uns das nächste Mal sahen. Er hat laut gelacht, sich die Hand gegen die Stirn geknallt und mit der gleichen Single in der Hand, die er für mich bestellt hatte, vor meinem Kopf rumgefuchtelt.
Übrigens gebe ich unter diesen Umständen gerne eine Sünde ab! Wer Benny haben möchte, kann mir schreiben. Auf der anderen Seite ist übrigens „Daniela, was nun?“. Ein ganz guter Song, wenn man auf schlechte bis schmusige Reime steht.