Nach unserem Interview mit TOTENWALD in der letzten Ausgabe von “Frauen im Musikbusiness” gibt es heute etwas von Lea, der Frontfrau von TODESKOMMANDO ATOMSTURM aus München, zu lesen. Wie sie zur Band kam, was alles geplant wird und welche Erfahrungen Lea bereits gemacht hat, lest ihr hier im Interview! Viel Spaß und bis nächste Woche!
Hallo Lea, ich freue mich, dich in unserer Interview-Reihe begrüßen zu dürfen. Kannst du ein bisschen zur Bandgeschichte von TODESKOMMANDO ATOMSTURM erzählen? Wie seid ihr auf den genialen Namen gekommen?
Hallo Chrissi! Es freut mich sehr, dass du mich für ein Interview angefragt hast, das ist eine sehr schöne Reihe!
Zu unserer Band: Als ich zu Todeskommando kam, hatten Matze, Chrissi, Tobi und Nino (damals Bass) schon etwas länger zusammen geprobt.
Tobi und ich hatten schon vorher zusammen ein bisschen Musik gemacht, wobei ich Schlagzeug gespielt hatte. Weil ich mal ein bisschen singen ausprobieren wollte und wir uns ja eh schon lange kannten, haben wir uns im Proberaum getroffen. Die anderen kamen im Anschluss zu unserer ‘Gesangsprobe’ zum Proben und dann konnte ich natürlich schlecht abhauen. Die Münchner Szene ist sehr überschaubar, wir kannten uns alle, also bin ich geblieben. Tatsächlich habe ich anfangs sehr mit meiner Rolle gehadert. Die ‘Sängerin’ zu sein – das Klischee schlechthin! – hat mir gar nicht gefallen. Ich wollte nicht als ‘die Frontfrau’ gesehen werden, die als Aushängeschild gut funktioniert. Der Spaß an der Sache hat letztlich gesiegt, ich singe / schreie wirklich wahnsinnig gern und über die Zeit habe ich meine Rolle auf der Bühne für mich definieren können.
Um den Bandnamen ranken sich Mythen, er stand von Anfang an im Raum. Da war bestimmt Bier mit im Spiel… keine Ahnung… wer weiß das heute schon so genau… Zunächst waren wir uns auf jeden Fall uneins und unser erstes Konzert haben wir unter einem anderen Namen gespielt. Aber aus irgendeinem Grund ist ‘Todeskommando Atomsturm’ schon durchgesickert und es wurde eine Demo auf dem Konzert veranstaltet, die den Namen gefordert hat. Wir haben uns also dem öffentlichen Druck gebeugt :D.
Jetzt spielen wir schon seit über 10 Jahren zusammen, Pölle hat die Position am Bass nun auch schon über 8 Jahre inne, wir haben einige Band-Hochs und Tiefs erlebt und versuchen gerade, coronamäßig neue Songs zu schreiben.
….und was war überhaupt deine Intention mit der Musik anzufangen und warst du vorher in anderen Bands aktiv?
Irgendwie hat das mit der Musik immer mit dazu gehört. Ich habe als Teenie Schlagzeug spielen gelernt und auch in einigen Bands gespielt, die es aber leider nie aus dem Proberaum raus geschafft haben. Vielleicht hat es auch deshalb ein bisschen länger gedauert, mich mit meiner Sängerinnen-Rolle anzufreunden. In meinen Augen war ich ja Schlagzeugerin, die einfach noch nicht die richtige Band gefunden hatte! Seit gut zwei Jahren spiele ich jetzt aber Bass in einer Band, was super viel Spaß macht und ein guter ‘Ausgleich’ zum Gesang ist 🙂
Ihr habt dieses Jahr coronabedingt das Vergnügen gehabt ein bestuhltes Konzert im Olympiastadion zu spielen. Kein Ersatz für Pogo-Schweiß und Bierduschen, trotzdem ein Privileg in Zeiten wie diesen. Wie war die Erfahrung für dich?
Hach ja, das ist natürlich alles sehr unerfreulich! Ich liebe es, Konzerte zu spielen, je enger und lauter, desto besser! Es gibt keinen adäquaten Ersatz für Konzerte, für Abende in den AZs. Das Konzert an sich war absurd, traurig, aber auch ein bisschen schön. Wir haben seit langer Zeit wieder alle bekannten Gesichter auf einem Haufen gesehen, und in der Konzertreihe haben ja einige AZ-Bands im Stadion spielen dürfen. Megastark 😀
Letzten Endes hat mir der Abend aber gezeigt, wie wichtig das alles ist! Nicht nur die Musik, sondern eben alles, was damit zusammenhängt. Selbstverwaltete Strukturen zu feiern, zu stärken, zu erschaffen und zu erhalten! Sich in diesen Räumen zu bewegen, gibt mir wahnsinnig viel und fehlt ungemein!
Dieses Jahr war auf den Bühnen und Festivalwiesen leider absolut nichts los. Habt ihr währenddessen Pläne geschmiedet, neue Songs aufgenommen oder erwartet uns 2021 irgendetwas völlig anderes von euch?
Naja, wir hatten für 2020 schon ganz schön viele Konzerte ausgemacht gehabt, vor allem weil wir 2019 sowas wie eine kleine Bandpause eingelegt hatten. Viele von den Konzerten wurden kurzerhand einfach um ein Jahr verschoben. Hoffen wir also, dass sich die Situation entspannt und dass im Sommer 2021 ein bisschen was geht. Ansonsten schreiben wir gerade neue Songs, wobei natürlich auch der Probe- und Songwritingprozess neu erfunden werden musste…
Hast du persönliche Vorbilder in Sachen (Frauen)-Punkrock? Wen und warum?
Das variiert! In meiner Punkfrühphase waren die Distillers beispielsweise super wichtig. Vor ein paar Jahren haben wir mal mit Vicious Irene gespielt. Das fand ich abgefahren, was für eine magnetische Wirkung eine Crustband mit ausschließlich weiblichen Musikerinnen auf mich hatte! Da hab ich mir mal wieder eingestehen müssen, dass das Identifizierungsmoment doch mega wichtig ist. Trotz aller Aufgeklärtheit.
Was denkst du sind die Gründe dafür, dass auf den Bühnen immer noch mehr Männer als Frauen* zu sehen sind?
Ich glaube, wir sind alle Kinder dieser patriarchischen Gesellschaft und die Mechanismen haben wir von klein auf gelernt. Diese zu durchbrechen ist wahnsinnig schwer! Nur weil wir uns in einer ‘feministischen’ Szene bewegen, haben die ‘echten Jungs’ halt trotzdem von klein auf mit dem großen lauten Baggern spielen dürfen, die Mädels nicht.
Die eigentliche Frage ist glaub ich eher: Wie können wir das ändern – quasi im Nachgang? Was können wir tun, dass sich Frauen* genauso trauen auf die Bühne zu gehen und sich musikalisch auszuleben? Aber auch in Positionen hinter die Bühne, vor allem im Bereich der Technik und des Bookings zu bekommen.
In letzter Zeit tut sich da glaub ich ein bisschen was. Diese Interview-Reihe zum Beispiel gibt uns die Möglichkeit, die Probleme anzusprechen und Aufmerksamkeit zu generieren. Danke also auch an dieser Stelle 🙂
Ich für meinen Teil versuche auf meinen Konzerten Frauen* zu ermutigen, aus sich raus zu gehen, mit zu tanzen und keinen eklig-schwitzigen Platzhirsch-Pogo zuzulassen. Nach den Konzerten bekomme ich oft vor allem von Frauen* Komplimente. Das versuche ich zurückzugeben und die Personen zu ermutigen, sich auch auf die Bühne zu trauen. Es ist echt unglaublich, wie oft dann geantwortet wird, dass sie schon Lust auf Musik hätten, sich aber nicht trauen, dass sie das gar nicht richtig können, und so weiter!
Aber ist das nicht der Punk, Dinge auszuprobieren, auf die man Bock hat!? Und sich nicht wegen irgendwelchen Normvorstellungen zurückzuhalten!? Diese Hemmungen sind drin in den Köpfen und die müssen da unbedingt raus. Je mehr Frauen* auf den Bühnen zu sehen sind, desto mehr schwinden auch die Hemmungen!
Hast du als Frau im Musikbereich schon einmal negative Erfahrungen mit Sexismus oder Benachteiligung gemacht?
Als Frau machst du in jedem Bereich deines Lebens negative Erfahrungen mit Sexismus oder Benachteiligung. Da ist vor allem die Musikbranche nicht vor gefeit. Aber auch die linke Szene nicht. Die klassischen Dinge, wie dass die Leute vor dem Konzert denken, du gehörst nicht zur Band, sondern bist ‘nur die Freundin von …’ oder die ‘Komplimente’ zu deiner gar nicht so weiblichen Stimme oder das ‘du kannst ja ach so toll aus dir herausgehen, und das als Frau!’ kommen regelmäßig. Aber auch die ganz praktischen Dinge, dass zum Beispiel selten ein separater Raum zum Umziehen vorhanden ist, oder ich mich nicht Waschen kann, wenn ich spontan meine Tage bekomme, werden eigentlich nie thematisiert.
Gut, dass wir darüber sprechen!
Bezeichnest du dich als Feministin und wenn ja, was bedeutet das für dich?
Natürlich bin ich Feministin und es bedeutet alles!
Einmal selbst entscheiden: Was wäre für dich das perfekte Festival-Lineup?
Puh, es gibt so viele gute Bands!
Gibt es besondere Projekte, Bands, Labels, Kollektive oder sonst irgendwas, was du unseren Leser*innen empfehlen kannst? Willst du noch etwas loswerden, was bisher nicht zur Sprache kam?
Schaut doch mal beim All*In-Festival vorbei. Das ist eine feministische Festivalreihe aus München mit verschiedenen Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen zum Thema Frauen* vor / auf und hinter der Bühne, Konzerte, Workshops und und und.
Danke nochmal für das Interview und bis bald. Hoffentlich auf einem echten Konzert!
Ich danke dir auch für das Interview und die Anregungen, Lea! Bis bald!