Hahaha! Hab mich selten so bepisst vor Lachen! Zumindest nicht beim Lesen eines Promo-Beipackzettels. Am liebsten würde ich euch den hier copy and pasten und fertig wäre die Laube. Humoristisch, stilistisch und inhaltlich voll mein Ding, nur wäre da dann das schlechte Gewissen, das mich plagen würde. Denn wenn das geile und verantwortliche Label La Pochette Surprise aus Hamburg mir schon quasi für lau so ‘nen geilen Tonträger wie die 10-Jahre-Jubiläums 10″ der Kasseler Garage-Heroes Catch As Catch Can zur Verfügung stellt, dann sehe ich es als das Mindeste an, dass ich hier und heute auch meinen eigenen Senf dazu formuliere. “Nude” heißt das gute Stück, ist ganze vier Songs stark und stark sind die Songs an sich sowieso.
Für Garage-Songs mit teilweise über vier Minuten Spielzeit auf den ersten Blick deutlich zu lang, ist es doch ein Segen, dass man Songs anhören und nicht ansehen kann. Denn Langatmigkeit kommt hier keine auf. Jeder Song ist für sich ein Juwel, das an Irrwitz, Irrsinn und guten Ideen kaum zu übertreffen ist. Da werden Erinnerungen an die kongenialen Electric Six wach, auch wenn Catch As Catch Can ihre Speakermembranen mit einem spitzen Bleistift malträtiert zu haben scheinen, was sie deutlich rauher und ungeschliffener als die Band aus Detroit wirken lässt. Diese Legende, das mit den Bleistiften, wird ja dem Prototyp aller Garagenbands, den Kinks, angehaftet´und ja, Catch As Catch Can‘s Sound kommt dem schon ziemlich nahe.
Doch wo die Kinks sich mit einfachen Songstrukturen zufrieden gaben, wird in Kassels Garagen noch ordentlich am Ideenreichtum geschraubt. Beispiele gefällig? Nun, im Prinzip bietet “Nude” deren vier, wir beschränken uns aber mal auf zwei, ok? Da wäre zum einen der Opener “Rock Oyster”. Ein spitzenmäßiger Garage-Track wie die Los Banditos ihn nicht besser hätten schreiben können, der sich im letzten Drittel und völlig ohne Vorwarnung in ein schrabbeliges Hardcore-Punk-Monster verwandelt, das die supi Pariser Trendsetter Youth Avoiders locker in den Schatten stellt. man kommt nicht umhin, sich auf allen Ebenen köstlich zu amüsieren wie ein Fünfjähriges am Überraschungsei: Spannung, Spaß und Spiel und so. Und am Schluss wird dann mit dem eingestreuten Delfingegacker noch dem Maskottchen des Labels gehuldigt. Ein Fest und auf die nächsten zehn Jahre, liebe Catch As Catch Can!
Dann noch der hier: Song 4, der auf den verheißungsvollen Titel “C.A.C.C.K.O.R.N.R.” hört. Macht zu Beginn fast schon einen auf dicke Hose und Schwedenrock, ohne das Genre jedoch so richtig für voll zu nehmen, um dann am Ende einen zuckersüß-melancholischen Part einzubauen, der mich in der Melodie an Carly Simons Titeltrack “Nobody Does It Better” zu “James Bond – Der Spion der mich liebte” erinnert. Hach, das wär’ doch was, wenn Catch As Catch Can den nächsten Bond musikalisch umrahmen dürften. Dann aber nur geschüttelt und nicht gerührt – und der Bond wäre wohl eher eine Mischung aus Turbonegros Hank von Helvete (R.I.P.) und dem Anzug von Jerry Lee Lewis (auch R.I.P.), denn ein biederer Roger Moore mit Föhnfrisur.
Allen Hätte, Wenn’s und Aber’s zum Trotz, Catch As Catch Can sind irre, sie sind irre gut und ich freue mich sehr mit ihnen über zehn Jahre Banddasein und den Jubiläumstonträger “Nude”. Wer mitfeiern will, kann sich sein/ihr Stück Geburtstagstorte schon seit dem 16.08. bei La Pochette Surprise oder Catch As Catch Can selbst ordern.
Vielen Dank für diese geile Review! Immer wieder gerne. LPSR