Vor kurzem erschien das Tape “Where one begins and the other stops” von Oh No Noh (Review hier) und damit das Debut-Album des Projekts. Dahinter steht Markus, der E-Gitarre spielt und der dazu noch eine faszinierende Mischung aus aufgezeichneten Alltagsgeräuschen hinzufügt. Oben drauf kommen Beats und Tönen, die durch ein wahres “Klanglabor” obsoleter Technik live entstehen. Das klingt so spannend, dass wir Markus dazu ein paar Fragen stellen wollten.
Wie beschreibst du selbst die Musik, die auf deinem Debut-Album “Where one begins and the other stops” zu hören ist?
Es sind sieben Tracks, die zwischen rhythmisch/patternhaft und schwebend/flächig changieren. Ich habe sehr unterschiedliche Reaktionen dazu bekommen, manche Hörer*innen finden es sehr experimentell, manche sehr eingängig, manche sehr berührend und manche sehr kühl. Ich mag gern, dass es für mich all das gleichzeitig sein kann.
In deinen Videos sieht man, wodurch die Beats und verschiedenen Geräusche in deiner Musik entstehen. Wie und warum bist du zu deinem “Klanglabor” gekommen und woraus besteht es?
Mir schwebte schon lange ein Soloprojekt vor, das instrumental sein sollte, auch die Gitarre und das Tapedeck waren als Instrumente dafür schon klar. Aber mir fehlte noch eine rhythmische Komponente, da ich die Beats nicht „einfach nur“ über den Rechner abspielen wollte. Vor drei Jahren gab es dann den „Dadamachines Automat Toolkit“ als Kickstarter Kampagne. Also das Interface, das meine programmierten Midisignale in Strom umwandelt, und diese Hubmagneten in Bewegung versetzt. Das war so etwas wie das fehlende Glied in der Kette und die Geburtsstunde dieses Projekts.
Was fasziniert dich an obsoleter Technik und alltäglichen Geräuschen?
In meinem Setup gibt es viele Komponenten, die während eines Konzertes anders passieren können als geplant; oder negativ formuliert: schief gehen können. Das alles könnte ich natürlich vermeiden, wenn Samples einfach aus dem Rechner kämen und nicht vom Tapedeck. Aber diese kleinen Unvorhersehbarkeiten sind für mich eher inspirierend, vielleicht sogar essentiell für meine Musik. Und zu den Alltäglichen Geräuschen: Die sammle ich einfach gern als Aufnahmen und benutze sie dann zum Teil auch in meinen Stücken.
Was willst du mit deiner Musik ausdrücken oder auslösen? Was steckt dahinter?
Es gab anfangs nicht so richtig eine Intention, vielmehr einen inneren Drang, diese Dinge auszuprobieren – und den gibt’s noch immer.
Aus welchem Musikgenre kommst du ursprünglich?
Ich habe mich im Rahmen meines Studiums sehr mit Jazz beschäftigt, in mancherlei Hinsicht könnte man sagen, ich komme aus diesem Genre. Für mich fühlt es sich aber oft eher so an, als würde ich wieder zurück zu den Indie-Wurzeln kehren, die ich mit 16 hatte. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.
Auf vinyl-keks.eu besprechen wir Musik auf Vinyl und Tapes. Dein Album ist unter anderem als Kassette erschienen. Was begeistert dich an diesem Tonträger?
Es ist ein wundervoll haptischer Tonträger – Man kann Kassetten neu bespielen, kann das Band herausnehmen, zerschneiden, neu/anders zusammenkleben, und es funktioniert noch immer.
Wie reagieren die Leute im Publikum, wenn du live spielst?
Häufig kommen Leute nach Konzerten mit neuen Ideen für mein Setup. Á la „Du könntest doch auch noch eine Modelleisenbahn einbauen“ oder „Probier doch mal noch Visuals aus“. Auch wenn ich selbst recht klare Vorstellungen und Ideen habe, freut es mich, dass es die Menschen scheinbar an manchen Stellen zum Mitdenken anregt und dazu einlädt, erfinderisch zu sein.
Ich bin mir sicher, dass das Musikvideo zu deiner Single „Alba“ einige Herzen erobert hat oder noch erobern wird. Erzähl mal, wie es entstanden ist und warum du es so haben wolltest
Ich habe vor einiger Zeit die Figurentheaterspielerin Anne Brüssau kennengelernt und hatte seitdem den Wunsch, ein Musikvideo mit ihr zu machen. Ich habe ihr die Geschichte von der Kassette vorgeschlagen und wir haben das zusammen in meinem Heimstudio umgesetzt. Es war sehr aufwändig aber hat natürlich sehr viel Spaß gemacht, sich zur Abwechslung in eine Sache hineinzubegeben, die nur indirekt mit Musik zu tun hat.
Welche weiteren Pläne hast du mit dem Projekt Oh No Noh?
Seit Sommer 2020 mache ich monatlich eine kollaborative Konzertreihe mit wechselnden Gästen bei Sphere Radio. Die nächsten Folgen sind bereits geplant. Je nachdem, welche Konzertsituationen möglich sein werden, will ich natürlich bei Festivals spielen, aber vieles davon wird vermutlich erst 2022 wieder möglich sein. Ansonsten arbeite ich ständig an neuer Musik und neuen Ideen für das Live-Set.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg und Spaß noch mit deinem Projekt.