Rezensionen von LPs sind ja eh immer subjektiv, aber ich versuche zumindest, auch immer objektiv zu Bewertendes einzubauen. Heute fällt dieses mir aber besonders schwer, denn ich sitze in der Sonne. Trotz des furchtbaren Krieges und der nun schon zwei Jahre andauernden Pandemie habe ich es gewagt: Mich in ein Flugzeug gesetzt und vier Stunden später in einer vermeintlich heilen Welt wieder ausgestiegen. Warum ich euch zu Beginn der Review heute mit belanglosem Schwafeln langweile? Weil ich das Album „Look Alive!! von Early Eyes in dieser wundervollen Umgebung in Dauerschleife höre und sich diese kurzen Augenblicke der Unbefangenheit vielleicht auch im folgenden Text widerspiegeln.
Early Eyes haben im Januar 2020 einen Plattenvertrag bei Epitaph Records unterschrieben und waren bereit, mit ihrem ersten Album durchzustarten. Aber ihr wisst, was kommt. Im März noch schnell eine Single, und dann kam auch die gesamte Musikwelt zum Stillstand. Mit fortschreitendem Zwang zum Nichtstun zog sich die Band ins Studio zurück, um diese völlig neuen Gefühlen und die Wut gleich in neue Songs zu kanalisieren.
“Wir haben all diese Angst und wütende Energie genommen und sie in das Album gesteckt”, erklärt EARLY EYES-Bandleader Jake Berglove die Stimmung, die hinter ihrem neuen Album “Look Alive!” steckt. Sein Bandkollege, Gitarrist Joe Villano, stimmt dem zu: “Das Album war nicht nur ein Ausdruck all unserer Frustrationen, sondern auch eine Flucht davor.”
„Big Sigh“ eröffnet das Album mit einem flirrenden Synthie-Beat, das Schlagzeug folgt erst ab dem zweiten Refrain. Da höre ich die Wut noch gar nicht heraus, ganz im Gegenteil. Klingt funky und ist genau die Musik, die ich mir abends an der Poolbar wünsche. „Chemicals“ packt dann noch Gitarren und Trompeten drauf und setzt das erste Highlight der Platte. Es ist ein aufregende Start der zeigt, dass EARLY EYES nicht hier sind, um nach den Regeln zu spielen.
„Paresthesia“ ist wieder Synthie-Indie, allerdings mit einem überraschendem Gitarrensolo in der Mitte. „Revel Berry“ ist noch einen Tick schneller und fügt eine Brise Post-Hardcore Vocals dazu. Alles irgendwie wild durcheinander gewürfelt, das „Look Alive!“ trotzdem ganz natürlich fließt, liegt auch an der guten Produktion und dem hervorragenden Mix.
„Catch You“ verlangsamt die Dinge erneut ein wenig. Ein weiterer Synthesizer-Song, in den aber auch Akustikgitarre und Schlagzeug eingestreut sind. Auf der anderen Seite zieht „Rocket“ das Tempo gleich wieder an. Es ist ein beschwingter, sommerlicher Song, der sich perfekt zum Mittanzen eignet. Es ist der poppigste Song des Albums und könnte sogar im Radio laufen.
Early Eyes haben eine Platte voller pessimistischer Geschichten geschrieben, obwohl der Sound beschwingt und energiegeladen wirkt. Die Band ist nervös und ängstlich, was die Welt angeht, und übersetzet diese Gefühle in ein sprudelndes, glitzerndes und manchmal auch übertriebenes Gebräu aus Pop, Indie und ein wenig Alternative. Alternative-Pop also, dessen Rezeption glaube ich sehr stark von der individuellen Situation des Hörers/der Hörerrin abhängt.
Ob ich das Album im heimischen Wohnzimmer genau so feiern würde wie hier in der Sonne? bestimmt.
Macht euch auf jeden Fall einen eigenen Eindruck dieser interessanten neuen Band. Kaufen könnt ihr das Album wie immer auch bei jpc.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
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