Was gibt es Schlimmeres als den Mitmensch?
Da, da hockt er, angeödet, vor seinem bescheuerten Rechenautomat. Versucht eine extraordinäre Rezension zu schreiben, aber die ekelhaft geistreichen Fachgenoss:innen waren mal wieder schneller. Jetzt kaut er an seinem geschmacklos rot lackierten Nagel und denkt an Kindergeburtstag. Scheiße. Synonyme werden gegoogelt, recherchiert. Geistreich will er wirken, scharfsinnig, geht ja nicht um irgendein Gekritzel über Vinyl oder so ein bekacktes Tape. Sondern um Lyrik, die da zerfetzt werden will. Da kommt er nicht weit, mit seinen sich stets wiederholenden, pseudojugendlich lässigen Phrasen. Er könnte kotzen. Im Grunde hat er eh nie wirklich Bock, dämliche Reviews zu schreiben, aber die Machtposition des Nörgelfritzen turnt ihn an. Und Gier. Die Gier nach noch mehr Besitz. Mehr Platten, mehr Kassetten und -gähn – Bücher. Für die gibt’s kaum Mammon auf Ebay. Er hackt trotzdem los. Seinen literarischen Erguss teilt er dann auf seinen 666 Social Media Kanälen, wo er dann im 10-Sekunden-Takt die Likes checkt. Dem gehört jedes Kabel gezogen und um den Hals gewickelt, bis ihm der innere Kritiker aus dem Arsch springt und ihn zu Tode schmust.
Ok, zurück in vertraut einfältigem Jargon:
Im Grunde ist es ganz simpel. Dieses Buch MÜSST ihr kaufen. Erst recht, wenn ihr auf Humor in Titanic Manier steht (nicht die Schmonzette, sondern das besteste Satire-Magazin Deutschlands, ach, was sag ich der Welt!). Selbiges bereicherten die beiden Autoren des mir zugeflogenen Buches “Kritik am Mitmensch”, Ferdinand Führer und Roland van Oystern, mit der gleichnamigen Rubrik, in welcher sie schon einige dieser herrlich bitterbösen Anekdötchen zum Besten gaben. Ihr werdet in den kurzen Tiraden alle erkennen, die ihr verabscheut. Und Euch selbst. Wenn ihr die Fähigkeit zur Selbstkritik besitzt. Wenn nicht werdet ihr euch in eurer Misanthropie bestätigt fühlen. Egal wie, dieses Buch ist ein Gewinn, denn ihr werdet euch befreit fühlen. Fast also ein Self-Care-Buch. Fast also hip.
Illustriert von der Ausnahmekünstlerin Lisbert, die mit ihrem unverkennbaren Stil den Verachteten ein fratzenhaftes Gesicht verleiht. Somit auch für Mitmenschen geeignet, die nicht lesen können. Zum Beispiel für Kinder. Und Tiere. Auch für Amöben.
Und weil ich jetzt irgendwie noch den Bogen zum Rock’n’Roll schlagen muss, wir sind ja schließlich ein MUSIKmagazin, verweise ich hiermit lässig auf den unverzichtbaren Beitrag der beiden Autoren zum schwäbischen Musikkulturlandschäftle. Man munkelt, der berüchtigte Club Déjà Vu, in dem sich die beiden ihre Mitgliedschaft ergaunert haben, arbeitet derzeit an neuem Ohrenschmaus für Rhythmus Boys’n’Girls. Außerdem beglückt Ferdinand mit seinem Tonstudio Fieser Schwan Recordings alle, die eben beglückt werden wollen.
Zu Kaufen gibt es die Bibel für Menschenverächter übrigens direkt bei den Autoren (und zwar hier) oder über den Ventil Verlag (wo sonst).
Die speziell angefertigten Postkarten mit den Illustrationen aus dem Buch und umseitig aufgedrucktem Text (siehe Bildergalerie) können bei der Künstlerin selbst erworben werden (hier geht’s zu ihrer Facebookseite).
Beenden möchte ich diese poetische Meisterleistung mit meiner Lieblingsmordphantasie aus dem Buch:
“(…) Denen gehört der Saft abgelassen, aus ihren Körpern raus. Die verdorrten Leiber sollen zu Bimssteinen verarbeitet werden und auf ewig Füße bimsen.”
In diesem Sinne – Don’t hesitate, hate!