Cool, Blackmail sind zurück, wurde aber auch Zeit! So mein erster Gedanke beim Hören des Openers “Another Man’s Ruin” auf dem Album “Sonic Cure”. Und noch cooler, die schließen musikalisch wieder an “Friend Or Foe?” an, meinem Lieblingswerk unter all den Lieblingswerken der bandgewordenen Zauberkünstler aus Koblenz. Die Gedanken sind frei, die Wahrheit ist aber eine andere. Dieses Werk hier stammt nämlich von einer Band aus München namens Instrument. Es ist ihr viertes und schon bin ich gedanklich wieder auf einem ganz anderen Zug: Warum weiß ich noch nichts von den anderen drei?! Und überhaupt, warum habe ich noch nie was von der mittlerweile als Trio agierenden Post-Rock-Truppe gehört?!
Die musikalische Verwandtschaft zur Mannschaft um Kurt Ebelhäuser für mich ganz eindeutig identifiziert, ärgert mich das jetzt schon ein bisschen. Auch weil ich ja fast geneigt bin zu behaupten, dass Instrument in den härteren Momenten (meistens die instrumentalen Stellen) noch härter und in den ruhigeren Passagen (da wird dann vorzugsweise gesungen) noch eingängiger sind als die vermeintlichen Ziehväter Blackmail. Nein, nein, liebe Instrument, good old Riedinger will da keinen unnötigen Druck auf euch ausüben, die Messlatte habt ihr euch selber hoch gesetzt. “Sonic Cure” braucht nur einen Anlauf, um direkt zu zünden.
Die eben beschriebene Dynamik in den mit Gesang bestückten Songs transferieren Instrument auch in ihre instrumentalen Stücke auf der Platte. Highlight in dieser Kategorie: “Safe Travels”, das so auch unter der kalifornischen Wüstensonne hätte entstehen können. Doch wo all den Brant Bjorks, Nick Oliveris und Josh Hommes dieser Welt für meinen Geschmack allmählich die Ideen auszugehen drohen, schütteln Instrument diese geradezu unverschämt locker aus dem Ärmel. Anscheinend sei aber auch mehr als genug Zeit dafür gewesen. Ihr ahnt es schon, auch “Sonic Cure” ist ein Kind der Corona-Pandemie und diese bot nunmal allen, die sich im stillen Kämmerlein kreativ austoben wollten, die entsprechende Plattform dafür.
Wobei still? In diesem Fall eher nicht so. Hubert Steiner (Gitarre) und Markus Schäfer (Bass, Gesang, Gitarre) scheinen ihre Amps amtlich aufgerissen zu haben und Nicolas Sierig an den Drums hatte womöglich seine Müh und Not, dagegen anzustinken, was seinem leichtfüßigen und doch auch rhythmisch sehr anspruchsvollen Spiel allerdings keinen Abbruch tut. “Sonic Cure” ist laut und gehört laut gehört. Ein dynamisch-druckvolles Feuerwerk in zehn Akten. Der elfte dann, der nimmt kurz vor dem Grande Finale noch kurz das Gas vom Pedal und lässt eine*n genüßlich zurücklehnen. “A Beer And A Shot” ist die von Markus Schäfer auf der Akustikgitarre intonierte Lovestory, wie er seine Frau kennen gelernt hat. Auch toll! “Sometimes destiny is your friend and not your enemy.” Lieber Markus, da kann ich dir nur zustimmen, denn hätte mich das Schicksal nicht zum Keks verschlagen, dann würde ich deine und die Musik deiner Band immer noch nicht kennen. Und das wäre definitiv jammerschade!
Ein dicker Paukenschlag also zum Jahresende. Instrument und “Sonic Cure” machen Hoffnung auf ein – zumindest musikalisch – gutes Jahr 2023 für alle, die auf einen Sound zwischen Mogwai, Envy, den genannten Blackmail und der kalifornischen Wüste stehen. Das Artwork absolut schlicht, lässt die verdunkelte Fotografie im Innenteil des Gatefolds erahnen, wie das dann wohl war, als Instrument sich gezwungenermaßen im Proberaum verbarrikadiert haben, um uns nun “Sonic Cure” schenken zu können. Für ein wenig Farbe sorgt dagegen das dunkelrosa gehaltene Doppelvinyl. Schönes Gesamtprodukt, veröffentlicht von The Instrument Village und zu haben u.a. bei JPC.