Heute morgen, kurz nach fünf, kurz nach Wecker klingeln. Noch ist es verdächtig ruhig und entgegen meiner Gewohnheit, eines jahrelang antrainierten Automatismus folgend, schalte ich nicht erst den Wasserkocher und dann Deutschlandfunk ein. Sondern ich lege, während der Tee vor sich hin zieht, “Cycles” von Jules Maxwell auf. Genauer gesagt, die erste der Doppel-LPs.
Mit dem Opener “Deeper Sleeper” in den Tag zu starten ist ungewohnt entspannt, denn sogar noisy Kinder und Jugendliche verstummen mit einem “Ohhh” und bewegen sich auf einmal fast lautlos. Wer hätte das gedacht. Warum ich das jetzt in einer Review erwähne? Weil diese Szene vermutlich am besten beschreibt, was Jules Maxwell auf dieser Platte für eine Stimmung erzeugt. “Cycles” ist ein ruhiges, meditatives Instrumental-Album, welches mit den ersten Tönen den Pulsschlag entschleunigt. Dennoch schafft es Maxwell Spannung aufzubauen. So, dass der*die Hörer*in ganz bei und in der Musik bleibt.
In “A Rose On The Road” führt ein Klavier, wie ein langsamer, rhythmischer Glockenschlag in den Song ein, im Hintergrund bauen sich sphärische Klänge auf, werden intensiver, dringlicher und bauen eine Dramatik auf, die ab rund dreieinhalb Minuten von einer Geige (oder ist es eine Bratsche, ich tue mich schwer damit das rauszuhören) aufgenommen wird. Nach rund fünfeinhalb Minuten haben sich die Klänge, die Töne, vereint und lösen sich auf, so dass ein sanfter Übergang zum nächsten Song geschaffen wurde.
Und das, was ich hier für diesen Song beschrieben und versucht habe in Worte zu fassen, ist exemplarisch und findet auch in den anderen Songs statt. Immer anders, aber dennoch ist das Album eine Einheit und als solches zu hören. Zu hören ist Jules Maxwell zur Zeit auch Live. Er tourt mit Dead Can Dance. Termine findet ihr hier.
Doch kommen wir zur zweiten LP, die sich im Gatefoldcover befindet. Hierbei handelt es sich um die, digital schon im März vergangenen Jahres erschienene LP “Nocturnes”. Jetzt auf Vinyl sind “Nocturnes” und “Cycles” vereint und auch musikalisch bilden sie eine Einheit. Eventuell ist “Nocturnes” stellenweise ein wenig verspielter, zum Beispiel in “April 1964” oder auch “Virgin Territory” wird im Laufe des Songs verspielter. Grundsätzlich wird aber die Stimmung, die Jules Maxwell auf “Nocturnes” kreiert hat, in “Cycles” aufgenommen und intensiviert.
Und wer jetzt bei den Stichwörtern meditativ und ruhig denkt, es wäre sicherlich nicht so seine*ihre Musik, dem*der empfehle ich mal reinzuhören. Denn die Platte berührt, egal ob man jetzt vorwiegend Progressiv Rock, Metal oder Radio-Pop hört. Wer’s nicht glaubt, spule nochmal zurück zum zweiten Absatz, oder hört halt mal rein.
Erschienen ist das Vinyl auf dem Label Ghost Palace und liegt mir als Testpressung in schwarzem Vinyl vor. Erwerben könnt ihr die Doppel-LP unter anderem über JPC.