Kaleida, bestehend aus der britischen Komponistin und Produzentin Cicely Goulder sowie der deutsch-amerikanischen Songwriterin und Sängerin Christina Wood, beschreiben ihre Musik selbst seit langem als „feminin“. Damit bejahen die beiden ausdrücklich ihre Perspektive als Mütter und als weibliches Duo, das sich in einer von Männern dominierten Musikindustrie behauptet, sowie als Frauen über dreißig, die im Niemandsland zwischen dem Feminismus der 1970er Jahre und der progressiven Popkultur von heute
aufgewachsen sind.
Ihre musikalische Beziehung ist eine besondere. Ein gemeinsamer Freund stellte beide 2013 in einer E-Mail gegenseitig vor, während Christina Wood in Indonesien als Umweltberaterin weilte und nachts an irgendwelchen Demos arbeitete und Cicely Goulder für Filmproduktionen Musik komponierte. Direkt 2014 schlug ihre Single “Think” ein wie eine Bombe, denn dieser Song ist Teil des Actionfilms “John Wick”. Es folgten daraufhin Auftritte mit Roisin Murphy oder Alt-J. Ihr Debüt “Tear the Roots” erschien 2017. 2020 folgte “Odyssey” inmitten der Pandemie-Phase, was sie letztendlich auch dazu zwang weiterhin getrennt zu musizieren und zu komponieren. 2022 stand Kaleida kurz vor dem Aus und zum Glück haben sie sich nach kurzer Schaffenspause zusammengerauft und am 22.03.2024 ein neues Album “In Arms” auf Embassy One veröffentlicht.
Der Album-Opener ‘Hollow’, der auch die erste Singleauskopplung des Albums war, beschreibt zunächst einen Zustand tiefer Wehmut und Erschöpfung. Christina Wood dachte beim Schreiben des Songs vor allem an die Zeit nach der Geburt. Das Benommensein aufgrund Schlafmangel, die Hormone und das Stillen. Nicht nur im Text dringt dieses ambivalente Gefühl durch, inmitten der Traurigkeit Frieden, inmitten der Fremdbestimmtheit Erfüllung zu finden. Der Song entwickelt sich vom eher reduzierten Beginn, hin zu seiner endgültigen Form mit üppiger Produktion!
“Hey Little Precious”, ist für Wood eine Art “Gespräch” mit ihrer Tochter und der nachkommenden Generation, in dem sie darauf hofft und dafür betet, dass diese sich in ihrem Leben frei fühlen, ihren Träumen folgen und ihr Potenzial erreichen kann, ohne das Gefühl zu haben, dass sie sich anpassen müsse. Mit “Generation”, dem Goulder durch die Baseline einen funkig-nostalgischen Groove verpasst, kreierte Wood textlich – in Gegenrichtung zu “Hey Little Precious” – einen Tribut-Song für ihren Vater. Es geht darin um die heutige Welt, in der gefühlt alles per Knopfdruck erledigt werden kann, alles verfügbar ist und ein Fragment unserer Realität nur auf unseren Smartphones “existiert”. Wir sind oftmals zu abhängig. Viel zu oft erreichbar für andere. Wir müssen uns wieder mehr auf uns besinnen.
Hilfe hatten Kaleida auf “In Arms” z.B. vom Produzenten Johan Hugo, der aus “Kilda”, der inhaltlich schon ein bedrückender, aber besonderer Song gleichermaßen ist. “Kilda” ist auch quasi der Namensgeber des Bandnamens, bzw. woraus sich dann Kaleida entwickelt hat.
Ein weiterer Musiker mischt auch bei “Don’t Turn Me Out” mit. Und zwar niemand geringerer als Jesse Tabish von Other Lives, der seine folkige Note in den Song mit einfließen ließ. Und als letzter und dritter Protagonist auf dem Kaleida – Album wirkt ebenso Robot Koch mit, der ihnen die Basis des
Tracks, bestehend aus den Klavierakkorden, aber mit einem Trap-Rhythmus darüber,
schickte. Dann musste nur noch der Refrain und die Strophen eingesungen werden und Cicely Goulder passte die Perkussion an.
In “Endless Youth” geht es um die Sehnsucht der eigenen Jugend, als man sich noch etwas freier fühlte. Frei von Verpflichtungen. Frei von Regeln. Frei von Steuerzahlungen, usw.
Der Song “Stranger”, inspiriert vom Lied “Sommaren Är Min Och Jag Kommer Tillbaka” von Ionnalee und Iamamiwhoiami ist eine Art Gebet an sich selbst aufgrund des mangelnden Mitgefühls für sich selbst und vom Leben isoliert zu sein bis hin zum Finden des Wegs, eben raus aus der Isolation und rein ins Leben.
Pflaster braucht man bei “Hansaplast” zwar nicht, aber der Name gibt schon an, worin es sich textlich im Song drehen könnte. Um Selbstheilung. Habt ihr nicht auch Phasen im Leben hinter euch, die euch verletzlich oder verwundet zurück ließen?
Wow. Ich bin schon schwer beeindruckt, was Kaleida mir hier bieten. Dieses geheimnisvolle Bild auf dem Cover, passend zu den eher düsteren Electro-Synths auf dem Album. Die Grundstruktur ist eher abstrakt, aber nicht ganz unerreichbar für die Hörer*Innen. Das Duo harmoniert in der Musik hervorragend und lässt womöglich die Hörerschaft mit Staunen zurück!
Erwerben könnt ihr das Album direkt bei Kaleida (das schwarze Vinyl ist noch verfügbar! Die farbige blue petrol – Variante ist hier leider ausverkauft), aber auch bei JPC (hier ist die blue petrol – Variante noch zu haben)! Schnell sein lohnt sich!
Viel Spaß beim Hören und Entdecken!