2023, jetzt schon DAS Jahr der musikalischen Neuentdeckungen für mich! Und dafür wage ich mich heute auch mal in musikalische Gefilde, in denen ich mich eher wenig- gar nicht auskenne (die ich aber immer wieder gerne mal in meine Ohren lasse und betanze).
Der Grund für den Ausflug ins Ungewisse ist simpel: Als ich das Tape von Kereta Susana auf der Instagramseite von Kloppstock Records entdeckt hatte, war ich sofort schockverliebt:
Ein giftgrünes, durchsichtiges Schmuckstück, beklebt mit einer spektakulären Grafik von Sänger Horror Rudey, der Szenekennern (also mir nicht) als Psychobilly Artist bereits ein Begriff sein dürfte. Die skelettierte Psychobella findet sich auch auf dem Cover wieder – ich möchte ein Shirt davon (oder 2, oder 3, oder für jeden Tag eins, bitte bitte und unbedingt!)
Und, was mich dann wirklich umgehauen hat: die Kassette klingt (mindestens!) genauso formidabel, wie sie aussieht…
Mit der 28. Release des DIY Punkrocklabels aus NRW bekommen wir hier truesten Psychobilly von einer der ersten Bands dieses Genres aus Indonesien serviert. Und, ganz stilecht, wurde das auf 50 Stück limitierte Tape am Freitag, den 13. Januar veröffentlicht.
Ryoko (Bass), Edo (Gesang), Gilang (Drums) und Angga (Gitarre), die Kereta Susana 2010 in Bandung gegründet haben, jagen mir mit den folgenden 9 Songs das Herz durch den Körper.
Ja genau, das solltet ihr euch jetzt bildlich vorstellen und ihr werdet genau wissen, was ich meine, wenn ihr das Tape dann startet:
Direkt beim Opener “Barisan Depan” (“Erste Reihe”) hält mich nichts mehr auf (meinem eh schon unbequemen) Bürostuhl: “It’s a Psychobilly…” raunt Edo den Song ein und kurz darauf galoppieren die Drums lockerflockig mit dem Bass und der Gitarre im Gleichschritt zum nächsten Song: “Gila” klingt so, wie er heißt: “Verrückt”.
Schnell, eingängig, direkt unter die Haut. Was eine Stimme, die uns da in Landessprache die Lyrics um die Ohren haut. Bass und Drums bilden eine so krasse Einheit, da passt kein Blatt mehr dazwischen.
Bei “Suicide” ziehe ich kurz mal vor Brian Setzer den Hut zum Gruße.
Oh geil ey, ich träume mich in eine verrauchte Bar und ziehe an Zigaretten aus endlos langen Halterungen, wippe dabei leger mit dem linken Fuß (weil der rechte mit stehen beschäftigt ist), während sich die Worte wie Kaugummi zu einer Blase formen, die am Ende platzt und, in dem auf gefühlt 10-faches Tempo beschleunigten, “Welcome To Hell” enden. Wie grandios die Songs sich auch ineinander fügen, obwohl (oder gerade weil?) sie so unterschiedlich sind.
Ich liebe es, wie Edo sich schaurig durch die Songs lacht und bei “Mencekam” (“Greifbar”) würde ich wirklich gerne verstehen, worüber er da in lässig entspannter Art, von Geigen (oder einer sehr gekonnt geigesk verzerrten Gitarre) untermalt, vor sich hin philosphiert. Also auf Seite A finde ich schonmal für jede Gemütslage den passenden Song.
Ja Hallöchen, was ist denn das für ne Blues Harp die mir da auf Seite B entgegentönt? Dazu brettiger, voller Gitarrensound und der zuverlässige Bass rollt solide und unaufgeregt den roten Teppich für den “Dance Of Dead” vor mir aus.
“She Is A Zombie” klingt sanfter, fast zurückhaltend, dreht gegen aber gegen Ende nochmal auf. Da dürfen Bass und Gitarre auch nochmal kräftig reinhauen und zeigen, wie ein Liebeslied auf Kereta Susana sich anhört.
“Cemetery Rock” holt uns wieder zurück auf die imaginäre Tanzfläche und spätestens jetzt dürften dem Saitenslapper die Finger bluten. Der letzte Song auf dem Tape, “Cowboybilly” schlängelt sich nochmal durch alle Tempi, schlendert, schlurft, stolpert, hetzt – und das alles abwechselnd und ohne den Atem dabei zu verlieren.
Holy Shit, es ist gerade mal Januar und ich hab definitiv schon einen heißen Anwärter für die Top 3 des Jahres. Die besten Tonträger sind am Ende die, bei denen ich überhaupt nicht damit gerechnet hab; in jeder Hinsicht.
Füße in die Hand und bei Kloppstock Records bestellen, wenn die nicht schon so gut wie weg sind, fress’ ich ‘nen Besen (oder den Staubsauger, der ist eh kaputt).