Schräg, schräger, Marquis. Was die vier Herren aus Rennes hier auf “Aurora” darbieten, ist nichts, was man eben kurz auf dem Weg zum Bäcker konsumiert. Jede Menge schräge Töne, Akkorde, Geräusche, Soloparts schmücken die eigentlich klaren Songstrukturen der zwölf, von Post-Punk, Wave und Indierock inspirierten Nummern. Manchmal hart an der Grenze und gleichzeitig absolut spannend. Erinnert mich stark an ihre Landsleute von Papier Tigre, die einen vergleichbaren Spagat zwischen Unterhaltung und Quälerei zelebrieren. McLusky als ein etwas bekannteres Bandexemplar stellt ebenfalls eine Referenz dar. Oder Blackmail. Wobei die im Vergleich zu Marquis geradezu als Harmoniewunder daher kommen. David Bowie dann noch in ruhiger präsentierten Songs wie “Soulève L’Horizon” oder “Zagreb”.
Wie gesagt, keine einfache Kost hier und damit spiegeln Marquis vielleicht auch ein wenig den Entstehungsprozess von “Aurora” wieder. Zur Vorgeschichte: Ursprünglich hieß die Band Marquis De Sade und war Ende der 70er, Anfang der 80er aktiv. Trotz erarbeitetem Kultstatus verschwand die Band von der Bildfläche, um sich rund 40 Jahre später für ein Konzert und für die Aufnahme eines neuen Albums wiederzufinden. Sänger Philippe Pascal suizidierte sich jedoch, kaum nachdem die ersten Sessions im Kasten waren. Die verbliebenen Bandmitglieder aber brachten das Projekt mit Unterstützung diverser Gastmusiker zu Ende und veröffentlichten es nun unter dem verkürzten Bandnamen Marquis. Das Schicksal von Philippe Pascal, gerade auch zur Zeit der Entstehung von “Aurora”, mag somit die Disharmonie und Schwermut des Albums erklären, dies ist jedoch reine Spekulation. Vielleicht war die Platte aber auch von vornherein als harter Brocken konzipiert.
Dass jedoch auf einer separat beiliegenden 10″ noch eine super interpretierte Coverversion von Lou Reeds “Ocean” einen Platz gefunden hat, ist absolut vertretbar, kann man ihn und sein Schaffen ja getrost als melancholisch und fern der Norm einordnen. Ich persönlich vermeide nach Möglichkeit den Begriff “Nerd”, wird er doch gerne von denjenigen benutzt, die meinen das Richtige zu tun und Personen, die dem wiederum nicht entsprechen mit Hilfe dieses Begriffs eine gewisse Abnormalität anhängen. Im Falle von Marquis lasse ich mich jedoch dazu hinreißen, der Band eine gewisse Nerdigkeit zuzuschreiben. Allerdings verstehe ich das Konzept von “Aurora” so, dass Marquis damit in keinster Weise vor hatten, die Billboard-Charts zu stürmen, sondern in einem etwas eigenbrötlerischen Sinne genau die Musik machen wollten, die aus ihren Herzen sprach und ihren Vorlieben entsprach. Unter diesem Aspekt ist “Aurora” dann eben doch etwas besonderes, eigenes. Wer sich selbst offen oder heimlich oder sonstwie als (Musik)Nerd betrachtet, der sollte sein Spektrum auf jeden Fall mit “Aurora” erweitern. Alle anderen können selbst entscheiden, ob sie sich auch mal dem etwas anderen Musikgenuss hingeben wollen.
Das Artwork des von LADTK Records veröffentlichten Albums wiederum kommt dann recht unaufgeregt ums Eck. So genau kann ich die Konstruktion auf dem Frontcover nicht zuordnen. Soll das eine überdimensionale Werbetafel sein, oder habe ich irgendwas nicht mitbekommen und das Ding ist der neueste architektonische Scheiß? Keine Ahnung, aber irgendwie passt das undefinierte Stahlmonstrum zur Musik von Marquis. Ansonsten ist alles in dezentem Blau gehalten, auch das reichhaltig beschriftete Inlay. Eine schöne Bandphotographie rundet alles ab und à propos rund, wie bereits erwähnt, liegt dem regulären Album besagte 10″ bei. Der komplette Release ist auch limitiert auf weißem Vinyl erhältlich, z.B. hier:
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
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Label: | Keine Daten vorhanden |