Wer eine auffällige Vinyl in den Händen halten möchte, die absolut Aufmerksamkeit heischend, weil verstörend und ekelhaft, aber gleichzeitig perfekt im blutigen Style umgesetzt ist, der findet mit Mimi Barks bei Silent Cult erschienenem Debüt-Album das Richtige. Dies hält und verspricht bereits das Coverbild, das einen silbernen Metall-Zahnschmuck mit der schwarzen Letter-Prägung „Doom Trap“ in einem blutigen Mund mit Speichelbläschen zeigt. Dazu passt die Welt der verzerrten Klanglandschaften und des experimentellen Hip-Hop zwischen Metal, Noise, Dark Wave, Hauch-Gesang und gescreamten Passagen.
Die „This is Doom Trap“ Vinyl ist aus transluzentem Splatter-Vinyl in Dunkelrot und macht den Eindruck einer festgewordenen, ausgelaufenen Blutkonserve. Um die ganze blutige Fleischeslust noch zu steigern, sind auf dem Mittelteiletikett rot unterlegte Fotos von Eingeweiden abgebildet, die an die Bilder auf Zigarettenschachteln erinnern, es könnte aber auch ein brutales Einschussloch passend zur LP-Mitte darstellen.
Wer nicht grad Medizin studiert, im Schlachthof schuftet oder tagein, tagaus gerne Horror-Splatter-Filme schaut, ist bestimmt geschockt, was möglicherweise der Sinn des Ganzen ist. Auffallen, schockieren, Elend anprangern, Elend rezitieren. Mimi Barks fordert heraus und fasziniert.
Wer kleinere Kinder im Haus hat und diese Vinyl unbedingt haben möchte, würde die LP lieber ganz nach hinten in den verschließbaren Schrank zu den Waschmittel-Pods stellen, schätze ich.
Wer nicht so gerne übelst zugerichtete, weibliche Körper mit blauen Flecken und blutigen Wunden halbnackt in zusammengekauerten Posen sieht, ist ebenfalls schlecht beraten, sich das doppelt gefaltete Lyrics Sheet aufzuklappen und anzusehen. (Anmrk. d. Red.: es handelt sich um die Künstlerin selbst auf den Fotos)
Diejenigen sparen sich auch besser unsere kleine Bildergalerie am Ende des Beitrags. Da reichen vielleicht schon die blutrote Vinyl und das Zahn-Cover, Texte liest du hier nach.
Die besagten Bilder sind schon eine ziemlich konkrete Darstellung von Abgründen, die einen sofort an Gewalt, Vergewaltigung, Drogen, Missbrauch, Misshandlung und Mord / Selbstmord denken lassen. Vielleicht soll auch das Hinweis auf die soziale Kritik sein, die Mimi Barks versucht. Die Mahnung, seine Augen nicht vor dem zu verschließen. Vielleicht lässt sich Trost darin finden, alles in die Welt zu screamen, oder aber ein fettes Flashback erleiden.
Endzeitszenarien, Lieder von psychischen Problemen, Psychosen, Medikamenten, Tod. Da ist die Eigenbezeichnung „Doom Trap“ für das Genre mit seiner Anspielung auf Weltuntergang und Drogenumschlagplätze in den USA auch ganz gut gewählt. Trap ist eine düstere Unterart des HipHop.
Die Texte der Wahl-Londonerin Mimi Barks sind hauptsächlich in Englischer Sprache bis auf den Song „Montana“, der in Deutsch auf dem Album enthalten ist. Ein Hinweis auf die deutsche Herkunft der Künstlerin, die aus Bochum stammt. Auch hier geht es textlich ziemlich hart zur Sache, werden Groupies in Hängern gefickt und Körper vom Henker zerteilt. Tja, muss man mögen und abkönnen. Es ist zugleich Selbstdarstellung und gesellschaftliche Kritik, die sich sinnbildlich und in Provokation entlädt.
Mimi Barks hat es jedenfalls definitiv geschafft, mit ihrem Album aufzuwallen und aufzuwühlen. Sie lässt sich weder drauf festnageln, wer sie ist: Berichterstatterin, Täterin oder Opfer. Noch welchem Genre sie angehört: Rap, Trap, Hip-Hop, Metal, Harsh-Electro, Noise, Crossover.
Mimi schwebt gekonnt zwischen all dem ohne jemals zu landen, und schafft es auf diese Art immerhin, eine breite Masse anzusprechen, indem sie viele Dinge gleichzeitig bedient. Dass ihr diese Massentauglichkeit zugetraut wird, beweist ihr für 2025 angekündigter Auftritt in Wacken. Ebenso die +20K Follower*innen auf Mimi Barks Instagram. Eins ist sicher, Mimi Barks hat definitiv ihre eigene, markante Nische gefunden. Jemand kann sie mögen oder nicht mögen, jedoch ist sie schwer zu übersehen.
Unterstützung hatte Mimi Barks bei der Umsetzung von einer Liste Leute, die gerne auch hier ihr Stückchen vom Kuchen durch Credits bekommen sollen:
SFX Make Up by Sophie Gouk, Art Director & Photographer Selina Naouma, Art Director & Designer Esmé Bones, Lyrics / Vocals Yeti Bones of Ho99o9, Lyrics / Vocals Raven Gray, Composer Koen Dijkman, Composer Anashe, Composer Morgoth Beatz,Composer Kenny Graves, Composer Brian Spencer, Arrangements Triablo, Composer frdm, Composer Killvein, Composer KÜBE, Composer Mode$to, Composer L U N A, Composer Dolshi, Guitar Matt Denison, Mixing / Mastering Owen Claxton
Video: BANSHEE by Mimi Barks