Neeeeiiin- warum hat sich diese großartige Band nur aufgelöst, bevor ich sie noch Live erleben durfte? Das sind die ersten Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, als dieses Schmankerl von Mr. Review das erste mal seine Runden auf meinem Plattenteller skankt. Eine deliziöse Compilation rarer Tracks, Liveaufnahmen und Singles haben Mad Butcher Records im Zuge ihrer Black Butcher Classics-Reihe da für die Ska Liebhaber*innen unter uns angerichtet. Die auf 500 Stück (400x schwarz, 100x grau) limitierte, im Februar erschienene Vinyl kommt in einer wunderbar oldschooligen Aufmachung daher: Das Cover ziert ein cooles, altes Live-Foto der Band, auf dem Einleger gibt es, neben Information und Texten zu ausgewählten Songs, eine kunterbunte Bildcollage, die mir wiederholt entzückte Seufzer entlockt. Live Fotos, Backstagepässe, Setlisten, Tourplakate und Momentaufnahmen laden auf eine herrliche Reise mit DER 1983 gegründeten Kult-Ska-Legende Mr. Review aus Amsterdam ein. Alle auf dieser Compilation enthaltenen Songs, und jetzt wird’s geil, wurden auch schon auf Tape veröffentlicht (Bilder von einigen der Tapes sind ebenfalls auf dem Einleger zu bewundern).
Auch inhaltlich begibt man sich beim Lauschen des Albums auf Zeitreise: So startet das Album mit den ersten drei Songs “Can’t Do It Alone”, “Redemption Road” und “Losin’ My Mind”, die allesamt 1986 und ausschließlich auf Kassette erschienen sind. Die anfänglichen Reggae-Experimente der Band sind bei diesen Songs klar herauszuhören und holen mich sofort ab, ich sehe mich gedanklich schon mit ‘nem Cocktail und Dauergrinsen im Gesicht auf Jamaica unter ‘ner Palme sitzen. “Losin’ My Mind” war auch quasi der Door Opener für den Vertrag mit dem britischen Label Unicorn Records, das diesen auf ein Ska Compilation Album (“Skankin’ Around The World Vol.1”) draufpackte und im Anschluss mit der Band deren erstes komplettes Album “Walking Down Brentford Road” veröffentlichte. (Zum Doppel-Review des ersten Albums und dessen Nachfolger “Lock Stock & Barrel” von Nico, der die Band sogar mal eigens als Veranstalter zu Gast hatte, geht’s hier.) “The Tree”, “The Feeling Is Alright” und “Ice and Snow” waren ursprünglich ebenfalls auf einem 1997 für Promotionzwecke aufgenommenen Tape zu finden. (Die beiden letzteren wurden außerdem 1988 als 7″ released). Hier wird uns Ska vom Feinsten geboten, spätestens jetzt bin ich unter der Palme vorgekrochen, hab meinen Cocktail von mir geschmissen und tanze meine Arme und Beine wild von mir werfend durch den Sand – oder so…
Die B-Seite startet mit einem weiteren als Single veröffentlichten Duo: “The Street Where I’m Living” und “Africa”, zweiteres fast ausschließlich instrumental und Live, wurden ursprünglich 1995 im Studio Sound Enterprise aufgenommen. Diese ganz besondere, entspannte Lässigkeit, die auch bei diesen Songs wieder spürbar ist, und der unverwechselbare, eigene Stil der Band machen es einfach unmöglich, den Kopf (und andere Körperteile) still zu halten. “Ships That Pass in The Night”, auch der Name des 1997 erschienenen Mini-Albums, klingt bittersüß melancholisch, nachfolgend der ebenfalls etwas gediegenere Song “Joey’s Colors” vom selben Album. Mit “Christine Keeler” endet die offizielle Tracklist des Albums. Der orgellastige, reggaeske Live Instrumentalsong findet sich auch auf der Re-Release des Debütalbums “Walking Down Brentford Road”. Zum krönenden Abschluss gibt es als Bonus Track noch einen bisher unveröffentlichten Song, der als Namensgeber der Band gilt: “Mistery View”, (1…2…3…ahhhhh!), ein ebenso live dargebotener und instrumental getragener, wunderschön schwermütiger Hit. Jede*r, der/die nur ansatzweise Ska zu seinen/ihren Favourites zählt, sollte sich dieses Album in den Plattenschrank stellen – ich persönlich würde ja (fast) ALLES für eine Wiederauflage sämtlicher Tapes von Mr. Review geben…
Bis dahin kauft, solange der Vorrat reicht, die Platte hier bei Mad Butcher Records!
Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist und noch mehr Stoff braucht, darf sich gerne auch das Review vom 2020er Re-Release des 2010 veröffentlichten, letzten Albums von Mr. Review “XXV” von Tobi zu Gemüte führen, und zwar genau hier.