Die Tulpen auf dem Cover trotzen der herbstlichen Stimmung, die sich langsam über das Land legt. Gut geschützt vor dem außen in der Kugel aus Glas, dringen sie nach draußen, kontrastiert von dem kühlen Hintergrund. Das Cover ist vielversprechend und die Musik fügt sich nahtlos ein in dieses Bild. Die Rede ist von „Soft Atlas“ von Neøv. Feinster Nordic Indie.
Die Platte läuft seit ihrem Eintreffen vor kurzem jetzt schon so beständig viele Runden auf dem Teller, dass ich bei einigen der Songs textsicher mitsingen kann. Immer ein Indikator für eingehende, melodische Musik mit klarem Gesang.
Es finden düstere Klänge genauso statt, wie poppigere Indie-Rock Songs. Ein Konglomerat an Stimmung, was die Finnen in Musik gepackt haben, für das es mir schwer fällt die passenden Worte zu finden. Fangen wir vorne an.
Es beginnt mit „Feel“ und einem tiefen, soften Beat, der den Puls des Liedes bildet, während die Loops hypnotisierend durch den Raum wabern und so die Hörenden direkt ins Fühlen bringen und entkoppeln von durch Schlagzeilen getriebenen Gedanken und gemeinsam mit dem Song wird der eigene Ruhepuls wieder fühlbar, wenn das Lied langsam ausfadet. Ist dieser Schritt vollzogen, wird es erstmal schneller, fast tanzbar mit „A Little Taste“. Doch dieser Wechsel erscheint nicht wie ein Bruch, sondern wie eine Konsequenz aus dem Opener, die die ganze Vielstimmigkeit des Albums ausmacht. Und in allem schwingt eine mal größere, mal kleinere Prise Melancholie, die jedoch nie Hoffnungslosigkeit im Gepäck hat, sondern ein „Es ist okay, auch wenn es gerade nicht okay ist“ mit. Dies macht das gesamte Album „Soft Atlas“ aus und kommt bei „Friedrichshain“ im Besonderen zum tragen, um eine starke, progressive Komponente erweitert, ehe die Seite mit „Just Like You Lives In The 80s“ zart und fragil ausklingt und dabei so stark ist in den sphärischen Loops, dass mit dem letzten Knistern der Nadeln eine Gänsehaut zurückbleibt.
Wie eine hymnische Umarmung legt sich „Softer“ mit Beginn der B-Seite um einen. Wenn ich unter allen neun Songs einen Favoriten herausgreifen müsste, dann wäre es dieser. Eingeforderte Sanftheit, die auch durch die sanfte und eindringliche, klare Stimme von Anssi Neuvonen verkörpert wird, wird nach vorne getragen von einem starken Schlagzeug und E-Gitarrenriff. Die Platte fordert es ein zu fühlen und man kann sich nicht dagegen wehren, es überkommt eine*n wie von selbst. Schmerz, Liebe, Freundschaft, jedwede Befindlichkeit, alles ist okay sagt einem „Soft Atlas“. Und mit „You Can’t Bring Me Down“ spült der schnelle Beat all das nicht einfach weg, er nimmt es auf. Vereint Melancholie mit Optimismus und zieht daraus seine ungeheure Stärke. Der dunkelste Song „The Water“ ist vielleicht das, was wir am ehesten erwarten, wenn wir finnischer Nordic Indie lesen und bildet einen Kontrast zu den anderen Songs, was der Einheit der Platte jedoch keinen Abbruch tut. Und mit „Meadows & Paperbags“ wird es zum Ausklang wieder fragil und zart.
Neøv haben hier ein starkes Album zusammengestellt, was ich nur jedem/jeder wärmstens ans Herz legen kann. Und auch wenn ich es eben getan habe, kann ich hier eigentlich keinen Song besonders hervorheben. Sie wirken alle auf ihre besondere und eigene Weise. Und Neøv haben es geschafft, diese Vielfalt auf „Soft Atlas“ zu einen, was neben den einzelnen, hervorragenden Songs dann nochmals die besondere Leistung dieses Albums ist. Aufgrund dessen ist für mich „Soft Atlas“ eine, wenn nicht sogar die beste Platte des Jahres.
Zudem gehen Neøv auf Europatour mit jeder Menge Terminen auch in Deutschland. Alle Daten findet ihr hier.
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