Cindy und Rene, sind nicht die Namen eines neuen Schlagerduos, das sich anschickt der neue Stern am ostdeutschen Schlagerhimmel zu werden, auch wenn dies wirklich ein erfolgsversprechendes Namenskonzept wäre. Nein, Cindy und Rene sind die Namen hinter der Band Para Lia, die zwar auch aus Ostdeutschland kommen, mit deutschsprachiger Schunkelmusik aber nichts zu tun haben. Und da sie damit nichts zu tun haben, haben sie auch keine weiteren schlechte Witze auf Ballermann- Niveau verdient.
Also kommen wir zu den Hard Facts: “Gone with the flow” ist der zweite Longplayer des Ehepaars nach dem Erstlingswerk “Soap Bubble Dreams”, welches 2019 erschien und somit noch gar nicht so lange her ist. Aber die beiden wurden scheinbar schnell wieder von der Muse geküsst und haben zügig nachgelegt. Die Muse hat in diesem Fall sogar einen Namen: Louis Renzoni, ein New Yorker Künstler, der nicht nur das gut gelungene Artwork zu diesem Album beigesteuert hat, sondern eigentlich eine ganze Ausstellung mit Para Lia zusammen eröffnen wollte. Irgendwas kam aber dazwischen, man munkelt ein Virus hätte sich zu einer weltweiten Pandemie entwickelt, die nur durch konsequenten Kulturentzug bekämpft werden kann. Aber das klingt doch eher nach einer billiger Science Fiction- Schmonzette, oder?
Jedenfalls haben sich Para Lia und Renzoni gegenseitig inspiriert, Songs und Gemälde fließen ineinander, Texte entwerfen Bilder und Bilder erzeugen wiederum Texte. Die Ausstellung ist netterweise ins Internet gewandert und freut sich dort über zahlreiche Gäste. Also checkt das mal aus.
Musik passend zu einer Kunstausstellung klingt erstmal besorgniserregend anstrengend: Experimentelle Welt-Elektro-Jazz-Piano-Musik mit Inuit und/oder Goa Einflüssen, weil der Künstler, die Künstlerin ihr Inneres auf die Leinwand gebannt hat und diese Musik sein oder ihr Gefühlsleben am besten beschreibt. Gänsehaut wegen Gruselfaktor vorprogrammiert. Die Musik von Para Lia kommt dagegen herrlich konventionell daher, klassischer Indie-Rock, schön gespielte Gitarren-Riffs, die eine Atmosphäre erschaffen, die man von Bands wie Placebo oder auch Editors kennt. Irgendwie düster, aber trotzdem poppig. Die Bandinfo wirft noch Bands wie Phillip Boa and the Voodoo Club oder Arcade Fire in den Raum. Ja, kann man durchaus raushören, wenn man will. Ich höre auch noch an manchen Stellen The Killers raus, die Richtung sollte also klar sein. Besonders der Gesang sticht positiv hervor. Rene liefert hier den in den Vordergrund gemischten Leadgesang und wird immer wieder unterstützt durch Cindys Stimme, die schon als besonders bezeichnet werden kann. Die Kombination dieser Stimmen macht das Album zu einem teilweise sphärisch klingendem Hörereignis.
Textlich arbeitet “Gone with the Flow” mit vielen bildhaften Stilmitteln, es steckt viel Interpretationsspielraum in den Texten, wobei auch hier diese dunkle Note, die der Sound vorgibt, konsequent weitergeführt wird: “… no time for butterflies when the whore of babylon is on the way to the sky...”
Der Song “Riders on the dike” ist inspiriert von Theodor Storms Novelle “Der Schimmelreiter”, sowas mag ich ja gerne, wenn Literatur den Weg in die Musik findet. Nun bin ich im deutschen Realismus aber nicht so firm, als dass ich das am Text sofort wiedererkennen kann, aber mein Interesse an Storm ist geweckt.
Para Lia machen eigentlich nicht viel falsch, die ganze Herangehensweise, die Zusammenarbeit mit anderen KünstlerInnen, die D.I.Y. Mentalität, all das wirkt grundsympathisch. Aber irgendwie fehlt der Platte der letzte Pfiff, die Produktion wirkt zu zahm, zu glattgebügelt kommt der Indierock aus den Boxen. Das könnte am programmierten Schlagzeug liegen, vielleicht hätte auch der Gesang ein bisschen mehr in den Hintergrund treten dürfen, dafür ein paar vertracktere Girtarrenläufe die Bühne erobern sollen.
Trotzdem: Alles in allem kann man die Platte gut hören und die beiden Wahlberliner kann man ruhig weiter beobachten, vielleicht gibt auch ihr den beiden mal eine Chance und kauft die Platte.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |