Das man hinter dem eisernen Vorhang bessere Musik als Politik machte, ist bekannt. Nun, die Politik ist aus unserer Sicht trotz Annäherung kaum besser geworden. Gottseidank kommt aber immer noch gute Musik aus dem Osten. “Lifestrange” ist bereits das fünfte Album der Band Paula and Karol. Die Band besteht im Kern aus Paula Bialski – aktuell ansässig in Hamburg – und aus Warschau. Für das Album hat sie sich noch mit Schlagzeuger Igor Nikiforow und Gitarrist Krzysztof Pozarowski verstärkt.
12 Jahre existieren Paula and Karol jetzt schon als Band und haben bestimmt eine Menge Reisekilometer zusammen. Die Band macht Pop, da geht kein Weg dran vorbei. Mal herzzerreißend, dann wieder luftig-leicht wie ein Stück Stoff im sommerlichen, warmen Abendwind. Aber immer mit mit viel Licht und Sonne. Nicht unbedingt, was man aus dem polnischen Arbeiter- und Bauernstaat erwartet. Vielleicht stammt diese Nuance von Paula, die als Professorin an der Universität St. Gallen unterrichtet und die kanadische und polnische Staatsbürgerschaft hat.
Die Band fühlt sich inspiriert vom amerikanischen Duo Hall & Oates, Bob Dylan und der Band Whitney aus Chicago. Wie man sieht ein bunter, amerikanischer Blumenstrauß. Genauso blumig und groß ist aber tatsächlich das Spektrum des Albums “Lifestrange”, was auf einer eigenen Wortschöpfung der Band beruht. So ist das Motto von Paula and Karola auch, “Even if life gets strange, we ll always be playing music.” Und das machen sie, mal Americana, mal Psychedelisch Folk und dann mal Yacht-Pop.
Gehen wir mal durch die Rillen. Dort treffen wir als Erstes die Single “Safe from Harm”. So süß gezuckert, dass dir das Toblerone-Dreieck wie eine Salzstange. So lässige Vibrations hat man schon lange nicht mehr gehört. Und spielt sich klasse zu der im Wasser schaukelnden Yacht am Sommerabend in einer türkisblauen Bucht in Sardinien.
“Leave me” ist geprägt vom mehrstimmigen Gesang der Band – sehr Americana und Folk. Textlich geht es um das Kümmern und die Sorge, das eine Person nicht mehr da sein könnte. Also ernste Thematik schön verpackt. Drums und Gitarre starten unschuldig fröhlich in “Stressed Out”, obwohl es Text wohl eher um eine Krise – midLife-crisis – geht und die Gedanken und Gefühle einer Person beschrieben wird, die sich weder nach hinten, noch nach vorne sich bewegen kann.
“Better News” ist ein wunderschönes gitarrenlästiges Folk-Stück, was in seiner Anlage dann auch mich ein wenig an Bob Dylan erinnert. “Memories” find ich cool, denn es beginnt wie eine Jam-Session im Western-Stall und hat deutliche Country-Anklänge. Man sitzt auf Strohballen bei Bier und BBQ und wer den Mund leer hat, singt den Refrain sofort mit. Klasse Song!
In “Expectations” geht es darum die Erwartungen an den anderen runterzuschrauben, der schon recht harte Stoff im Text wird durch eine zuckersüße Melodie konterkariert. Einen “Good Advice” kann man ja immer gebrauchen und dieser Song kommt mit mehrstimmigen Gesang sehr fragil daher, nur Stimme und Gitarre. Eine wenig Synthieteppich später, okay, aber den hätte ich sogar weggelassen. Definitiv einer der emotional stärksten Momente des Albums.
Um wieder ein wenig auf die Yacht zu kommen, gibt es am Ende di “Good old Days”, wo man sich wirklich die in weiße Pullover und Hosen gekleideten Männer und Frauen auf der Yacht vorstellen kann, die im Rausche der Getränke, sich zu einem abendlichen Wechselgesang hinreißen lassen. Am Ende wird dann gelacht und geklatscht. Alle sind glücklich.
Pop ist im normalen Leben nicht meins, aber ich habe versucht, den Ideen von Paula and Karol zu folgen und mich auf ein “Lifestrange” einzulassen. Das Album ist absolut hörenswert, musikalisch und textlich sind Paula and Karol wirklich auf der Höhe, so daß ich Ihnen durchaus mal einen Radiohit wünsche. Wer mag kann Paula and Karol live bewundern, die Band tourt im Oktober und im November durch Deutschland. Das Album ist bei JPC erhältlich.
Interpret | Keine Daten vorhanden |
Titel | Keine Daten vorhanden |
Veröffentlichung | Keine Daten vorhanden |
Label: | Keine Daten vorhanden |