Fulminant geht es los, das Debütalbum “Tales Of Arson” des Berner Cyberpunk-Quartetts Revolting Puppets. “Boring” macht seinem Namen mal so gar keine Ehre und zusammen mit dem apokalyptisch-futuristischen Comicartwork fühlt man sich wie Ryan Gosling im Kultstreifen Drive. Da hätte der Song sich neben Kavinsky’s “Nightcall” als flotte und rockige Alternative prima in den Soundtrack eingefügt.
Spitzensong gleich am Anfang, aber irgendwie ist das Pulver danach auch fast schon verschossen. So ein kleines bisschen Belanglosigkeit macht sich in den nächsten drei Songs breit und die Revolting Puppets erwecken zu allem Überfluss noch so ein wenig den Eindruck, als wären sie eine Schülerband. Zum Beispiel in solchen Momenten, in denen Gitarrist V-Brane auf sein Zerrpedal tritt, der Amp dann wie ein ganz billiges Transistormodell klingt, und die Akkordfolgen allzu sehr nach Schema F klingen. Nach ‘nem super Auftakt bin ich also fast schon so enttäuscht, dass ich mich am liebsten etwas anderem zuwenden will, ehe mich “Help Me Get Famous” dank flottem Tempo zum Abschluss von Seite A noch halbwegs versöhnlich stimmt.
Ich lass’ das bisher gehörte mal als spaßbefreite Version von Electric Six durchgehen. Unter anderem wegen durchaus gelungenen bluesigen Gitarrenlicks in Songs wie “Cowards” und der grundsätzlichen gemeinsamen Herangehensweise, Synthies mit Punkmusik zu verknüpfen. Ob Absicht oder nicht – und ob ich das jetzt okay finden soll, oder nicht, weiß ich noch nicht – klingt Sänger Tetsvo dank Tonlage und gepresster Stimme durchgehend wie Lemmy in solch ruhigeren Motörhead-Songs wie “Love Me Forever”. Inzwischen weiß ich auch, was mich daran stört. Das mag bei dieser Art von Musik halt einfach nicht so recht matchen, sondern unterstreicht viel mehr noch den bereits angesprochenen Schülerbandcharakter. Da probiert man halt auch mal alles aus, was man so kennt, nicht wahr?
Vielleicht würde zu einer Cyberpunk-Band anstatt einer traditionell klingenden Stimme irgendwas künstlich klingendes besser passen. Stichwort: Kavinsky. Zum Beispiel. Vielleicht denke ich aber auch zu sehr in Stereotypen. Auch das schließe ich nicht gänzlich aus und dennoch ist mir das so dargeboten zu viel Stückwerk, zu viel Patchwork und zu wenig Eigenständigkeit, trotz interessantem musikalischen Ansatz.
Aber genau dieser macht ja auch Hoffnung und ich traue den Revolting Puppets durchaus noch etwas Luft nach oben zu. Mittlerweile sind wir am Ende der B-Seite angelangt und nach drei geht-so-Nummern wird auch diese mit dem finalen “Let My Brain Breathe” letztlich doch noch so einigermaßen gerettet. Ein zappeliger Rhythmus, die ultraschnell vorgetragenen Sprechgesangvocals in den Strophen, gepaart mit einem Stiltskin-Chorus unterstreichen, dass die Revolting Puppets vermutlich in den ’90ern mit Crossover musikalisch sozialisiert wurden. Drei mal gut, sechs mal geht so: unterm Strich leider zu wenig für ein gelungenes Debütalbum, auch wenn das Potenzial der Revolting Puppets schon erkennbar ist. Sorry, liebe Revolting Puppets, da müsst ihr leider nochmal nachsitzen.
Das Artwork dagegen, auch das auf der bedruckten Innenhülle, bekommt ‘nen Pluspunkt. Veröffentlicht am 1. November auf dem Hamburger Label Pauli Punker Records könnt ihr “Tales Of Arson” auf simplem schwarzen, oder aber auf der Musik angemessenem, streng limitierten coloured Vinyl am besten direkt beim Label erwerben.