Ja zugegeben, ich bin ein ganz schön schlimmes Lästermaul. Schande über mein Haupt, aber des/der einen Freud, des/der anderen Leid und so, ihr wisst schon. Jedenfalls lach ich mir da innerlich immer wieder mal gerne einen Ast ab, wenn da diese neumodischen Rockkapellen mit ihren zwei Meter langen Pedalboards auf der Bühne stehen und das liebe lange Konzert damit beschäftigt sind, wie wild auf ihren ca. 35 Fußtretern rumzustampfen und dadurch irgendwie gar nichts so recht von ihrem eigenen Konzert mitbekommen, weil sie dann ja auch noch zusätzlich damit beschäftigt sind, ihren Fehltritt von eben wieder auszumerzen. Hörbare Unterschiede gibt’s dann zu allem Überfluss auch nie so richtig.
Jetzt höre ich da eben “First Take”, den ersten, auf Tape via Kink Records veröffentlichten, Release der aus dem Gießener Umfeld stammenden Scuff Marks. Und da denke ich mir, ha! Die nächsten Opfer! Jede Menge Chorus und sonstige Sounds verbasteln die da in ihrem apokalyptisch anmutenden Post-Punk. Korrektur: könnte mir denken, ha! Die nächsten Opfer! Ist aber nicht so, denn ich hab die Band doch erst kürzlich live gesehen. Da war null hysterisches Eingetrete auf die armen Fußpedälchen seitens der zwei Gitarristen Jan-Eric und Jacob. Nee, nee, die Scuff Marks hatten das astrein im Griff, gingen ab wie Schmidts Katze und waren für mich eine DER Liveentdeckungen des Jahres. Gut, zumindest den Jacob kenn ich schon seit ein paar Jahren und so ein bisserl Vetternwirtschaft mag da ihren Teil dazu beigetragen haben. Und trotzdem bleibe ich dabei: Scuff Marks rock(t)en wie Hölle!
Ja ja, schon klar. Eigentlich sollte hier ein Video zum anglotzen sein. Gibt’s aber halt nicht. Understatement und so! Aber gebt mal Scuff Marks bei Youtube ein. Da könnt ihr garantiert noch was dazu lernen!
Auch auf Tape! Sieben Songs wie ein Sperrfeuer. Für Post-Punk ganz schön hohes Tempo. Treibende Drums von Basti nebst treibendem Bass von Patrick und eine druckvolle Produktion, die selbst auf Tapequalität so manche musikalisch vergleichbare LP oder gar CD (Pfui!) in den Schatten stellt. Das tut gut, auch mal mehr Pfeffer in einem sonst eher auf Minimalismus und Zurückhaltung getrimmten Genre zu haben. Was live schon das Tanzbein (nee, beide) zucken ließ, tut’s auf Tonträger auch im Wohnzimmer. Und wenn man das Tape rumdreht, dann gleich nochmal. Maries Gesang verleiht Scuff Marks ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal innerhalb des Genres, bietet er doch mitunter eine herrlich poppige Note als Kontrast zu den sphärischen Mollklängen der Gitarren.
Wir haben also summa sumarum: Post-Punk mit Tendenzen gen Hardcore, Effekte ohne Effekthascherei, viel Tempo und Spielwitz, eine fette aber auch nicht zu fette Produktion und sieben tolle Songs. Mein lieber Freund Ralf, so was gehört gefälligst auf Vinyl gepresst, verstanden! Vorerst aber mal auf Tape (dem gegenüber ich jetzt nicht despektierlich rüberkommen will), vom lieben Freund Ralf und seinem famosen Label Kink Records. Da auch gerne mal schauen, zumindest wer ganz grob und oberflächlich beschrieben auf Sounds zwischen Joy Division und Hysterese steht. Scuff Marks machen eh ihr eigenes Ding!