We also upped the tempo a bit this time
Stig Ese Eliassen of Slegest
Flotte Gitarrenklänge zu Beginn der Rille von Slegest (dt.: das Schlimmste oder Schlechteste) “Avstand”, unter poltern die Drums im 4/4-Takt während der Bass den Beat aufnimmt und lustig mit stampft. Klingt wie ein Upgrade der guten alten Zeit des Heavy oder Hard Rock der Kindheit. Aber Slegest sind definitiv aus den Hier und Heute, um gleich entsprechenden Nachfragen zuvor zu kommen. Musikalisch pendeln Slegest um ihren Nukleus: Black Sabbath. Aber, wenn man genau hinhört, gibt es noch einige andere Einflüsse aus diesem Stil und Zeit. So pflegen Slegest einen rockigen Sound, der manchmal an der Black-Metal-Kante vorbei schrammt.
Slegest ist das Soloprojekt des ehemaligen Vreid-Gitarristen Ese. Gegründet im Jahr 2010, spielen Slegest heute mit zwei Gitarristen, einem Bassisten und einem Drummer. Das Quartett stammt aus Norwegen, Leikanger, Vestland, einem kleinen Ort mit über 2.000 Einwohnern, der idyllisch an einem Fjord liegt und sich etwa 100 km nordöstlich von Bergen. Will sagen, in einer sehr einsamen Gegend.
Das Debüt, eine selbstbetitelte EP aus dem Jahre 2012, war der Start für eine bisher ansehnliche Anzahl an Veröffentlichungen. Seit 2016 wurden die Alben der Band auf dem norwegischen Label Dark Essence, mit Sitz in Bergen, veröffentlicht. Nach fünfjähriger Pause, wurde auch das aktuelle Album “Avstand” – zu deutsch: Entfernung, Distanz oder Abstand – bei Dark Essence aufgelegt und stand ab dem 20. Januar 2023 in den Regalen der Schallplattenläden. Von dark ESSENCE gibt es schon einige Reviews beim Vinyl-Keks. Unter anderem Five The Hierophant oder SUPERLYNX.
In Norwegen sind Slegest keine Unbekannten und auch eine Band, die gerne live spielen. Auch bei entsprechenden Festivals traten Slegest auf die Bühne. Zum Beispiel im Jahr 2017 beim renommierten Inferno Metal Festival in Norwegen, welches immer um Ostern stattfindet und auch weit über die Grenzen von Norwegen bekannt ist.
Aus “Avstand” wurden bisher zwei Singles ausgekoppelt, “Innsikt” (dt.: Einsicht) und “Forløysning og rus” (dt.: Vorbereitung und Rausch) und enthält insgesamt acht Songs und bereitet uns knapp 32 Minuten Freude.
Mit einem leisen Pfeifen beginnt “Innsikt” und fährt dann die Regler hoch, bis es zu einer wahren Heavy Rock’n’Roll Hymne anschwillt. Mit viel schmissigen Riffs, einer exzellenten Hookline, stampfender Arbeit an den fellbespannten Drums und einem Black Metal geprägten Gesang bestechen Slegest von vorne weg.
Die zweite Single “Forløysning og rus” ist ein echtes Highlight und weis durch kongeniale Riffs zu gefallen. Auch beim Tempo stehen Slegest hier auf dem Gaspedal und punkten überragend.
Mit “Er det deg livet?” (dt.: Ist das ihr Leben?) und “Til det største som finst” (dt.: für die Größten gibt es) haben sich Slegest die beiden stärksten Songs bis zum Ende aufgehoben. Grandiose Melodien funkeln durch räudige, dreckige Riffes, während der Sänger seine Texte raus rotzt. Hier holen Slegest die Hörer ab und beweisen was sie von Songaufbau und -textur versteht. Ganz großes Tennis!
Als ob das nicht schon genug Argumente für das “Avstand” sind, überraschen Slegest mit zwei Tracks, die man auf einem solchen Album nicht erwartet hätte. “Gåte” (dt.: Rätsel) ist ein sehr ambivalenter Song. Zeigt er anfangs seine Heavy Rock-Gesicht, so wird im Mittelteil das Tempo reduziert und der Song wird regelrecht zum Doom, ja fast zum Gothic-Track, nur um uns mit einem chilligen Saxofon völlig zu überraschen.
In den Riffs von Slegest klingt ab und an durchaus mal Rhythmus und Sound von Status Quo in der Gitarren-Sektion durch. Nicht ohne eine gewisse Coolness, beenden Slegest “Avstand” mit einem Status Quo Cover. “Oh Baby” zeigt die Band noch einmal von einer neuen Seite. Der Song bekommt ein neues Gewand. In feinstem Punk-Gothic-Rock und verzerrten Vocals in englischer Sprache huldigen Slegest dem britischen Ikonen. Hut ab vor soviel Mut und Freude am Experimentieren.
Der Spaßfaktor und die Freude am Experimentieren sind die Klammern, die “Avstand” zu einem Erlebnis machen und bei jedem Durchhören dem Hörer ein Grinsen ins Gesicht meißeln und aber eins definitiv nicht erzeugen: Langeweile. Da einigen Konsumenten das Norwegische vielleicht nicht so geläufig ist, werden viele “Avstand” über den Sound und das Gefühl erschließen. Und da brauchen sich Slegest keine Sorgen machen.
With a great mix of classic heavy metal, Rock’n’Roll and black metal, “Avstand” is yet another punch in the face from Slegest.
dark ESSENCE, Label of Slegest
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. “Avstand” brilliert mit seiner Vielfalt und den tollen Ideen! Kleines Manko für uns Mitteleuropäer: die Texte liegen nur in Norwegisch bei. Ansonsten gibt es aber nichts zu beanstanden. Wer für den kommenden Norwegen-Urlaub oder beim Stricken des Norwegerpullovers für den nächsten harten Winter noch einen Soundtrack benötigt, oder sich an den letzten Fjord-Besuch bei einem Topf Fårikål erinnern möchte oder einfach nur Bock auf guten Heavy Rock hat – hier heißt es zugreifen.
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