Oh, wie ich die dunkle Seite des Metals oder Jazz oder am besten beides, mittlerweile liebe! Da kommen mit Five the Hierophant mit „Through Aureate Void“ (Durch die heilige Leere) am Karfreitag gerade recht. Es ist die wahre Lust sich auf dieses dunkle, atmosphärische Werk einzulassen. Tracklängen von acht bis fünfzehn Minuten, geben über fast 50 Minuten genug Zeit und Raum für die Hohepriester ihre Messe zu zelebrieren und der in Trance gefallenen Gemeinde den Wohlklängen zu lauschen. Auch die Optik unterliegt dem Gesamt-Konzept, die Vorderseite schmückt das Ölgemälde „Volunteer in Void“ von dem norwegischen Maler Odd Nerdrum, was einen nackten Mann zeigt, welcher sich von der Erde entfernt und im leeren All einen unbestimmten Nebel ansteuert. Das scheint alles in einem großen Zusammenhang zu stehen … mal sehen vielleicht komme ich dahinter.
Zunächst noch die Aufschlüsselung des ungewöhnlichen Bandnamens. Als Hierophant (griechisch), „Enthüller der heiligen Geheimnisse“, wurde der Hohepriester im Tempel der Demeter in Eleusis in der griechischen Antike bezeichnet. Seine Stellung war ähnlich dem Papst in Rom und seine Würde konnte vererbt werden. Wer Hierophant werden wollte, durfte sich erst nach gewissenhafter Verwaltung niederer Priesterstellen und einem untadligen und keuschen Lebenswandel, dafür bewerben. Die Stellung galt lebenslang. Dem Hierophanten oblag es namentlich, den Eingeweihten die geheimnisvollen Heiligtümer zu zeigen und auszulegen (daher der Name). Ob Five the Hierophant diesem hohen Anspruch gerecht werden?
Für Nichteingeweihte: Five the Hierophant sind eine Band aus London, die es schaffen den sogenannten experimentellen Metal zu sezieren und auf ihrem OP-Tisch zu einer düsteren Gemengelage aus Dark-Jazz, Drone, schwarzem Post-Metal und einem Touch Psychelic. Das macht die Kuttenträger zu einem extrem heißen Export aus UK derzeit.
Man mag zunächst erstaunt sein wie gut das Saxofon seinen Weg in diese Genre gefunden hat, aber mittlerweile haben einige Projekte wie Ihsahn, Rivers Of Nihil und The Faceless mit der Einbindung des Saxofons in ihren Sound als Begleitinstrumen gute Erfahrungen gemacht. Die drei Priester von Five the Hierophant gehen da noch einen Schritt weiter. Sie machen das Saxofon, neben anderen sehr unkonventionellen Klangerzeugern (gelistet im Gatefoldcover) zu einem Hauptdarsteller.
Ich kenne das bisherige Werk der britischen Mönche nicht, aber mit dem dritten Werk „Through Aureate Void“ liegt mir ein Album vor, das mich reizt, fordert und begeistert. Die Songlängen scheinen das Album sperrig zu machen, was aber nur auf den ersten Blick so scheint. Ist man erstmal in der Messe angekommen und der Geist erleuchtet, wird man diese angenehme Atmosphäre der Spannung und Gänsehaut auch über diese Längen genießen. Five the Hierophant verzichten auf Gesang und damit Texte, mal absehen von ein paar eingespielten spoken-word-Passagen. Diese eigentümliche Atmosphäre erzeugen Five the Hierophant durch das über lange Strecken anhaltende gleiche Tempo der Tracks. Mit Effekten, Lautstärke und Instrumentalisierung wird gespielt, so dass man das Gefühl nicht los wird, hinter der nächsten Ecke lauere das unbeschreibliche Grauen. Aber Five the Hierophant führen uns nur an diese Ecke heran – schauen müssen wir selber. Das ist sehr pfiffig gemacht und macht mir extremen Spaß beim Hören.
Die metereologische Unmöglichkeit „Fire from frozen Cloud“ wird mit mächtig groovenden Riffs und Drums zu einem musikalischen Höhepunkt der Platte à la Wagner-Oper. Danach wird es eher weniger dramatisch und es sind die Gitarren, welche die Songs mal tröpfelnd, dann wieder schwebend erscheinen lassen. Und das Saxofon taucht immer wieder auf. Man braucht nie lange darauf zu warten. Mal schrillt es sirenenartig, ein anderes Mal brummt es düster wie ein böses Tier auf der Lauer für den nächsten Sprung. Das erzeugt eine enorme Spannung.
Das Ende der A-Seite „The Hierophant II“ klingt am Anfang sehr gebremst, als wenn man aus dem Schlamm nicht herauskommen könnte, bevor sich der Song in eine sphärische Klangwelt verändert. Der letzte Song „Berceuse“ bleibt wegen der Bassline und der Percussion im Gedächtnis. Hier wird es schon sehr psychedelisch.
Ich will gar kein Geheimnis daraus machen, das sich dem Großteil der Hörer dieses Album nicht erschließen wird. Wer sich auf diese Atmosphäre und sehr improvisiertem Ansatz nicht einlassen kann, sollte die Finger davonlassen. „Through Aureate Void“ ist harter Stoff, sperrig, nicht leicht zu erschließen. Aber genau diese dunkle Schönheit ist es gerade, die mich total in den Bann gezogen hat. Und als Empfehlung für den völligen auralen Genuss, gönnt euch auf einer guten Anlage mal Lautstärke. Ihr werdet überrascht sein, mit wie viel Raum, Tiefe und Vielschichtigkeit ihr belohnt werdet. Wer in die Kirche der Five the Hierophant eintreten möchte, bitte hier lang.