Schon bevor ich die LP “Arcadia” von The Buttshakers auf den Plattenteller lege, bin ich begeistert von der Optik und Haptik des Covers. Der schwarz-gelbe Druck auf naturfarbenem Karton ist wirklich schön anzusehen und wird gleich mal auf mein Schränkchen gestellt, denn sowas Hübsches ist zu schade, um versteckt zwischen den anderen Platten zu versauern. Das Cover will definitiv ausgestellt werden.
“Arcadia” ist seit Anfang November 2021 erhältlich und kommt mit 10 Tracks daher – fünf auf jeder LP-Seite. Die Band The Buttshakers kommt aus dem französischen Lyon und besteht aus Ciara Thompson am Mikro, Sylvain Lorens an der Gitarre, Jean Joly am Bass und Gosselin Soutrenon an den Drums. Aufgeführt sind auf dem Inlay außerdem noch einige Gastmusiker, die dem Album an Saxophon, Flöte, Trompete, Posaune, Orgel, Percussions und als Backgroundsänger einiges an Würze hinzufügen. Executive Producer ist der Gitarrist Sylvia Lorens selbst.
Das Album strahlt eine Extraportion Wärme aus und eine Liebe zu altem Soul und Funk. Auch musikalische Ausflüge ins Jazzige sind zu hören. Der Sound von The Buttshakers ist absolut pur, super abwechslungsreich und vermittelt eine wahnsinnige Energie. Und das ganz besonders durch die kraftvolle, soulgeladene Stimme von Ciara Thompson. Und weil es so viel Spaß macht hört sich “Arcadia” quasi einfach so weg – Man merkt gar nicht, dass man gerade zehn Songs angehört hat und wie viel Zeit dabei eigentlich vergangen ist.
Seite A beginnt mit dem Song “Back in America”, in dem Sängerin Ciara, die afroamerikanische Wurzeln hat, mit ihrer kräftigen, kratzigen Röhre über ihre US-Herkunft reflektiert. Ihr Urteil bei ihrer Rückkehr in ihr Herkunftsland fällt vernichtend aus. “I’ve seen so many brothers in the streets, begging me to look my way… I couldn’t see the destruction with so much corruption … I lay my head to cry… These homes without shelter or care” Sie fragt sich, ob dieses herzlose Land noch ihre alte Heimat ist. Die Bläser erklingen dazu traurig.
Der zweite Song “Not In My Name” ist ebenfalls gesellschaftskritisch und politisch, kommt aber kämpferischer daher. Hier wird bereits deutlich: Hinter dieser so unschuldig, fluffig, positiv anmutenden Musik mit dem hüpfenden Beat und der aktivierenden Basslinie steckt eine Wucht an politischer Message. Hier geht es um Rassismus, um Polizeigewalt. Spätestens mit der Textzeile “I can’t breathe”, die 2014 zur mahnenden Parole der Black Lives Matter Bewegung in den USA wurde, wird das klar. Auch das dazugehörige Video unterstreicht die Botschaft der Solidarisierung von Ciara mit ihren “Brüdern und Schwestern” in den USA. Denn hier sind alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Bürgerunruhen in den 60ern zu sehen. “I am tired of all the liars sprading hate across the land … got to believe there’s a world where brothers aren’t living in fear.” – Dieser Text könnte auch gut in einem aggressiven Punk-Song platziert werden.
Auch bei “Hear Me” bricht die Thematik des Textes mit der Erwartung, die man als Hörer angesichts der eher lockeren, fröhlichen Instrumentierung haben könnte. Denn hier singt Ciara über eine toxische Liebesbeziehung “Like a bad dream your love is getting me down.” Oder bei “Never Enough”: Ciara singt “I’m sick and tired” – die Musik klingt aber gar nicht niedergeschlagen, sondern locker, fluffig, energievoll, kämpferisch.
Diese Art, sehr ernste, traurige und zur Verzweiflung oder Wut führende Themen in tanzbare Funknummern zu verpacken könnte man metaphorisch sehen und als Art, mit Negativem im Leben umzugehen und die Dinge zwar beim Namen zu nennen, sich davon aber nicht überwältigen und niederdrücken zu lassen.
Spannend auch, wie Ciara in “Pass You By” ihre Religionszweifel beschreibt und sich fragt, ob es nicht besser ist, selbst zu denken, statt Dogmen zu folgen. Ein echt schöner Song, der durch die zart eingesetzte Gitarre und die Querflöte geprägt wird. Passt ja, denn die Flöte steht traditionell für Spiritualität und die Verbindung zu Gott.
Die Highlights auf der B-Seite von “Arcadia” sind “Daddy Issues”, das mit wilden Drums und einer lebendigen Basslinie sowie Staccato-Bläsern daher kommt und am Schluss nochmal richtig komplex wird – und “Go On”, das mit cooler Gitarrenmelodie, einer schönen Basslinie und Drums, die ganz tanzwütig machen, überzeugt.
Was ich schön finde ist die Ausgewogenheit der Instrumentierung. Bläser können schnell zu viel werden, hier sind sie aber sehr wohl dosiert und genau richtig eingesetzt, um Akzente zu setzen beziehungsweise tragende Melodien und Zwischenspiele zu liefern. Überhaupt hat jedes der Instrumente seinen Raum, um zu glänzen und ist jederzeit deutlich herauszuhören, während alles zusammen eine harmonische Einheit bildet. Auch das Zusammenspiel von Ciaras Stimme mit dem Backgroundgesang ist absolut genial umgesetzt. Absolute Kaufempfehlung also, vor allem in dieser trüben Zeit.
Kaufen könnt ihr die Platte hier
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