TRAUM leben ihren Traum
Traum leben ihren Traum – so benennen sie ihr EP „Traum“ selbstbewusst nach ihrem Bandnamen und spielen die Musik einer längst vergangenen Ära, als könnte man so die Zeit zurückdrehen.
Sobald sich die Nadel in die Rille absenkt, beginnt die Reise in der Zeitkapsel und zieht den Hörer unweigerlich in die 1960er Jahre des Vereinigten Königreichs – ein greller Trip inklusive Drogen, Sex, Wahnsinn und Trauer. Traum haben anscheinend dabei den süssen Nektar solch obskure Blumen wie Fire, Tintern Abbey oder The Smoke genascht.
She’s like the sunshine, Shining brighter than the sunlight.
She is radiant, her image in the skies.
Traum, „Shoeshine“
Gleich einer historischen Fiktion, lassen Traum verträumte, verhuschte Vocals durch den Raum schweben, während sich die Gitarre schlängelt und kurvenreich den psychedelischen Beat liebevoll umgarnt, um eine wundervolle fragile Seifenblase zu erzeugen, deren Flug man verfolgt, bis sich die Blase mit einem stummen Knall in ein Nichts auflöst.
Back to Future
Nichts beschreibt die Situation der Band treffender als das born-too-late-Credo. Traum entwerfen an ihrem Reißbrett einen naiven Gegenentwurf zum Hier und Jetzt in oszillierendem Breitband-Technicolor. Man muss Traum fast dankbar sein, dass sie uns an ihrem verklärten Blick auf die bewusstseinserweiternden Dekaden teilhaben lassen. Es ist dieser Tunnelblick, der die Wurzel von so wunderschönen Genren wie Psychedelic, Acid Rock und Glam der uns diese längst verloren geglaubten Perlen wieder entdecken lässt.
Candy colored memories, dancing in the tress for the Tuesday’s Lover
Traum „Tuesday’s Lover“
Das Power-Trio bestehend aus Helen Lichter (Gesang, Gitarre und Produktion), Thereyoughost (Bassgitarre) und Christoph Guschlbauer (Schlagzeug, Percussion und Gesang) hat bisher wenig Einträge in der Discographie. Eine hochgelobte Single „Hold the Line“ steht dort zu Buche, aber Traum geben sich gelassen. Nach eigenen Angaben sitze man auf einem riesigen Berg an musikalischen Ideen.
Tonzonen Records – das perfekte Label für die Band
Anfang 2024 ging die Band zurück in ihr eigenes Studio, um die vier Tracks der EP aufzunehmen, die von Helen Lichter komplett analog(!) gemischt wurden und mit ihrem puristischen, verträumten Sound nahtlos an den Vibe der ersten Veröffentlichung anknüpfen.
Signs above the ground,
Go another round.
Rays of daylight fade on me.
Traum „Electric Blue“
Dass das Debütalbum bei einem so hochrenommierten Label wie Tonzonen Records erscheinen durfte, wissen die drei deutschen Musiker zu würdigen, „Wir freuen uns sehr, mit Tonzonen ein Label gefunden zu haben, das unsere Musik versteht, unterstützt, schätzt und bereit ist, sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die künstlerische Freiheit, die uns hier gewährt wird, ist nicht unbedingt selbstverständlich und wir wissen das sehr zu schätzen.“
Der Traum geht weiter
Die nahe Zukunft gehen Traum entspannt an: „Die Welt dreht sich bereits schnell genug und wohl kaum jemand kann sich dieser Tage über einen Mangel an Musik beklagen.“ Dennoch treibt das Trio schon mal Erwartungen hoch und kündigt weitere Veröffentlichungen an, die bereits in Planung sind.
No old beliefs, no former grief.
As your spirit’s free, universal synchronicity.
Traum „Illusion“
Allerdings legen die Musiker in naher Zukunft erstmal den Fokus auf das Live Präsentieren ihrer Musik. Anschließend will man den Schwung der Live-Shows dann rüber ins Studio retten, um mit maximaler Energie Veröffentlichungen für Anfang 2025 voranzutreiben.
Traum schafft wohlige Atmosphäre
Bei „Traum“ tropft die Lässigkeit aus jeder Rille. Es gibt sanfte Melodien wie ein fernes Meeresrauschen oder eher beschwingliche Sounds. Das Zentrum bilden aber immer diese unvergleichlichen Harmonien. Die beiden Songs „Shoeshine“ und „Electric Blue“ räkeln sich unüberhörbar in Richtung Ballade. Trotzdem haben beide Tracks diese leicht verteilte Verträumtheit eines Lagerfeuers im Jugendcamp. Auch das andere Pärchen „Tuesday’s Lover“ und „Illusion“ wirkt extrem relaxt. Neben den Ausbrüchen an Fuzz-Gitarren und verwendeten Vintage-Tape-Echos, ergreift uns Hörende eine sich langsam verbreiteten Wohlfühlatmosphäre, die man nicht mehr verlieren möchte.
Schön, wenn eine Band mit einem solchen Hang zur Vergangenheit, einen Plan für die Zukunft hat. Freuen können wir uns als Hörende in jedem Fall. Bis dahin kann man sich mit der EP „Traum“ die Zeit verkürzen und versüssen. Online ist die EP bei Tonzonen Records oder im gut sortierten Plattenhandel erhältlich. Die auf 300 Exemplare limitierte weisse Version kommt mit Download-Karte und fühlt sich bei 45 Umdrehungen am wohlsten auf eurem Plattenteller.
Vinyl ist für mich nicht nur Musik, sondern ein Erlebnis. Die von mir beschriebenen Alben, habe ich alle ausgepackt, angeschaut und angehört. Gerne auch mehr als ein Mal. Bei den Reviews mache ich mir immer ein eigenes Bild durch entsprechende Recherche und das konzentrierte Anhören. Das ist meine Art den Künstlern und Künstlerinnen entsprechende Wertschätzung für ihre Kreativität und Kunst entgegenzubringen.
So kann es vorkommen, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens, die Platten in seltenen Fällen vergriffen sind.
Dazu gibt es für mich keine Alternative: über Platten schreiben, in dem man die Pressetexte abschreibt ohne die Platte in den eigenen Händen gehalten zu haben, macht für mich keinen Sinn. Danke für euer Verständnis.
Lagartija Nick.
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