30 Jahre Voodoo Rhythm Records – das muss gefeiert werden! Standesgemäß legt Labelchef, Monsters-Mastermind und Rock’n’Roll-Reverend Beat-Man zum Jubiläum einen Sampler vor, der dem Labelmotto “Records to ruin every party” alle Ehre macht.
Denn auch die mittlerweile fünfte Voodoo-Rhythm-Compilation ist wohl nicht der richtige Soundtrack für die After-Corona-Sause deines 18-jährigen Cousins, der gerade seine Erstwähler-Stimme an die FDP verschwendet hat. “Flamenco and Blues Trash meets Exotica Space Cumbia and wild Rock’n’Roll Garage Chainsaw Punk and Neanderthal Synth” verspricht der Infozettel – und damit nicht zu viel.
Statt Songbeispiel: Diese lohnenswerte Doku über den Reverend und sein Label.
Los geht es natürlich mit den Monsters, deren verzweifelte Labelsuche den Beat-Man vor 30 Jahren erst auf die Idee brachte, ein eigenes Label zu gründen. Die Garage-Trash-Veteranen aus der Schweiz machen mit dem stampfenden “Smell my tongue” jede Menge Lust aufs kommende Album. Aus dem Berner Umland kommen auch die Bad Mojos, die mit “Crash & Burn” astrein übersteuerten Garage-Punk zur Paryt mitbringen.
“I want you, I need you” grummeln Destination Lonely aus Südfrankreich, bevor die hier kürzlich schon lobend erwähnten Sloks mit “No wake up” noch einmal beweisen, dass auch Turin offenbar ein guter Nährboden für angepissten Garage-Punk ist. Als nächstes ist wieder Mr. Beat-Man persönlich dran, unterstützt von Izobel Garcia gibt er auf “Black Metal” die düsterst denkbare Inkarnation von Tom Waits. Anschließend darf Garcia – angekündigt als “Mexican Femme Mysteria and Voice of the Century” selbst ran und mit “Baby ok” den Titelsong für einen trashig-staubigen DIY-Western einsingen, der dann bitte noch gedreht werden müsste.
Die A-Seite endet dann mit schmissigem Country-Rock’n-Roll von Trixie & the Trainwrecks (“Too good to be blue”) und Degurutieni aus Japan, der mit “Acme in the afternoon” ein leicht angetrunkenes Stück Blues abliefert.
Kurz durchschnaufen? Ist nicht, denn die B-Seite eröffnet der Spanier Nestter Donuts, der mit “Infeccion” beweist, dass “Flamenco Trash One Man Band” tatsächlich als gültige Genrebezeichnung durchgeht. Und wenn man denkst, absurder wird es nicht mehr, kommen The Sex Organs daher und singen über “Lubrication” – zu deutsch “Schmierung” – noch Fragen?
“Learn to lose” ist sicher ein Motto, auf dass sich einige der Künstler*innen auf Voodoo Rhythm einigen können. Roy and the Devils Motorcycle widmen dem Verlieren eine hübsche Lo-Fi-Blues-Trash-Nummer (mit “Easy Rider”-Vibe!). Anschließend sorgen The Devils für besten Party-Smalltalk mit “Coitus Interruptus (from a Priest)” – extrem überdrehter Trash-Punk, der jede Menge Spaß macht. Etwas gemächlicher gehen danach die Holländer E.T. Explore Me zu Werke, deren “Drug Me” zwischen Swamp Blues und Psychedelia eine recht hypnotische Stimmung erzeugt.
Irgendwo zwischen rauem Blues, Psychedelic und Space Rock bewegen sich Honshu Wolves, deren tolles Album ich hier bereits empfehlen durfte. “Tell Me” war schon darauf einer der schönsten Titel. Das Licht aus bei dieser Party machen dann die fantastischen Dead Brothers, deren “Mean Blue Spirit” am Ende in einen schaurig-schönen gesummten “March of the dead” ausdriftet.
Soweit der Inhalt dieser rundum gelungenen Compilation, die Fans des Labels oder von Abseitigem und Trashigem im Allgemeinen sehr glücklich machen dürfte.
Voodoo Rhythm wäre aber nicht Voodoo Rhythm, wenn sich der Beat-Man für die Vinyl-Ausgabe nicht etwas ganz Besonderes ausgedacht hätte: Der Sampler kommt als wunderschön gestaltete (Artwork: Andy “Sinboy” Luke) Animated Picture-Disc daher. Wie die Animation auf dem Plattenteller funktioniert, verrate ich allerdings nicht. Das müsst ihr schon selbst rausfinden.
Also: Hier die Compilation bestellen, mitfeiern und fleißig Parties ruinieren. Auf die nächsten 30, Voodoo Rhythm!