In unserer Reihe Vinylkeks4Nepal lassen wir die Bands und Unterstützer:innen der beiden Benefiz Vinyl Sampler “Help4Nepal Vol.1“ und “Help4Nepal Vol.2 – United We Stand” zu Wort kommen. (Können hier käuflich erworben werden) Die Sampler waren zunächst als Nebenprojekt des The Madness Pogo Festivals entstanden. Zwischenzeitlich wurde daraus ein eigenständiges Projekt: Das Child8Project . In Kooperation mit STELP e.V. Stuttgart wird mit dem Erlös der Sampler Geld für den Bau einer Schule und ein Wassersystem in Kathmandu / Nepal gesammelt. Detailliertere Informationen zu dem Projekt findet ihr außerdem hier im Interview mit Sascha, einem der Hauptinitiatoren.
Im heutigen Interview steht uns Bela, Mitbegründer des Child8Projects und Sänger der Band Das frivole Burgfräulein Rede und Antwort. Er erzählt uns im Folgenden, welche Aufgabenbereiche er beim Projekt abdeckt, wie seine Band die Pandemiezeit erlebt, und wie sich die Szene in seinen Augen während der Jahre des Bandbestehens verändert hat.
Hallo lieber Bela, schön, dass Du Zeit für ein Interview gefunden hast – obwohl Du derzeit bestimmt sehr eingespannt bist: Neben Deiner Band “Das Frivole Burgfräulein” hast Du dieses Jahr schon zusammen mit Sascha die beiden Benefiz Sampler “Help4Nepal Vol1&2” initiiert. Wie habt ihr beide euch gefunden und was sind Deine Aufgaben beim Projekt?
Erstmal geht der Dank an dich, dafür dass du unserem Projekt so viel Raum und Support einräumst und damit ein klein wenig bekannter machst.
Sascha und meine “Lovestory” begann mit den Vorbereitungen zum Madness Pogo Festival. Nachdem Das frivole Burgfräulein dafür gebucht wurden und Sascha den ersten Flyer rausgehauen hatte, musste ich einfach eingreifen und ihm meine Hilfe anbieten. Wer Saschas Artwork und Basteleien kennt, weiß was ich meine… 😉
Eines Tages kam er mit der Idee des Samplers um die Ecke und ich hatte Bock da mitzumachen. Meinen Aufgabenbereich haben wir mittlerweile scherzeshalber als “Art- und Sound-Director” beschrieben. Da ich in den vergangenen Jahrzehnten durch die Band viele MusikerInnen und Bands kennengelernt habe, kennt man natürlich auch den/die eine(n) und andere(n). Ein Großteil der deutschen Bands geht daher auf meine Kappe. Sascha lass’ ich dann die internationalen Bands anschreiben. So ergänzt sich das dann ganz gut. Zusätzlich bin ich dann noch für Bilder und Artworks verantwortlich und gestalte die Alben.
Wir freuen uns, dass wir euch auf diese Weise unterstützen können! Wenn ich richtig informiert bin, hast Du für den ersten Sampler auch die Covergestaltung übernommen. Du scheinst ein wahrer Tausendsassa zu sein -auch bei “Das frivole Burgfräulein” läuft alles (bis hin zum eigenen Label Schulanfang ‘77) DIY. Bist Du jemand, der sich schwer tut, Aufgaben abzugeben oder macht es Euch einfach so viel Spaß, alles selbst zu machen? Wie lassen sich all die Aufgaben mit Deinem Alltag vereinen?
Da scheint was dran zu sein. Ich mache in der Tat zu 90% alles, was mit Das frivole Burgfräulein zu tun hat. Beim Songwriting haben wir es derzeit ein wenig auf 50/50 eingependelt. Zum einen hat das den Vorteil, dass man genau das bekommt, was man haben möchte, ohne dritte mit ins Boot holen und Kompromisse eingehen zu müssen. Zum anderen bleibt gar nichts anderes übrig, denn kein anderer will den Scheiß machen. So dass es eben an mir hängen bleibt…. und wenn ich ein halbwegs vernünftiges Resultat haben möchte, muss ich dann mit meinen bescheidenen Mitteln und mit viel Zeit und Herzblut irgendwas hinzaubern.
Und Herzblut ist ja bekanntlich der Garant für ein gutes Produkt…Euch gibt es als Band nun schon seit 30 Jahren. Habt ihr als Freunde angefangen und spielt ihr noch immer in derselben Besetzung wie damals? Wie hat sich in den letzten Jahrzehnten die Szene in euren Augen verändert?
Aus der Ur-Ur- Besetzung bin nur noch ich dabei – allerdings ist Frollein K-Mann (Gitarre) auch seit 1993 dabei und wurde über eine Zeitungsannonce gefunden (“Tiere suchen ein Zuhause” 🙂 ) . Denis (Dok:Z/Bass) ist seit 2006 dabei, glaub ich. Und ein Schulfreund vom Frollein. Personal – hauptsächlich Schlagzeuger – ist während der Zeit viel gewechselt worden. Als letzter kam Shingo 2019 zur Band.
Das mit der “Szene” ist so eine Sache, ich habe das Gefühl, dass früher alles unkomplizierter war und einfach gemacht wurde. Mittlerweile verstrickt sich, gerade die Linke-Szene, in Grabenkämpfe. Ebenso die Frage, was noch Punk ist und was nicht mehr sein darf. Ich persönlich war nie ein großer Freund von “Szenen” da man schnell in einem elitären “Musikantenstadl” landet. Ob das die Punk/HC oder die Gothic-Szene ist, es finden sehr oft Ausgrenzungen statt, was nun dazugehören darf und was nicht… Das ist nicht meine Art zu denken und jeder, der kein Arsch ist, hat erstmal eine Chance in meine kleine misanthropische Welt Eintritt zu erlangen 😀
Misanthropisch mit starkem Hang zu Empathie (außer gegenüber Ärschen) also, haha. Eure lange Live-Historie lässt vermuten, dass Euch im Moment die Bühne sehr fehlt. Wie bringt ihr seit der Pandemie eure Musik unter die Leute ? Habt ihr z.B. Streaming-Konzerte gespielt oder 5 Alben rausgebracht?
Das Spielen fehlt schon ein wenig, aber viel mehr habe ich gemerkt, dass mir das Treffen von Leuten und die Gespräche nach unseren Konzerten sehr fehlen. Der Moment kurz vor dem Auftritt, bis zu dem Punkt, wo man dann fertig irgendwo einschläft. Das gibt einem kein Online-Konzert, außerdem wird dann festgehalten, wie schlecht wir live einfach sind. Das vergisst man beim Konzert mit viel Alkohol wieder, aber wenn man sich die Auftritte dann zu Hause nochmal anschauen kann, ist das meist nicht zu unserem Vorteil :D. Allerdings haben wir in der Zeit drei Songs, jeder seine Parts für sich im Homeoffice, aufgenommen. Gesehen habe ich die Jungs letzte Woche, seit 1, 5 Jahren zum ersten mal wieder, zu einer Probe. Hätte ich jetzt aber auch nicht gebraucht … haha!
Es darf auch während eines Streaming-Konzerts Alkohol konsumiert werden, falls das hilfreich sein sollte…Du setzt Dich mit Deiner Band ja nicht nur für Nepal ein, sondern machst Dich auch stark gegen Rassismus (z.B. inhaltlich in eurer Musik auf “May the Forst be with you”). Woher kommt Dein/Euer Engagement? Betrachtest Du es als Pflicht von Künstler:innen und Bands, ihre Reichweite für die Unterstützung sozialer Projekte und Thematisierung von Rassismus etc. zu nutzen, um die Welt zu einem besseren Ort für uns alle zu machen?
Ich halte es für Bürgerpflicht, sich gegen Rassismus zu stellen. Vermutlich steckt in mir auch ein kleiner Weltverbesserer. Das war es auch, was mich vermutlich zum Punk gebracht hatte. Die Rebellion, das anders sein wollen und nicht zufrieden mit dem, was man vorgesetzt bekommt. Das Hinterfragen und eben auch das Einsetzen für den vermeintlich Schwächeren, sofern es in meiner Macht steht. Viele aus meinem Bekanntenkreis arbeiten in sozialen Berufen und ein gewisses Helfersyndrom kann ich auch nicht immer verbergen.
Unpolitisch gibt es nicht, und wer sich nicht klar und deutlich gegen faschistoides Gedankengut stellt, stimmt diesem zu und lässt es größer werden.
Aus meiner Interviewreihe “MusInclusion” habe ich eine Frage von Lisa&David mitgenommen, die ich in dieser Interviewreihe als “Kernfrage” allen Bands stelle, da ich denke, dass diesem wichtigen Thema bisher viel zu wenig Platz in der Szene eingeräumt wurde: Wisst ihr darüber, dass es Venues in Deutschland gibt, in denen Menschen mit Behinderung (in diesem Fall Rollstuhlfahrer:innen) kein Einlass gewährt wird (Begründung z.B. Brandschutz), d.h., dass sie vielleicht auch Eure Konzerte nicht besuchen können? Habt ihr Euch als Band schon mal mit dem Thema Ableismus (=Diskriminierung von Menschen mit Behinderung) in der Musikszene auseinandergesetzt?
Da wir eine enge Bindung zu unseren „Fans“ haben, haben uns auch schon Menschen mit Behinderung, im besonderen Falle mit Rollstuhl, angeschrieben und baten uns um Hilfe. Mir fällt da spontan der Grünspan in Hamburg ein, wo einem Rollifahrer der Eintritt versagt blieb, was ich aber erst später per Mail erfuhr. (Anm.: Wie es anders geht zeigt der Indra Musikclub in Hamburg, siehe Bilderstrecke: DAS FRIVOLE BURGFRÄULEIN – GOTT SEI PUNK – Hamburg – Indra (03.06.2017) – ALLSCHOOLS). Wenn ich sowas vor Ort mitbekomme, wird natürlich eingeschritten und für eine Lösung gesorgt. Ebenso wird versucht, im Vorfeld sowas zu klären. So etwas fällt meist in den Bereich des Veranstalters und Alex (Schwers) konnte, in seinem Interview zuletzt (gibt es hier nachzulesen!), da ja einiges ansprechen. (Dafür war er zum Thema „Help4Nepal“ ja nicht so aussagekräftig 😉
Der Grünspan fiel leider schon mehrfach bei meinen “MusInclusion” Interviewpartner:innen als Negativ-Beispiel zu diesem Thema…Als Tape-Addict wünsche ich mir zum Schluss von Dir noch eine Mixtape Playlist mit dem Thema “Never Mind The Hosen” ;-))
Haha…Ja ich habe deinen Hosen-Vergleich aus dem Review zur ersten Hel4Nepal-Platte nicht vergessen…Hm, mal schauen:
- Yeti-Girls – Niemals zu den Hosen gehen
- Helene Fischer – Tage wie diese
- The Sewer Rats – To Punk for you
- NOFX -Its my Job to Keep Punkrock Elite
- Die Toten Hosen – I fell fine
- F*cking Angry – Lack ab
- Kaput Krauts – Gemütlichkeitspunk not dead
- Danger Dan – Beginne jeden Tag mit einem Lächeln
So, jetzt aber Schluß mit Hosen-Bashing, alte Menschen muss man respektieren 😉
Herzlichen Dank lieber Bela für Deine kostbare Zeit und das Interview , wir sind schon gespannt auf weitere Projekte…