In unserer Reihe Vinylkeks4Nepal lassen wir die Bands und Unterstützer:innen der beiden Benefiz Vinyl Sampler “Help4Nepal Vol.1″ (gibt’s hier zu kaufen) und “Help4Nepal Vol.2 – United We Stand” zu Wort kommen. Die Sampler waren zunächst als Nebenprojekt des The Madness Pogo Festivals entstanden. Zwischenzeitlich wurde daraus ein eigenständiges Projekt: Das Child8Project . In Kooperation mit STELP e.V. Stuttgart wird mit dem Erlös der Sampler Geld für den Bau einer Schule und ein Wassersystem in Kathmandu / Nepal gesammelt. Detailliertere Informationen zu dem Projekt findet ihr außerdem hier im Interview mit Sascha, einem der Hauptinitiatoren.
Im heutigen Interview klären uns Yeawon (Guitar&Vocal) und Seeun (Bass&Vocal) der südkoreanischen Punkband RUMKICKS darüber auf, was sie unter “Post-Joseon-Punk” verstehen, wie es um die südkoreanische Punk-Szene bestellt ist und warum Ihnen die Teilnahme am Help4Nepal Sampler eine Herzensangelegenheit ist.
(Original in englischer Sprache folgt unter der deutschen Fassung!)
Hallo ihr beiden, nett von euch, dass ihr uns ein paar Fragen beantwortet!
Als erstes würde ich gerne von Euch wissen, wie ihr auf euren Bandnamen gekommen seid und wofür die Bezeichnung “Post-Joeseon-Punk-Band” steht!
Yeawon: Eigentlich mag ich den Namen RUMKICKS gar nicht, haha! Aber es war die erste Band meiner Bassistin. Ich habe sie einfach machen lassen, was sie wollte.
“Joseon-Punk” war das Punk-Genre in Korea in den späten 90ern bis Anfang 2000. Damals versuchten die Punk-Bands, dem Stil aus Übersee zu folgen, aber sie hatten ihre eigenen, einzigartigen koreanischen Stärken (Rauheit, Texte usw.) Ich wollte diesen Musikstil einfach auf eine lustigere Art und Weise weiterentwickeln. Und dann habe ich einfach den Begriff “Post-Joseon-Punk” erfunden.
Seeun: Hallo! Ich war auf der Suche nach einem Namen, der nicht feminin ist und nicht nach Punk klingt. Ich habe ihn auf Empfehlung eines Freundes gefunden. Er bedeutet nicht wirklich etwas! Trinkt alle etwas Rum! LOL…Und “Joseon Punk” wurde während des koreanischen Punk-Booms in den 1990er und 2000er Jahren geprägt. Wir haben uns gesagt, dass wir damit weitermachen wollen, also haben wir “Post” vorne angehängt und es “Post-Joseon-Punk” genannt. Ich weiß nicht, ob das ein richtiges Genre ist.
Wie lange macht ihr schon zusammen Musik? Wie seid ihr zum Punk gekommen und wer sind eure musikalischen Vorbilder?
Y: Wir machen seit mehr als 3 Jahren zusammen Musik. Ich habe immer davon geträumt, eine Punkrockerin zu sein, seit ich Grundschülerin war. (Was für eine Spinnerin…). Ich weiß nicht warum, aber ich hatte einfach das Gefühl, dass es mein Schicksal ist, ein Punkrockstar zu sein.
Ich habe zu viele Idole, aber wenn ich mich für eines entscheiden müsste, wäre es Tom Morello von Rage Against The Machine Er ist ein großartiger Gitarrist und er versucht immer, das gesellschaftlich “Richtige” zu tun.
S: Es ist ungefähr drei Jahre her, dass ich angefangen habe, Musik zu machen! Als ich mir Punk-Shows ansah, fand ich das richtig cool, aber die Bands verschwanden immer wieder aus der Szene. Ich dachte mir, dass ich an ihrer Stelle weitermachen wollte, und so habe ich angefangen. Ich habe nicht wirklich einen Favoriten, aber wenn ich jemanden auswählen müsste, wäre es Matt Freeman von Rancid.
Wie groß ist die Punkszene in Südkorea? Gibt es viele Frauen in Punkbands?
J : Ich glaube, wir haben die kleinste Punkszene, haha!
Hier gibt es zwar viele “weibliche” Musikerinnen, aber immer noch weniger als Männer.
S: Die koreanische Punkszene ist nicht so groß. Ich habe die genauen Daten nicht gesehen, aber ich denke, es gibt vergleichsweise mehr Männer als Frauen.
Habt ihr irgendwelche Erfahrungen mit sexistischem Verhalten in der Szene gemacht und wenn ja, welche?
J: Ich habe ein paar Mal sexuelle Belästigung erlebt. Ich habe den Song “Don’t Touch My Head” geschrieben, nachdem ich einem Perversen begegnet bin, der mich vor einem Punk-Lokal heimlich am Kopf berührt hat.
S: Obwohl ich persönlich noch nie eine geschlechtsspezifische Diskriminierung in einer Punkband erlebt habe, habe ich verschiedene Geschichten gehört, wie andere Frauen Diskriminierung in der Szene erlebt haben.
Ihr seid Teil des zweiten Help4Nepal-Samplers “United We Stand”. Welchen Song habt ihr beigesteuert und warum?
S: Ich habe einen Song namens “Rule The World PUNX” beigesteuert. Es ist ein Lied über die Ablehnung von Leuten, die versuchen, mir ihre eigenen Gedanken und Standards aufzuzwingen. Es ist ein Song über den Appell an meine eigenen inneren Gedanken und Meinungen. Ich habe diesen Song mit dem Gedanken beigesteuert, denjenigen Hoffnung zu geben, die sich in verletzlichen Situationen befinden oder die ihre eigene Meinung frei äußern wollen.
Das Projekt schafft unter anderem ein neues Zuhause für bedürftige Mädchen, die von Kinderarbeit, Frühverheiratung oder Verkauf an Bordelle bedroht waren. Was bedeutet es für Euch zu wissen, dass ihr dieses Projekt unterstützt?
Y: Ich bin von Beruf Medizinerin und arbeite seit einigen Jahren als Freiwillige in einem Heim für weibliche Jugendliche. Ich möchte immer “Mädchen” unterstützen und es bedeutet mir sehr viel, dass ich die Möglichkeit habe, Mädchen in Nepal zu helfen.
S: Ich hoffe, dass dies eine kleine Quelle des Trostes für alle verletzlichen Frauen auf der ganzen Welt sein wird. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich durch meine Teilnahme an diesem sinnvollen Projekt eine Hilfe sein könnte.
Im Mai habt ihr eine neue Single mit dem Titel “I Don’t Wanna Die” veröffentlicht. Worum geht es in dem Song? Gibt es einen roten Faden, der sich inhaltlich durch eure Texte zieht?
Y: Es geht darum, dass man sich nutzlos fühlt und in Depressionen feststeckt. Als ob es keinen Grund zum Leben gäbe. Ich mache immer Witze wie “Ich sollte besser sterben”, aber tief in meinem Inneren schreie ich mir zu: “Ich bin besser als das, ich will gut leben, wie andere Leute, und ich will nicht sterben!”
In meiner Interviewreihe “MusInclusion” bei Vinyl-Keks befrage ich Menschen mit und ohne Behinderungen zum Thema Barrierefreiheit und Inklusion bei Veranstaltungen. Wie sieht es mit der Barrierefreiheit in südkoreanischen Veranstaltungsorten aus? Ist Inklusion in Südkorea ein Thema (auch außerhalb der Musikszene)?
Y: In Korea kämpfen behinderte Menschen immer noch für ihr Recht auf Mobilität. Selbst der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln ist für sie nicht einfach. Deshalb sieht man auf Koreas Straßen kaum Menschen mit Behinderungen.
Die meisten Live-Veranstaltungsorte sind sogar noch schwieriger zu erreichen. Ein Großteil von ihnen liegen tief unter der Erde – es gibt keine Rollstuhlrampe. Die Treppen sind so steil! Ich habe noch nie irgendwelche Behinderten-WCs in koreanischen Konzerthallen gesehen. Manchmal treffe ich einen Menschen mit Behinderung als Zuschauer bei einer Live-Show, aber das sind nur diejenigen, die ihren Körper selbst “kontrollieren” können.
Das ist so peinlich, um es offen zu sagen. Das ist unser aller Schande. Wir müssen das besser machen.
S: Die derzeitige Situation bei Live-Auftritten in Korea ist für Menschen mit verschiedenen Behinderungen nicht geeignet. Trotzdem habe ich einige Fälle gesehen, in denen Menschen mit Behinderungen Live-Auftritte genossen haben. Und sie schienen die Show mit Freude zu genießen.
Ich gebe zu, dass ich Menschen nicht automatisch helfe, nur weil sie eine Behinderung haben. Aber wenn sie um Hilfe bitten oder sich in einer Situation befinden, in der sie Unterstützung benötigen, versuche ich, mein Bestes zu geben. Es gibt viele verschiedene Menschen auf der Welt. Wenn man herausfindet, dass jemand eine Behinderung hat, und dann sofort Hilfe anbietet, ohne ihn vorher nach seiner Meinung zu fragen, dann denke ich, dass man nur nett sein will, um sich selbst gut zu fühlen.
Zum Schluss noch meine Lieblingsfrage: Wie würde eure Playlist für ein Mixtape mit dem Titel “Our Favourite South Korean Punk Bands” aussehen?
S: Es gibt so viele koreanische Punksongs, die ich mag, aber ich werde jetzt nur drei davon empfehlen:
Startline – With Me
The Punk Drunk Love – Red Sunset Beach
Burning Hepburn – Life Goes On
Y:
Lazybone – Do It Yourself
Rux – From Now Till The End
One Hundred Blossom Club – The Blues Of The Gangbuk Worst
Vielen lieben Dank für das tolle Interview und Alles Gute Euch für Eure Zukunft!
Rumkicks
Original Interview:
Hey, nice of you to answer some questions! First of all, I would like to know how you came up with your band name and what description “Post Joeseon Punk Band” stands for!
Yeawon: Actually I don’t like the name RUMKICKS.. haha But it was my bassist’s first band. I just let her do anything she wanted. Joseon-punk was The Punk genre in Korea in the late 90’s~early 2000 ’s. at that time punk bands tried to follow the overseas style but they had their own unique Korean strength(roughness, lyrics etc). I just want to develop that music style in a more fun way. And then I just made up the term Post-Joseon punk.
Seeun: Hello! I was looking for a name that wasn’t feminine and didn’t have a punk feel. I came up with it on a friend’s recommendation. It doesn’t really mean anything! Everyone, have some rum! LOL And ‘Joseon punk’ was coined during the Korean punk boom of the 1990s and 2000s. We said let’s continue with that, so we added ‘post’ to the front and called it ‘post-Joseon punk’. I don’t know if it’s a real genre.
How long have you been making music together? How did you get into punk and who are your musical idols?
Y: Its been more than 3years since we’ve been together. I always dreamed of being a punk rocker since I was an elementary school student. (what a weirdo). I don’t know why but I just felt it was my destiny to be a punk rockstar. I have too many idols. but If I had to pick one it would be Tom morello of RATM. He is a great guitarist and he always tries to do the socially ‘right thing’.
S: It’s been about three years since I started doing music! Watching punk shows, I thought it was really cool, but bands continually disappeared from the scene. I was thinking that I wanted to continue in their place, and that’s how I got started. I don’t really have a favorite, but if I had to pick someone, it’s Matt Freeman of Rancid.
How big is the punk scene in South Korea? Are there many women in punk bands?
Y: I think we have the smallest punk scene. haha.Here there are many ‘female’ musicians but still fewer than men.
S: The Korean punk scene is not that big. I haven’t seen the exact data, but I think there are comparatively more men than women.
Have you had any experiences with sexist behaviour in the scene and if so, what were they?
Y: I have experienced sexual harrassment a couple of times. I wrote the song ‘Don’t touch my head’ after I encountered a pervert who touched my head secretly in front of a punk venue.
S: Although I have never experienced gender discrimination in a punk band personally, I’ve heard various stories of how other women have experienced discrimination in the scene.
You are part of the second Help4Nepal sampler “United We Stand”, which will be released in July. Which song did you contribute and why?
S: I contributed a song called ‘Rule The World PUNX’. It is a song about rejecting people who try to impose heir own thoughts and standards onto me. It is a song about appealing to my own inner thoughts and opinions. I contributed this song with the thought of giving hope to those in vulnerable situations or who want to express their own opinions freely.
Among other things, the project creates a new home for needy girls who were threatened by child labour, early marriage or sale to brothels. What does it mean to you to know that you are supporting this project?
Y: My occupation is in the medical field, and I’ve been a volunteer at a shelter for female youth for a few years. I always wanna support ‘girls’ and it means so much to me to have the chance to help girls in Nepal.
S: I hope it’ll be some small source of comfort to all the vulnerable women all over the world. I would be very happy if I could be of any help by participating in this meaningful project.
You released a new single in May called “I Don’t Wanna Die”. What is the song about? Is there a thread running through your lyrics in terms of content?
Y: It’s about feeling useless and stuck in depression. Like there’s no reason to live. I always make a joke like ‘I better die,’ but deep inside, I scream at myself “I’m better than this, I wanna live well like other people, and I don’t wanna die!”
In my interview series MusInclusion at Vinyl-Keks, I interview people with and without disabilities on the topic of accessibility and inclusion at events. What about accessibility in South Korean venues? Is inclusion a topic in South Korea (also outside the music scene?)
Y: In Korean disabilities still fight for their right of mobility. Even public transportation, it’s not easy to access for them. That’s why you barely see disabilities on Korea streets.
Most live venues are even more difficult to access. Most of them are located deep underground—there’s no wheelchair ramp. The stairs are so steep. I’ve never see any facilities for disabled people in Korean live venues. Sometimes I might meet a disabled person as audience member at live show, but they are only ones who can control their body by themselves. It’s so embarrassing to say it frankly. It’s all of our shame. We have to do better than this.
S:The current state of performances at live venues in Korea is not accommodating to people with various disabilities. Despite this I have seen quite a few instances of people with disabilities enjoying live performances. And, they seemed to be happily enjoying the show.
I’ll admit I don’t automatically help people just because they have a disability. But if they ask for help or are in a situation requiring assistance, I try to do my best. There are many different people in the world. Finding out that someone has a disability, then instantly providing assistance without asking for their opinion first, I think that’s just wanting to act nice to feel good about one’s self.
Lastly, my favourite question: What would be your playlist for a mixtape called “Our Favourite South Korean Punk Bands”?
S: There are so many Korean punk songs that I like, but I’ll recommend only three of them now.
Startline – With Me
The Punk Drunk Love – Red Sunset Beach
Burning Hepburn – Life Goes On
Y:
Lazybone – Do it yourself
Rux – From now till the end
One hundred blossom club – The blues of the Gangbuk worst
Thanks a lot for the cooll interview and al the best for your future!