Nachdem uns letzte Woche Philipp von Baretta Love beehrte, ist heute Tom dran. Tom kenne ich von Instagram. Da macht er als “vinylhippo” allen erdenklichen Kram. Wie ich auf ihn kam? Er hört gutes Zeug und hat auch sonst viel Ahnung von Musik. Ob das immer noch so ist? Keine Ahnung. Aber lest selbst:
Als Stephan mich auf einen Textbeitrag zum Thema Vinylsünde auf Instagram ansprach, war ich
erst mal perplex, dass ich grübeln musste. Was ist die Vinylsünde? Hab ich eine Vinylsünde? Ist
meine Liebe zur Vinyl eine Sünde? Moment mal, meint der wirklich mich? Ein ganzer Sack von
Fragen prasselte auf mich ein. Stephan meinte dann: “Stell eine Platte vor, die eher ein trashiges Dasein in
deiner Sammlung fristet, und die vielleicht auch eine Geschichte zu erzählen hat oder haben.“
Okay dachte ich mir, da ich unter anderem auch ein Anhänger von Thrash-Metal bin, hab ich auch viel
T(h)rash, im wahrsten Sinne des Wortes. Andererseits höre ich wirklich jedes Genre, riskiere gerne den
Blick über den Tellerrand, und habe mir auch eine verdammt lange Zeit jeden Scheiß eingefangen,
es verhielt sich ähnlich wie die Krätze oder Sackläuse, will keiner haben.
Dann habe ich mal überlegt, was ich so vorstellen könnte. Eine Band, die absolut überbewertet
ist und mit der ich ewig nichts anfangen konnte, aber besitze? Oder aber eine Band, die ich erst jetzt
so langsam zu schätzen lerne, die aber trotzdem voll überhyped ist/war/wird!. Da kamen mir die
Beatles in den Sinn. Die Leute, die mich auf Insta kennen wissen ja, dass ich der Pro Stones Hörer
bin, geprägt durch meinen Dad. Also das oft bezeichnete Gegenlager der Beatles. Okay die Stones
sind auch Trash. Allerdings wäre ich vor ein paar Jahren auch nicht abgeneigt gewesen etwas von
Queen als Trash zu bezeichnen. Auch so eine Musikantentruppe, der ich den Erfolg nicht
absprechen möchte und derer ich mich mit den Jahren meiner Reife mittlerweile erwärmen konnte.
Allerdings verhält es sich mittlerweile so, dass ich verstärkt auf kleine Bands und Labels in meiner
Sammlung ausweiche. Fernab dem ganzen Bonbonpopgestruller. Moment ich hab ‘ne Lady Gaga
Chromatica Picture Vinyl, das war mal ne Verpackungsfehllieferung die ich behalten sollte, weil das
zurückschicken zu teuer gewesen wäre für die Umwelt. Kein Witz. (Ich glaube, die schieb ich
irgendwann einem beim #vinylwichteln unter. Hehe!)
Meine Wahl fiel daher auf: NoNoYesNo. Eine deutsche Hardcore-Punk-Band aus München.
Gegründet in den späten 80er Jahren, am Ende bei Nuclear Blast unter Vertrag und zwischenzeitlich
aufgelöst. Für manchen Punk ein Geheimtipp. Für mich ein Griff in die Schüssel. Vielleicht bin ich
mittlerweile zu alt. Immerhin hat es dieses Format hier geschafft, dass ich mich dem Album
nochmal widme. Nun gut, NoNoYesNo wurde dem Noise zugeschrieben. Experimentelle, frei
drauflos improvisierte Blablamusik, die von harten Klängen untermalt ist. Es heißt, die
Richtung war weitestgehend in den 80er und 90er Jahren mit japanischen Acts assoziiert. Ok und
nun?
Proudly present: NoNoYesNo mit dem allseits geliebten Album “Japanese Mondo Bread”,
erschienen 1991 bei Big Store, dem deutschen Independent-Label für Rock, Punk, Garage und
Hardcore. Hey, die Jungs waren nicht schlecht, sie waren übelst schlecht. Auf dem Album reihen
sich vielsagende und vor allem vielversprechende Titel wie „Knife“ „Abstoßung“ „Holy“ und
„Hardboiled“, ist das was?
Hau raus was das Sprachorgan zum Besten geben will, was Dein Hirn in einem Schwall raus kotzt.
Das Albumcover war der zündende Ausschlaggebende, zeigt es ein barbusiges Cowgirl mit roten
harten Nippeln, einem Baseballschläger in der einen Hand, womit die Hübsche einem anderen derbe
die Visage blutig poliert. (Den scheint sie übrigens auf der B-Seite bei dem Track „Graoul“ mit
mächtig viel Spaß zu vermöbeln, oder sie ist gerade anderweitig mit ihrem Gestöhne beschäftigt.)
Sie selbst befindet sich in den Armen eines lang tragenden Koteletten Cowboys ebenfalls den
Schläger schwingend. Das Cover wäre was für den Ärzte „Schunder Song“ gewesen, dort heißt es:
„Du hast mich so oft angespuckt, geschlagen und getreten
das was nicht sehr nett von Dir, ich hatte nie darum gebeten…“
“Planet Punk” von die Ärzte erschien 1995, daher waren sie zu spät dran! Pech gehabt, das
Albumcover ist edel!
Okay, noch die Story, wie das Ding in mein Plattenregal kam. Das hat mir meine Ehefrau mal
rausgesucht, als wir gemeinsam bei Valentin von Black Plastic in Dortmund wühlen waren.
Das ist schon ein paar Jährchen her. Wir hätten es bestimmt auch bei Sir Hannes von Idiots Records
gegenüber aufgabeln können, aber da sind wir an diesem Tag irgendwie nicht rein, weiß der Geier
warum. War wohl zu fucking heiß. Sie hat es rausgewühlt und war sofort Feuer und Flamme für das
Teil! Shit, ich hätte es zurückgelegt, aber hey, es wurde dann doch gekauft für nen Appel und nen Ei.
Der Schmodder lief einmal (!) auf meinem Turntable! Vielleicht lege ich es nochmal auf, wenn ich ein
dementer alter Sack bin. Also bald.
Mittlerweile haben wir uns nach 25 Jahren Ehe getrennt. Das ist jetzt zwei Jahre her. Das Album
halte ich somit in Ehren in meinem Plattenregal, denn es hat für mich eine Geschichte und findet
nicht den Weg inne Tonne. Vielleicht gebe ich NoNoYesNo irgendwann nochmal ne Chance. Mukke
ist wie ne Ehe, es gibt Auf und Ab’s. Gehabt Euch wohl da draußen.