Weiter geht’s im Programm. Die goldene Mitte der Wobbler-Trilogie hört auf den verheißungsvollen Namen “Afterglow”. Abend ist es, Vollmond auch. Wollen wir mal hören, ob Wobbler den Abend tatsächlich zum Leuchten bringen werden. Die Rahmenbedingungen könnten jedenfalls besser nicht sein. Pro forma und vorab zur Info: wie schon im Review zum Rerelease des Debüts “Hinterland” erwähnt, erschien auch die Neuauflage von “Afterglow” auf Karisma Records. Ursprünglich erschien das Zweitwerk der norwegischen Prog-Rocker 2009 auf Pancromatic.
Nun aber rein ins Vergnügen. Wie schon der Vorgänger, beginnt auch “Afterglow” mit einem Song, den man getrost als “Intro” bezeichnen kann, dauert er doch gerade einmal schlappe 55 Sekunden an. Ein Klacks im Wobbler-Universum, denn danach folgt mit “Imperial Winter White” ein 15-Minüter, der sich damit das Prädikat “Song” wohl auch redlich verdient hat. Doch nochmal kurz auf Reset. “The Haywain” startet mit Flöte als Soloinstrument recht mittelalterlich anmutend. Muss kurz an den Rattenfänger von Hameln denken. Nicht dass wir je einander vorgestellt wurden, oder ich bei seinem Treiben gar dabei war, aber so in etwa könnte seine verlockende Musik dereinst geklungen haben.
Der eigentliche Song auf Seite A dann – ja, damit ist die dann auch schon wieder gut gefüllt – hat dann von allem etwas zu bieten. Dunkel-bedrohliche Parts variieren mit fröhlichen Melodien. Instrumente und sonstige Klangerzeuger gibt’s haufenweise zu entdecken und sie alle zusammen erschaffen erneut ein Stück Musik, wie es so eigentlich eher aus der Klassik bekannt ist. Der Gesang erscheint in diesem Epos eher nur als Randerscheinung, ist aber immerhin vorhanden. Der Rest des Albums kommt nämlich ohne aus. Die Lyrics sind in ihrem Alleinstellungsmerkmal auch dankenswerterweise seitenfüllend auf dem Inlay abgedruckt.
Nun zu Seite B. Und ja, dieses Mal passt tatsächlich alles auf eine Langrille. Nicht nur deshalb kommt mir “Afterglow” etwas kurzweiliger und zugänglicher als sein Vorgänger vor. Ein weiteres “Intro” namens “Interlude” – denn come on, was sind schon schlappe 2 Minuten und 35 Sekunden?! – läuten mit intelligentem Akustikgitarrenarrangement das eigentliche Herzstück der Seite ein. Dieses hört auf den schönen Namen “In Taberna” und ist total wild. Funky Bassparts, verträumte Melodien, Hardrockanleihen, mystische Orgelparts, Streicherarrangements, undundund. Ist bisher mein persönliches Highlight aus der Ideenwerkstatt Wobbler. Nicht, dass ich mich ob der bis zum Platzen gefüllten Songs noch an alle en détail erinnern könnte, aber gefühlt ist der hier am unterhaltsamsten, am schmissigsten, einfach am schönsten.
Das abschließende “Armoury” ist dann nach 3 Minuten schon um, ehe es überhaupt richtig angefangen hat und schließt die Platte ab, so wie sie auch begonnen hat, nämlich mit ordentlichem Mittelaltertouch. Und somit liefern Wobbler erneut eine runde Sache ab. Dieses Mal vielleicht ein bisschen mehr Porcupine Tree, als Motorpsycho. Ist aber ob der musikalischen Vielfalt eher ein Gefühl und weniger ein Statement. Besser, oder doch auch ähnlich oberflächlich?: Wobbler befinden sich irgendwo zwischen Johann Sebastian Bach und Krautrock. Dort aber auf ihrem ganz eigenen Level.
Auch wieder schön, das Gatefold. Passendes Artwork. Mehr kann ich dazu beim besten Willen nicht sagen. Schönes Bildmaterial im Innenteil. Musikalische Frickler und Fricklerinnen bei der Arbeit und was man halt sonst so macht. Das Vinyl in Blau mit schwarzen Schlieren wirkt sehr erhaben und ist damit das passende Medium zur Musik von Wobbler. Im Inlay richtet dann noch ein gewisser Dr. Dietrich Knüther-Khabler eine Art Grußwort an uns. Öfter mal was Neues. So wie die Musik von Wobbler eben auch. Schaut doch mal bei Karisma Records danach.