Hinter den Namen Yusuf Sahilli steckt nicht nur selbiger: Yusuf Sahilli ist zwar Multiinstrumentalist, Songschreiber und Produzent , trotzdem hat er sich mit Damiam Giambazi an den Vier-und Sechssaitern und Martin Krümmling am Schlagzeug mit ebenso fähigen Musikern zusammengetan um auf dem Album “Fake” Musik zu machen. Und die fällt anders aus als man es von dem Berliner auf seinen vorherigen Platten gewohnt ist.
Beschwingter, größtenteils gut gelaunter Songwriter-Indiepop mit einer tollen Stimme, die einprägsam ist – so präsentierte sich die Band noch 2020 auf ihrem Vorgänger-Album “Let’s do that” und auch ihr Debüt “Atoms and the Void” war geprägt von einschmeichelnden Melodien, poppig und fast ein bisschen zu zahm. Diese vermeintliche Zahnlosigkeit haben sie auf ihrem neuen Werk komplett abgelegt und kommen mit neuem angespitztem Gebiss um die Ecke. Denn plötzlich spielen sie Indierock, der so klingt, als wäre den Herren die ein oder andere Maus über die Leber gelaufen. Und es ist nach eigenem Bekunden nicht die Corona-Laus, obwohl auch die Entstehung dieses Albums geprägt war von Kontaktbeschränkungen, von Lockdown, von Distanz.
Distanz nahmen Yusuf und seine Miststreiter aber auch bewusst von den gängigen Aufnahmestandards und verzichteten auf Klick und Metronom, denn das Perfekte, das Saubere, die Geradlinigkeit sollte in den Hintergrund treten und dafür die Härte und Direktheit, das Dreckige des Rock’n’Roll die Oberhand gewinnen.
Und das ist auch gut gelungen, denn “Fake” klingt roh und wütend; die Gitarre ist verzerrter, das Schlagzeug lauter, knalliger und straighter, die Melodien sind zwar immer noch eingängig, aber düsterer als bisher. Der Gesang ist wie gewohnt gut und melodiös, aber an manchen Stellen wird auch hier mehr gebellt.
https://youtu.be/AqnYNEfntDI
Ist das jetzt schon Punk? Vielleicht. Die Songtitel könnten auf jeden Fall gut auch von einer gesellschaftspolitischen Punkband stammen: “The end is calling”, “More fake everyday”, “Doomed kids”, “Political pissoir”, “I wanna be free”- viele der zehn Songs auf dem Album lassen vermuten, dass hier die Musik als Ventil für aufgestaute Angepisstheit dient. Leider liegen der Schallplatte kein Textblatt und/oder Linernotes bei, so dass mensch die Texte leider nicht nachlesen kann. Schade, denn die drei Musiker haben nicht nur bei der Musik interne Hierarchien ad acta gelegt, sondern wohl auch beim Texten alle zusammen gearbeitet. Ungewöhnliche Herangehensweise, die ich doch gerne Schwarz auf Weiß vor Augen hätte.
Musikalisch war die Entscheidung, alle Bandmitglieder im Songwriting einzubeziehen, auf jeden Fall eine gute Idee – die Band hört sich jetzt viel mehr als eine solche an. Der Sound erinnert an eine Mischung aus amerikanischen 80er-Punk und britischen 90/00er-Indierock, der mal mit Keyboardsound in die Wave-Richtung pendelt, aber auch mit Violinen Klassik-Crossover-Elemente einbaut. Uih, das sieht geschrieben fies aus, klingt auf Platte aber echt gut und gar nicht so experimentell wie es scheint. Keine Sorge, alles aus einem Guss!
Erschienen ist die Platte bereits im September 2021 auf Musszo Records und ein dickes Sorry dafür, dass ich sie erst jetzt bespreche. Irgendwie war sie aufgrund zahlreicher anderer Neuerscheinungen im Regal unangetastet blieben und nach hinten gerutscht. Im Nachhinein nicht verständlich, denn auch das Cover-Artwork ist mit dem Totenkopf-Gemälde des in Japan geborenen Streetarkünstlers Twoone in höchstem Maße gelungen und hätte meine Aufmerksamkeit auch schon früher verdient.
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